Der hellste Stern am Himmel
hofft, Lydia zu sehen – und dann entdeckt er sie, wie sie mit ihren Fingern verächtlich ein paar Würstchen im Schlafrock herumschiebt. Sie hat wohl seinen Blick gespürt, denn sie sieht abrupt auf. Ihre Blicke begegnen sich. Andrej ist völlig verwirrt, Panik überfällt ihn, und er denkt, er bekommt einen Herzinfarkt.
In seinen Augen war der Wahnsinn mit Lydia der schlimmste Fehler seines Lebens, und er hat höllische Angst, dass Rosie das herausfinden könnte. Ohne hinzusehen nimmt er von Matt ein Bier entgegen – eins von den zwei erlaubten –, und seine Panik lässt nach. Und nachdem seine Angst gewichen ist, bleibt nichts anderes übrig. Lydia ihrerseits behandelt Andrej wie Luft.
Die beiden also auch nicht.
Jetzt stellt sich heraus, dass ein schwules Paar in Matts und Maeves Wohnung zieht. Sie sind auch da und lernen ihre neuen Nachbarn kennen. Ein nettes Paar, lächelnd, witzig plaudernd, in modischen Klamotten, aber sie nützen mir nichts, wenn ich Conall zum Vater machen möchte.
Und das bedeutet … im Haus gibt es keine Frau, die für Conall frei ist.
Aber was soll’s. Üben wir uns in Bescheidenheit. Katie und Fionn tun’s ja auch.
Also zurück in die oberste Etage, wo kein Zweifel besteht, dass die beiden sich sehr nah sind.
Aber irgendetwas stimmt nicht … Sie sind sich nah, aber sie sind nicht zusammen. Für kurze Zeit waren sie zusammen, aber dann hat Fionn mit einer Alina geschlafen, in der Nacht, als seine Pflegemutter starb. Katie stellte fest, dass es ihr gleichgültig war, und danach war der Wurm drin. Aber sie mögen sich trotzdem, was man ihnen zugutehalten muss. So oft hört man Geschichten – von einem teuren Anzug, an dem jemand die Beine abschneidet, von Krabben, die in der Vorhangstange versteckt werden –, dass es erfreulich ist, wenn Menschen sich freundschaftlich trennen.
Fionn war fassungslos, als seine Pflegemutter starb. Wäre auch schlimm, wenn es anders gewesen wäre. Jetzt hat er haufenweise Schuldgefühle, weil er nicht an ihrem Sterbebett war, und Katie tröstet ihn.
Und das heißt – jetzt lichtet sich die Sache –, dass Katie frei ist. Frei für Conall! Katie steht auf, denn Fionn fährt fort. Er wohnt nicht in der Wohnung. Eine Zeit lang hat er bei Katie gewohnt, das war, während er eine Fernsehserie gedreht hat, aber die wurde nicht ausgestrahlt, und jetzt wohnt er wieder zu Hause, irgendwo auf dem Land, in einem Ort namens Pokey. Er ist nur für einen Tag nach Dublin gekommen, um ein paar Sachen, die seiner Pflegemutter gehörten, zu holen.
»Willst du nicht mit mir zu der Party gehen?«, fragt Katie auf dem Weg zur Tür.
Fionn schüttelt den Kopf. »Maeve mag mich nicht.«
Katie geht weiter, will aber verständnisvoll sein: »Sei nicht kindisch.«
Fionn bleibt stehen und starrt in die Ferne. »Außerdem mag ich keine Partys.«
Da muss Katie laut lachen.
»Na ja«, sagt Fionn. »Eine Zeit lang hat es mir gefallen. Aber das ist eigentlich nicht meins. Von Natur aus bin ich ein Einzelgänger.«
»Ich weiß.« Katie klopft ihm auf den Rücken, wie man das bei einem kleinen Kind tun würde. »Komm, gehen wir.«
Katie schließt ab, sie gehen zusammen nach unten. Im Stockwerk darunter horcht der Hund in seinem Korb auf, rennt in den Flur, fängt an zu bellen und wirft sich mit Wucht gegen die Wohnungstür. »Lasst mich an ihn
ran«, bellt er. »Lasst mich an den Mistkerl mit den gelben Haaren. Ich beiß ihm das Bein ab.«
Fionn tritt mit Macht gegen die Tür, dass sie wackelt. »Hau ab, du psychopathischer Köter«, brüllt er. »Man sollte dich in eine Zwangsjacke stecken.«
Keine Freundschaft zwischen den beiden.
»Er ist nicht richtig im Kopf«, sagt Fionn zu Katie.
»Das sagst du jedes Mal, aber die Tür gehört jetzt Andrej und Rosie, du solltest nicht dagegentreten.«
»Ist doch kaum zu glauben, dass Jemima dem Hund ihre Wohnung vererbt hat. Testamentarisch.«
»Sie hatte bestimmt ihre Gründe. Was würdest du mit der Wohnung machen? Du lebst nicht gern in Dublin.«
Katie hat es eilig. Katie möchte, dass sie weitergehen, denn sie will zu der Party kommen, bevor –
Conall bricht auf! Von Matt und Maeve hat er sich schon verabschiedet, er verlässt ihre Wohnung und tritt in den Hausflur, und Fionn und Katie stehen immer noch vor Andrejs und Rosies Wohnung und unterhalten sich über Jemima und ihr Testament, als hätten sie alle Zeit der Welt. Als hätte ich alle Zeit der Welt. Aber die habe ich nicht.
»Ich will ja nur sagen, es war
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