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Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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die Voraussetzung dabei war natürlich, dass jemand etwas getan hatte, das andere dazu veranlassen konnte, ihn nicht in Ruhe zu lassen. Und so kamen auch eine Menge Leute, die einen suchten, der nicht so gern gefunden werden wollte, nach Valparaiso. Von beiden Sorten gab es immer genug: Solche, die sich versteckten, solche, die sie suchten … Und El Supremo blickte auf sie alle mit seinem gütigen Auge. Und nicht nur El Supremo.
    Die Neuankömmlinge drunten bemühten sich, zackig zu marschieren, als wäre alles normal. Nur ist es ziemlich schwer, wenn man den ganzen Körper verkrampft, als hätte man Angst davor, bei jedem Aufsetzen der Füße einen Meter in die Luft abzuheben. Juanito fand es belustigend, wie die Typen da entlanghampelten, schlurfend wie überfressene Schlammkriecher.
    Schwerkraftprobleme kannte Juanito überhaupt nicht. Er hatte sein ganzes Leben hier draußen in den Habitaten, den Satellitenwelten, zugebracht, und er akzeptierte es als eine Selbstverständlichkeit, dass die Anziehung schwankte, je nachdem, wie weit man vom Zentrum entfernt war. Man nahm einfach automatisch die nötige Ausgleichsanpassung vor. Mehr war da nicht nötig.
    Juanito hatte Mühe, sich einen Ort vorzustellen, an dem die Schwerkraft immer und überall gleichbleibend war. Er hatte nie einen Fuß auf die Erde oder einen der anderen natürlichen Planeten gesetzt, hatte auch gar keine Lust dazu und rechnete auch nicht damit, es je zu tun. Die Niederlassungen auf dem Mars und auf Ganymed waren reine wissenschaftliche Anlagen, Luna war verdammt hässlich, und was die Erde anging, also da musste jemand schon verrückt sein, wenn er auf die Erde wollte, und sei es nur zu Besuch. Der bloße Gedanke an die Erde konnte einen schon kotzübel machen.
    Die Wache am Eingang zur Quarantänestation war ein Android mit einem platten Kunststoffgesicht. Der Name oder die Fabrikationsbezeichnung oder was immer es war, lautete Velcro Exxon, und Juanito hatte ihn schon früher an dieser Schleuse getroffen. Als er zu dem Androiden trat, streifte ihn dieser mit einem Blick und fragte: »So rasch wieder am Werk, Juanito?«
    »Ein Mensch muss essen, oder?«
    Der Android zuckte die Achseln. Höchstwahrscheinlich spielte das Essen bei ihm keine so vordringliche Rolle. »Hast du nicht damals diesen Plutonium-Dealer von Commonplace gehabt?«
    Lächelnd fragte Juanito zurück: »Was für einen Plutonium-Dealer?«
    »Geht klar«, sagte der Android. »Ich habe dich verstanden.«
    Er hielt ihm die wachshäutige Hand hin. In Valparaiso Nuevo mussten sogar die Maschinen geschmiert werden. Juanito legte ihm einen Plastikchip, fünfzig Callaghanos, auf die Hand. Die normale Gebühr für unerlaubtes Betreten des Zollbereichtanks betrug zwar nur fünfunddreißig Callies, aber Juanito war Anhänger der Wohlstandsverteilungstheorie, besonders wenn es sich um Staatsbedienstete handelte. Schließlich brauchten sie ihn ja nicht in den Sperrbereich zu lassen. Und an manchen Tagen warteten mehr Kuriere, als dann Dinko-Passagiere ankamen, und dann mussten die Wachen entscheiden, wer etwas zugeteilt bekam. Die Wachen überzubezahlen, das war einfach kluge Investitionsstrategie. »Herzlichen Dank«, sagte der Android. »Ganz herzlichen Dank!« Er tippte den Scanner auf Override. Juanito trat durch den Sicherheitsschirm in den Zolltank und sah sich dort nach seinem Objekt um.
     
    Die neuen Dinkos wurden nun in die Fumigationskammer getrieben. Sie waren darüber ärgerlich – das waren sie immer –, doch die Wachen drängten sie unerbittlich weiter zwischen den dichten rosa, grünen und gelben Explosionsstößen der in der Decke angebrachten Desinfektionsbrausen hindurch. Es durfte niemand den Quarantänebereich der Immigrationssektion verlassen, der nicht zuvor durch diese Kammer geschleust worden war. El Supremo litt an fast paranoischer Furcht vor einem Eindringen fremder Mikroorganismen in den geschlossenen ökologischen Kreislauf von Valparaiso Nuevo. El Supremo war in mancherlei Hinsicht paranoid. Es wird eben keiner einziger und absoluter Herrscher einer eigenen kleinen Welt in einem Satelliten – und bleibt es siebenunddreißig Jahre lang –, ohne eine beachtliche Beimischung von Wahnsinn in seinem Charakter zu haben.
    Juanito presste sich an die breite gekrümmte Glaswand und spähte angestrengt in die Dämpfe der Dekontaminationsduschen. Auch die anderen Kuriere kamen jetzt heran. Juanito sah zu, wie sie sich an die Arbeit machten, sich potentielle Kunden

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