Der Heiratsspezialist
…«
Natürlich war Müllegan ein echter Freund … welcher Mann konnte eine solche Frage verneinen?! Bob schrieb während des Frühstücks einen sehr lieben Brief, in dem er Juliane alles Gute wünschte und offiziell seinen Vertrag entschädigungslos kündigte. Die Geschäftsverbindung war beendet. Außerdem bat er darum, eine Erklärung nach Las Vegas zu schicken, aus der hervorging, daß sie mit der Scheidung einverstanden sei. Vielleicht konnte Richter de Trajano damit etwas anfangen. Zum Schluß aber schrieb Bob:
»Scheiden wir ohne Groll, Juliane. Du hast einen amerikanischen Namen, Du hast Deinen Paß, Du wirst Dein Millionenerbe antreten und ein schönes Leben führen können. Das war doch der Sinn unserer Verbindung. Nur ein Geschäft! Werde in Amerika glücklich. Und Danke! Bob Brook.«
Müllegan wartete mit der Übergabe des Briefes, bis Bob mit dem Taxi abgefahren war. Er kam sich vor wie in der Oper ›Der Rosenkavalier‹, bei Überreichung der silbernen Rose. Nur fehlte die herrliche Musik. Juliane hockte verstört im Hochzeitszimmer hinter dem Strauß roter Rosen. Sie wirkte zerbrechlich und hilflos wie ein Kind.
Eine Stunde später stieg sie in ihren kleinen Wagen und fuhr davon. Hans-Jakob Müllegan atmete auf, befeuchtete seine trockene Kehle wieder mit einem Diät-Eis und klebte dann Bobs Foto in das Prominentenalbum des Hotels ›Bellevue‹. Er war sich sicher, Bob Brook nie wiederzusehen.
Aber hier irrte Hans-Jakob Müllegan!
Niemand holte Bob in New York ab, was ihn sehr verwunderte. Er rief deshalb auch nicht bei Jenny an, der er von Frankfurt aus mitgeteilt hatte, daß er wieder in ihre Arme fliege. Jenny hatte daraufhin gefragt:
»Was macht deine Frau?«
»Wir sind nicht mehr zusammen.«
»Warum? Sie hat doch 200.000 Mark für dich bezahlt?!«
»Das haben wir mit meiner Provision verrechnet, Schatz.«
»Und was bleibt übrig?«
»Ein dicker Minusbetrag! Jenny, laß dir das erklären.«
»Und die Scheidung?«
»Wird auch geregelt.«
»Wie denn, wenn du weg bist?«
»Es war unmöglich, bei ihr zu bleiben. Juliane ist eine so starke Persönlichkeit …«
»Aha!« hatte Jenny darauf geantwortet. Dann brach die Verbindung mit Las Vegas ab. Siebenmal versuchte Bob, noch einmal durchzukommen, aber Jenny ging nicht mehr ans Telefon. Dafür las Bob im Jumbo nach New York in der Zeitung die groß aufgemachte Meldung, daß Luigi Galezzano den Hamburger Kidnappern 250.000 Dollar angeboten habe. Zwar sei das Angebot zu spät gekommen, doch – so schrieb man mit Häme – sei es bemerkenswert, welche enge Verbindungen Bob Brook zu den Kreisen um Galezzano habe.
»Auch das noch!« sagte Bob erschüttert. »Das hat mir noch gefehlt! Die Mafia als Retter! Onkel Steve, ich verfluche dich posthum. Dich und deinen Ice-Saloon!«
Irgendwie war es aber doch durchgesickert, daß Bob Brook, das gerettete Kidnapperkind, in die Heimat zurückkehrte. Zwar hatte die wütende Jenny allen verboten, darüber etwas verlauten zu lassen, mit der Begründung: »Wenn keiner weiß, daß er kommt, fällt auch nicht auf, daß ich ihn umgebracht habe!« Aber Sheriff Brass brachte es einfach nicht übers Herz, Bob so ahnungslos ins Verderben laufen zu lassen. Den gleichen Gedanken hatte Pfarrer McDolland, den schon die christliche Nächstenliebe verpflichtete, Bob in schwerer Stunde beizuspringen, und Richter de Trajano wiederum wollte keine Komplikationen in seinem Gerichtsbezirk haben, er hatte genug mit dem täglichen Kleinkram zu tun, vom Automatenknacker bis zum versuchten Totschlag. Eine Amok laufende Megäre vom Stile Jennys fehlte ihm gerade noch!
So erhielten drei Zeitungen in Las Vegas diskrete Hinweise, daß Bob Brook am Abend, von New York kommend, inkognito landen würde, ohne Rummel, weil er nervlich noch zu sehr mitgenommen sei, um große Worte zu machen. Das reichte völlig. Alle Medien in Las Vegas machten sich mobil. Vier Fernsehgesellschaften schickten ihre Kameramänner, die Zeitungen ihre Bildreporter, Sheriff Brass ließ Polizei aufmarschieren, als besuche der Präsident der USA das ›Golden Nugget‹, ein weißer, offener Cadillac stand bereit, um Bob im Triumphzug zurück zu seinem Ice-Saloon zu bringen. Nur eine Konfettiparade wie in New York war nicht möglich; sie scheiterte daran, daß die Hauptstraße nur aus Hotels und Spielcasinos bestand und zu breit zum Papierschnitzelwerfen war.
Bob Brook schämte sich, als er den Aufwand sah, der ihn auf dem Airport von Las Vegas empfing.
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