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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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hieß Carl, und von da an betrachten sie alle Männer, die Carl heißen, mit Misstrauen. Aber spontane Sympathie oder Antipathie sind
auch das Ergebnis von harmonischen (oder disharmonischen) Herzwellen, und die Herzen von Matt und Maeve Schlugen Wie Eins.

    Und das ist der Augenblick, als Matt sich in Maeve verliebte …
    Der Moment hatte sich ehrlich gesagt schon eine ganze Weile angekündigt und kam dann endlich an einem klirrend kalten Morgen im März, vor ungefähr vier Jahren und drei Monaten, als Maeve sechsundzwanzig war und Matt achtundzwanzig. Sie fuhren mit der Dart, der Vorortbahn, aber nicht allein, denn sie waren zusammen mit drei anderen, zwei jungen Frauen und einem jungen Mann, auf dem Weg zu einem eintägigen Fortbildungsseminar. Sie alle arbeiteten für Goliath, eine internationale Software-Firma, in der Matt Leiter eines der Verkaufsteams war. Matt war Maeves Chef (und auch der Chef der anderen drei), obwohl er nie den Chef herauskehrte; sein Stil bestand eher darin, zu ermutigen und zu loben, und so erreichte er die besten Ergebnisse, denn alle – Männer wie Frauen – waren ein bisschen in ihn verliebt.
    Normalerweise wäre Matt gar nicht dabei gewesen, weil er einen Firmenwagen hatte, mit dem er meistens zu seinen Terminen fuhr (oft nahm er andere mit, die nicht diese Vergünstigung hatten), aber an jenem Tag war sein Auto nicht angesprungen, weswegen er sich warm angezogen hatte und wie alle anderen mit der Dart gefahren war. In den schwierigen Zeiten nach jenem Tag fragte er sich oft, ob es, wenn sein Auto nicht den Geist aufgegeben hätte, dazu gekommen wäre, nämlich ob er sich
dann auch in Maeve, die er bis dahin nur einfach mochte, verliebt hätte. Und natürlich war die Antwort Ja. Er und Maeve waren füreinander bestimmt, irgendetwas wäre auf jeden Fall geschehen.
    Matt war ein Stadtkind, in Dublin geboren und aufgewachsen. Eine Kuh hatte er nie aus einer Entfernung von weniger als hundert Metern gesehen. Maeve hingegen hatte die ersten achtzehn Jahre ihres Lebens auf einem Bauernhof in Galway zugebracht, so dass ihre Kollegen ihr den Spitznamen »Bauernmädel« verpassten. Erst vor kurzem war sie zu Hause gewesen und hatte beim Kalben geholfen und erzählte jetzt in aller Ausführlichkeit die Geschichte von dem Kalb Bessie, das erst verfrüht zur Welt kam und dann von seiner Mutter abgelehnt wurde. Obwohl Matt sich für das Leben auf dem Bauernhof nicht im Allermindesten interessierte, schlug ihn die Geschichte von Bessies Überlebenskampf doch in ihren Bann. Als Maeve ans Ende kam und allen versicherte, dass Bessie jetzt prächtig gedieh, war er überrascht, welch große Erleichterung er empfand.
    »Man darf also keine zu enge Bindung zu den Tieren entwickeln?«, fragte er.
    »Genau.« Maeve seufzte. »Einmal hatte ich ein zahmes Schwein. Arme Winifred. Sie haben sie geholt und Koteletts draus gemacht. Das passiert mir nicht wieder. Jetzt habe ich einen Erpel, da kann man sicher sein, dass er eines natürlichen Todes stirbt.«
    »Einen Erpel?«, fragte Matt.
    »Eine männliche Ente.«
    »Das weiß ich doch.« Wenigstens wusste er es jetzt, nachdem sie es gesagt hatte.

    Sie lachte angesichts seiner Großspurigkeit. »Ah! Du bluffst nur.«
    Die drei anderen hielten einen Moment lang die Luft an. So umgänglich Matt auch war, er war trotzdem ihr Chef, konnte man da so etwas einfach sagen? Aber Maeves Lachen war voller Wärme, und Matt schien nicht beleidigt. Er und Maeve lachten und strahlten sich an. Eigentlich lachten und strahlten sie sich die ganze Zeit an …
    »Hier, ich habe ein Foto von ihm dabei«, sagte Maeve. »Roger. Ist er nicht schön?«
    »Ein Foto von einer Ente?« Matt wusste nicht, was er davon halten sollte; er fand es sehr komisch – merkwürdig komisch, aber auch lustig komisch. »Das wird ja immer lustiger. Und er heißt Roger? Warum denn bloß Roger?«
    »Er sieht wie ein Roger aus. Nein, wirklich. Ich zeig ihn dir.« Maeve nahm ihre Brieftasche aus der Umhängetasche und suchte nach dem Foto. Doch dabei öffnete sie versehentlich ihr Portemonnaie, worauf sich mit lautem Geklimper ein Schwall von Münzen auf den Boden der Bahn ergoss und die Geldstücke durch den ganzen Wagen rollten.
    Die anderen Passagiere taten so, als wäre nichts passiert. Wer eine Münze auf den Fuß bekam, schob sie weg oder warf einen kurzen Blick drauf, um sich zu versichern, dass es keine Maus war, die seine Schuhspitze anknabberte, dann wandte er sich wieder seiner SMS, seiner

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