Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)
kennst du Carpenter eigentlich wirklich?«
»Er ist eigentlich nur der Freund von Freunden.«
»Mehr nicht?«
»Nun…«
Farbe stieg ihr ins Gesicht. Farkas fühlte die Infrarotstrahlung.
»Ich rede jetzt nicht vom Bett. Wie lange kennst du ihn schon? Ein Jahr? Drei?«
»O nein, nicht so lange. Ich traf ihn vor ein paar Monaten bei einem Abendessen mit Nick Rhodes und Isabelle und Marty. Er war gerade von irgendwo im Norden nach San Francisco gekommen, und Nick bat mich als Partnerin für ihn dazu. Viel mehr war an diesem Abend eigentlich nicht los.«
»Verstehe«, sagte Farkas. »An diesem einen Abend.«
Er fühlte, wie ihm das Herz in die Hosen sank. Du hast zugelassen, dass dieses dumme Weib aus dir einen noch größeren Narren machen konnte, als dir klar geworden ist, dachte er düster.
»Aber ich denke ganz bestimmt nicht«, sagte Jolanda, »dass er irgendwie die geringste Gefahr für uns ist. Alles, was ich von ihm weiß, veranlasst mich, ihn für einen Mann von extremer Intelligenz und Fähigkeit …«
»Schon gut«, unterbrach sie Farkas. »Das reicht. Er kommt zurück.«
Sie hatten geplant, sich an dem Abend zu trennen und separat zu essen: Enron und Jolanda, Farkas mit Carpenter, Davidov mit seiner geheimnisvollen Bande aus Los Angeles. Als sie sich im Foyer trennten, zog Jolanda Carpenter beiseite und flüsterte ihm zu: »Hüte dich vor Farkas.«
»Was meinst du damit? Mich hüten, inwiefern?«
»Er traut dir nicht.«
»Er hat mich doch überhaupt erst in die Sache reingebracht.«
»Weiß ich. Aber jetzt hat er Bedenken. Vielleicht hat Marty was gegen dich zu ihm gesagt.«
»Marty? Aber der hat doch keinen Grund anzunehmen, dass ich irgendwie …«
»Aber du weißt doch, wie diese Israelis sind. Paranoia ist bei denen ein Nationalsport.«
»Was meinst du, was los ist?«, fragte Carpenter.
Sie schüttelte den Kopf. »Weiß ich nicht recht. Farkas hat mich vorhin einiges über dich gefragt. Ob ich glaube, dass es gefährlich ist, dass du bei der Gruppe bist. Und wie gut ich dich kenne. Er sagt, es sind bloß seine Nerven. Kann sein, aber ich an deiner Stelle wäre vorsichtig mit ihm.«
»Ja, das werde ich sein.«
»Lass ihn nicht aus den Augen. Er ist völlig skrupellos, und er ist enorm schnell und stark, und er kann in sämtliche Richtungen gleichzeitig sehen. Er kann gefährlich werden. Ich weiß, wozu er fähig ist«, sagte sie. »Ich war mal mit ihm im Bett, ein einziges Mal, und sowas habe ich noch nie von einem Mann erlebt. Sowas von heftig und stark.« Dann griff sie in ihre Tasche und holte drei kleine achteckige gelbe Tabletten heraus. »Da, nimm die und behalte sie bei dir. Und wenn du irgendwie in Schwierigkeiten kommst, können sie dir helfen.« Sie drückte Carpenter die Pillen in die Hand.
»Hyperdex?«, fragte er.
»Ja. Hast du das schon mal genommen?«
»Hin und wieder.«
»Dann weißt du ja Bescheid. Eine reicht unter normalen Umständen. Zwei für ganz außergewöhnliche.«
Carpenter sagte: »Bist du wirklich sicher, dass Farkas schlecht von mir denkt? Oder entwickelst jetzt auch du nervöse Zustände?«
»Vielleicht bin ich paranoid. Aber er hat noch vor 'ner Minute mich über dich ausgefragt. Ob ich dir traue und so. Es klang gar nicht gut, aber vielleicht steckt ja nichts dahinter. Aber pass auf dich auf, mehr will ich nicht.«
»Mach ich.«
»Und deine Nerven? Keine Probleme?«
»Nein«, sagte Carpenter. »Mir ist inzwischen alles scheißegal geworden. Ich glaube, bei mir hat das ganze Nervensystem vor einiger Zeit 'nen Kurzschluss erlebt.« Er sah sie grinsend an und verpasste ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Danke für die Kuller«, sagte er. »Und die Warnung.«
»Gern geschehen.«
Ein frühes Abendessen. Allein in seinem Hotel. Dann eine Session mit Videos, allein im Zimmer. Dann ins Bett. Morgen war der große Tag. Früh zu Bett und früh aus den Federn, macht 'nen Knaben zäh und ledern.
Ich weiß, wozu er fähig ist, hatte Jolanda gesagt. Ich war mal mit ihm im Bett, ein einziges Mal.
Nur einmal? Was für eine Überraschung. Das Mädchen kam ganz schön herum.
Na ja, dachte er. Morgen wird's sich zeigen.
Kapitel 27
In dieser Nacht träumte Carpenter, dass er auf dem Meer war und allein irgendeine Yacht von Kalifornien über den Pazifik nach Hawaii segelte. Aber es war zu einer besseren Zeit und in einer besseren Welt, denn der Himmel war rein und blau, und der Seewind strömte ihm frisch und sauber und mit dem
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