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Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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er in seine Hemdtasche. Er hatte auf die Reise eine leichte ärmellose Wolljacke mitgenommen, weil er gehört hatte, dass die Lufttemperatur in Raumhabitaten um Grade niedriger gehalten wurde, als er es von der Erde gewohnt war; diese Jacke zog er jetzt an, nicht so sehr, weil ihm kalt gewesen wäre, sondern um zu verhindern, dass die Tabletten aus der Tasche rutschen könnten, falls er sich vorbeugen musste.
    Er kannte keinen anderen Weg, um zur Speiche D zu gelangen, als bis zur Zentralnabe zu fahren, dort in die andere Speiche zu wechseln und den Aufzug zurück zu benutzen. Zwar hatte er das Gefühl, es müsse auf halbem Weg Querverbindungen geben, doch hatte ihm niemand gesagt, wie man diese benutzte.
    Um diese frühe Stunde war das Leben in Valparaiso Nuevo bereits in vollem Gang. Überall wuselten Menschen herum. Es ist wie in einem riesigen Flugterminal, dachte Carpenter, mit Tag- und Nachtbetrieb und mit vierundzwanzigstündiger Kunstbeleuchtung. Nur dass hier die Hauptlichtquelle eben nicht künstlich war. Diese Energie kam von der Sonne, die hier rund um die Uhr zur Verfügung stand.
    In dem Aufzug gab es gekennzeichnete Ausgänge. Als EL MIRADOR kam, stieg Carpenter aus und sah sich nach der zentralen Plaza um. Wegweiser halfen ihm. Wenige Minuten später langte er auf einem neckisch altmodisch gepflasterten Plätzchen an, das von offenen Straßencafés umgeben war. Das Ganze wirkte märchenhaft und unwirklich wie eine künstliche Welt. Aber genau das war es ja auch: eine unwirkliche Welt und in jedem Fall eine künstliche.
    Carpenter entdeckte Farkas sofort auf der anderen Seite, er ragte aus den Menschengruppen heraus wie ein Elefant in einer Schafherde. Er ging hinüber.
    Farkas war allein.
    »Ist Olmo noch nicht da?«, fragte Carpenter.
    »Wir werden unser Gespräch in der äußeren Satellitenhülle führen«, sagte Farkas. »Dort ist der einzig sichere Ort, um so etwas zu besprechen, völlig außerhalb der Abhörsysteme des Generalissimo.«
    Dies kam Carpenter denn doch sehr merkwürdig vor: eine Besprechung im Satellitenmantel. Er begann sich wieder ein wenig Sorgen zu machen. Vielleicht war es angebracht, seine Sinne noch ein bisschen mehr zu schärfen. Während Farkas ihn zu einem Durchgang in der Wand hinter dem Café führte, langte Carpenter unter seine Jacke, holte sich noch eine von den Hyperdex-Pillen und steckte sie sich in den Mund.
    Er zerbiss die Pille zwischen den Zähnen und zwang sich, sie zu schlucken. Er hatte nie zuvor Hyperdex auf diese Art genommen, ohne Wasser, und es schmeckte erstaunlich bitter. Und er hatte auch noch nie zuvor zwei von den Pillen kurz nacheinander geschluckt, und er merkte fast sofort, dass sich in ihm größere Helligkeit einstellte und er in einen fast manischen Zustand geriet. Er wäre am liebsten losgerannt, in die Luft gesprungen oder von einem Baumwipfel zum anderen. Es war ein wenig beunruhigend, dieses Gefühl, aus den Fugen zu geraten, doch außer dieser leichten Unsicherheit empfand er auch eine Sensation von stark gesteigertem Bewusstsein, erhöhten Reflexen, was für ihn etwas vollkommen Neues war. Was immer Farkas mit ihm da draußen in der Satellitenschale vorhaben mochte, er fühlte sich durchaus darauf vorbereitet.
    »Hier rein«, sagte Farkas.
    Er öffnete eine Tür in der Wandung und bedeutete Carpenter, er solle vorausgehen.
    Carpenter sah durch die Öffnung in die Dunkelheit.
    »Wenn ich da reingehe, weiß ich nicht, wogegen ich stoßen könnte«, sagte er. »Du bist doch der Mann mit der Supervision, Farkas. Warum gehst du nicht vor?«
    »Wenn du meinst. Dann komm mir nach.«
    Dann traten sie in die Wandung des Satelliten. Die helle fröhliche Plaza von El Mirador verschwand hinter ihnen. Jetzt befanden sie sich in dem düsteren Schutzpanzer dieses künstlichen Neuen Paradiestales, hinter der Szene, in der dunklen unbekannten Haut des Satelliten.
    Kurz nachdem sie eingetreten waren, bemerkte Carpenter, dass hier keine völlige Finsternis herrschte: Gleich links von ihm befand sich ein schmaler Laufsteg, spärlich erhellt von einer Reihe uralt aussehender Glühlampen in der niederen Decke, die ein unmöglich schütteres gelbliches Glimmerlicht ausstrahlten. Als sich sein durch das Hyperdex gesteigertes Sehvermögen an dieses Halbdunkel anpasste, sah Carpenter die Haufen von Gesteinstrümmern, die irgendwie wohl als Ballast für den Satelliten dienten, wie er vermutete, und Wägelchen, die wie Golf-Carts aussahen, wahrscheinlich

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