Der Held und die Feuergöttin
die Öffnung, »ich sehe die gegenüberliegende Stollenwand, schwach, aber ich sehe sie noch.« Warum?«
»Schon gut. Weiter.«
Mythor konnte sie nicht mehr erkennen. Als Honga hätte er es vielleicht können sollen. Wieder überlegte er kurz, ob er Oniak nun nicht doch die Wahrheit über sich sagen sollte, und wieder sah er davon ab. Es würde ihn nur noch mehr verwirren.
»Sie schleppten mich in den Berg, aber ich konnte Stücke aus meinem Kleid reißen, als ich wieder bei mir war. Du… hast sie gefunden?«
Mythor nickte.
»Ich war sicher, daß die Tukken es nicht merkten. Doch nun… bin ich’s nicht mehr. Sie stellten dir ja die Falle.«
»Sie brachten dich also zu - Ramoa?«
Oniak nickte wieder heftig. Irgend etwas daran störte Mythor, ohne daß er zu sagen wußte, was es war.
»Zur Göttin. Ich weiß nicht mehr, durch wie viele Gänge und Höhlen, aber ich finde den Weg wieder, ganz bestimmt. Ich wehrte mich nicht mehr. Sie schleppten mich in ein riesiges Gewölbe am Rand des großen Trichters, in dem die flüssige Glut aus der Erde steigt. Und dort war ein Tempel, und davor… die Feuergöttin.«
»Wie sieht sie aus? War sie allein, oder…?«
»Ganz allein, Honga. Sie befiehlt den Tukken, aber anscheinend duldet sie keinen von ihnen in ihrer Nähe. Die Tukken warfen mich ihr vor die Füße. Sie ist eine Tau, Honga, noch jung, aber eine Tau. Oh, ich sollte ihr geopfert werden, und da glaubte ich, die Götter hätten mich und dich dafür gestraft, daß du es verhindern wolltest.«
»Die Götter schickten mich zu den Tau«, sagte Mythor.
»Das weiß ich, aber…« Oniak richtete sich halb auf. Hilflos gestikulierte er mit den Händen. »Und sie wollte mein Opfer ja auch gar nicht. Sie befahl den Tukken, mich wieder mitzunehmen und dir aufzulauern. Sie schleppten mich wieder durch diese finsteren Gänge. Ich… ich verlor fast den Verstand, aber als ich dich dann sah, wie du über den Abgrund klettertest, versuchte ich, dich zu warnen.«
»Genau das müssen sie beabsichtigt haben«, murmelte Mythor.
»Oh, Honga, ich mache alles falsch. Hättest du mich doch nur in den Tod gehenlassen…«
»Ich will jetzt nichts mehr davon hören!« sagte Mythor etwas zu heftig. Oniaks Augen weiteten sich, als er ihn plötzlich grinsen sah. »Das einzig Gute an den Tukken ist, daß sie dumm sind. Sie hätten mich viel leichter umbringen können, als ich am Seil hing. Oniak, du glaubst also, daß du uns zu diesem Tempel führen kannst?«
»J… ja«, sagte der Schmächtige zögernd.
»Und was ist da noch? Hast du irgend etwas sehen können, vielleicht etwas von Ramoas Magie? Glaubst du, daß wir sie überraschen können?«
Oniak zögerte mit der Antwort. Für einen Moment schien es Mythor, als überlegte er sich die richtigen Worte.
»Du kannst es, Honga«, sagte er dann. Fast andächtig blickte er Mythor, dann wieder das Gläserne Schwert an. »Du hast so vieles getan, das nur einer tun kann, der von den Göttern geliebt wird. Du trägst ihre Kraft in dir, und mit ihr wirst du auch das Böse besiegen können, das von ihr Besitz ergriffen hat.«
»Dann ist sie wahrhaftig von den Dämonen besessen?«
»Sie ist es, Honga. Oh, sie ist schrecklich…«
Oniak schlug die Augen nieder. In Mythor arbeitete es. Erst jetzt kam ihm voll zu Bewußtsein, welche Zweifel er im stillen an den Aussagen der Tau gehegt hatte - und das nicht nur, weil sie ihm in einigen Punkten die Wahrheit verschwiegen hatten. Ramoa, so sagten sie, war zur Göttin gemacht worden, um die Kräfte des Vulkans gegen die Angreifer aus der Schattenzone zu schleudern. Statt dessen aber tat sie das Gegenteil und drohte, die Insel Tau-Tau in einem Glut- und Ascheregen vergehen zu lassen. Mythor hatte aber auch erlebt, wie planlos sie dabei vorging - zu planlos für eine von Dämonen Besessene.
Es gab so vieles, das er nicht begriff.
Doch warum sollte nun auch Oniak ihm etwas vormachen? Die Angst stand ja noch in seinen Augen geschrieben.
»Du mußt sie töten, Honga«, flüsterte er. »Du mußt es tun…«
Unwillig stand Mythor auf. Er gab sich einen Ruck.
»Und die Tukken, die bei ihr blieben? Du sprachst von mehreren, die dich verschleppten, doch nur von zweien, die dich hierher zurückbrachten.«
»Keiner blieb bei ihr. Ich sagte doch, sie duldet kein Wesen in ihrer Nähe und ist allein. Sie schickte sie fort. Ich weiß nicht, wohin.«
»Dann führe mich jetzt. Bring mich zu ihr.«
Wieder hatte er den Eindruck, Oniak käme etwas zu schnell
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