Der Heiratsspezialist
das militärische Sperrgebiet von Fallingbostel. Das ist große Scheiße wegen der vielen Versteckmöglichkeiten, aber andererseits auch ganz gut. Wir können dort drei Hubschrauber unter Dampf halten und sie sofort aufsteigen lassen. Die kämmen mit starken Scheinwerfern alles ab. Alle Straßen dieses Gebietes werden kontrolliert. Vor allem das Autobahndreieck Walsrode werden wir im Auge behalten! Das wird zwar einen riesigen Stau geben, aber diese Burschen kriegen wir! Die laufen in eine offene Falle!«
»Und Bob?« Juliane saß kerzengerade auf ihrem Stuhl. »An Bob denkt niemand? Er ist in höchster Gefahr.«
»In eine zu heiße Suppe bläst man hinein, ehe man sie ißt!« sagte der Hauptkommissar lehrerhaft. »Wir sind gerade dabei, sie abzukühlen. Überlassen Sie nur alles uns, liebe Frau Hatzle.«
Juliane nickte, aber sie behielt ein gesundes Mißtrauen.
Die Übergabe des Geldes bereitete keine Schwierigkeiten. Als Juliane den Intercity nach Hannover bestieg, war bereits der Großeinsatz der Polizei angelaufen. Einige Hundertschaften standen bereit, um gegebenenfalls ganze Gebiete abzusperren und durchzukämmen, im Sperrgebiet südöstlich von Fallingbostel warteten drei Hubschrauber, eine Hundestaffel versteckte sich bei Allerhop, weil Experten behaupteten, eine der besten Stellen für eine solche Wurfaktion sei die Brücke, auf der die Eisenbahn das Flüßchen Böhme überquert. An dieser Brücke wurde gearbeitet, der Zug mußte daher die Geschwindigkeit verringern, die Gegend war einsam genug … ein idealer Platz.
Mittlerweile war auch der Sekretär der amerikanischen Botschaft mit einem Handkoffer voller Geld eingetroffen. Der Spezialist vom FBI begleitete ihn. Man hatte ihn sofort nach seiner Landung in Köln nach Hamburg weitergeschickt.
Wie nicht anders zu erwarten, vertrat der FBI-Mann völlig konträre Ansichten. Wozu der Riesenaufwand, wenn man das alles mit drei Mann erledigen konnte?! Sobald die Lichtzeichen aufflammten, sollte man den Lokführer per Funk anweisen, die Geschwindigkeit zu drosseln. Dann würden drei Mann, die im nächsten Wagen bereitstanden, aus dem Zug springen und die Jagd aufnehmen.
Der Vorschlag wurde angehört und stillschweigend ad acta gelegt. Man war doch nicht Kojak oder Columbo! Typisch amerikanisch: vom Zug abspringen und dann los! Als ob jeder deutsche Kriminalbeamte ein Stuntman wäre! Der Kollege vom FBI würde heute deutsche Präzision kennenlernen. Die deutsche Polizei dreht schließlich keine Abenteuerfilme.
Um 22 Uhr passierte der Zug die Stadt Soltau. Juliane Hatzle stand auf der rechten Seite des Waggons am Fenster und starrte in die Nacht. In drei Abteilen saßen Kriminalbeamte mit Funkgeräten, zwei Hunden und starken Handscheinwerfern. Der Kontakt zu den Hubschraubern und zu den wartenden Hundertschaften war störungsfrei. Mißmutig hockte der FBI-Mann herum, rauchte, besuchte zweimal Juliane und sagte zu ihr:
»Well. Die wollen es nicht anders! Von dem Geld sehen die nichts wieder. Die behindern sich nur selbst.«
Die Brücke von Allerhop.
Nichts. Der Zug ratterte über den Fluß. Die Experten hatten sich getäuscht.
Dorfmark. Kein Lichtzeichen. Der Streckenabschnitt Fallingbostel – Walsrode. Nichts rührte sich draußen in der Nacht. Die Hannoverschen Berge. Die Ahrens-Heide. Juliane zuckte hoch. Hinter Beetenbrück, dort, wo kein Haus mehr steht, in Heide, Wald und Einsamkeit, da flammte dreimal kurz ein Scheinwerfer auf.
»Los!« schrie der Kripobeamte, der hinter Juliane stand. Er riß das Fenster herunter und warf die Tasche mit dem Geld hinaus. Gleichzeitig wurden vom Nebenabteil die Hubschrauber und die Einsatztruppen alarmiert: Landstraßen nach Hodenhagen und Autobahn-Dreieck Walsrode: Gruppe eins, Gruppe zwei: Sperre Hannoversche Berge.
»Jetzt haben wir ihn!« rief der Einsatzleiter. Er kam zu Juliane Hatzle, die bleich im Gang stand, am noch immer offenen Fenster. Der Fahrtwind zerzauste ihre Haare. Der Kommissar schloß das Fenster und klopfte ihr auf die Schulter. »Das haben Sie gut gemacht. Da gibt es kein Entkommen mehr. Wer jetzt mit dem Auto in dem Gebiet unterwegs ist, läuft in die Kontrolle.«
»Und wenn er ein Fahrrad hat?« fragte der FBI-Mann.
»Auch dann! Wir halten jeden Fußgänger an! Wer nachts in der Ahrens-Heide herumläuft, ist uns eine Erklärung schuldig.«
»Er könnte irgendwo im Wald bleiben und übernachten.«
»Ausgeschlossen. Unsere Hundestaffel ist bereits unterwegs!« Der Kommissar blickte den
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