Der Henker von Lemgo
der Teufel durch deinen Mund sprechen, um uns
zu täuschen. Es will wohlüberlegt sein, welche Maßnahmen wir anwenden werden,
um deine Seele zu retten.«
Maria begriff, dass
der Richter vorhatte, sie mit einem Exempel abzuschrecken. Indem er die
Blattgerste, die bereits gestanden hatte, vor ihr folterte, wollte er sie
einschüchtern, um sie sich gefügig zu machen.
Die Blattgerste
setzte gerade an, sich zu verteidigen, da stieß sie der Knecht breit feixend
auf die Knie. Auch der Getretene trat gern einmal nach unten. Mit spitzen
Fingern hob Krieger ihr Kinn an und suchte nach Angst in ihren Augen, die ihm
die Befragung erleichtern würde.
Die Schultern der
Blattgerste begannen zu zucken. Rhythmisch bewegte sich die magere Wirbelsäule
unter dem Leinenhemd auf und ab. Einem gescholtenen Kind gleich blickte sie in
Kriegers Gesicht und murmelte: »Verzeiht meiner verirrten Seele, Herr!«
Tage ohne
Sonnenlicht im Hexenturm und die bereits überstandene Folter hatten ihre Sinne
verwirrt. Lieber hätte Maria sie jetzt tobend und scheltend gesehen, doch der
Anblick, den sie jetzt bot, einem gefangenen Tier gleich, das sich aufgegeben
hatte, rührte ihr Herz. Hasserfüllt blickte sie auf den Richter an ihrer Seite,
der entspannt zurückgelehnt die Szene mit übereinandergeschlagenen Beinen
verfolgte. Sie vergaß ihre eigene Furcht und entschloss sich, für die
Blattgerste um Gnade zu bitten.
»Ich flehe Euch an,
hoher Herr, erspart der Hexe die Tortur! Sie hat doch bereits gestanden.«
Cothmanns Lippen
verzogen sich zu einem triumphierenden Grinsen. Hatte er sie schon so weit,
dass sie auf seine Forderungen einging? Langsam, als hätte er alle Zeit dieser
Welt, hob er den Kopf und blickte ihr erstaunt in das bleiche Gesicht. Es
dauerte lange, bis er sich zu einer Antwort entschloss. Lüstern leckte er sich
über die Lippen, zynische Überlegenheit und brutale Geilheit funkelten in den
kalten Augen. Maria wurde klar, dass dieser Mann nur seinen Spaß wollte. Von
ihm war kein Erbarmen zu erwarten, lediglich ein gleichermaßen verwerfliches
Geschäft. Entrüstet und angeekelt wandte sie das Gesicht von ihm ab.
»Wir sollten es
schnell hinter uns bringen, Barthold«, sagte er, indem er jede Bewegung Marias
mit scharfem Auge verfolgte.
»Ihr sprecht mir aus
der Seele«, erwiderte Krieger. »Seid Ihr bereit, Meister David?«
David nickte stumm
und trat hinter die Hexe. Schweigend erwartete er den Befehl. Drohend und mit
unbeweglicher Miene stand er hinter dem gebrechlichen Weib, bereit, auch den
letzten Rest von ihr zu vernichten.
»Maria Blattgerste,
ich frage ein letztes Mal, bekennt Ihr vor Gott, unserem Herrn, gemeinsam mit
der Rampendahlschen Euren Ehemann und Euren Bruder Johann mit Gift getötet zu
haben? Ist es wahr, dass die Rampendahlsche eine famose Zauberin ist, die Euch
in die Zunft gebracht und Euch das Zaubern gelehrt hat? Zugleich weise ich Euch
darauf hin, dass Ihr den Umständen nach schuldig seid und Euch keineswegs
reinwaschen könnt. Gesteht darum lieber die Wahrheit, als dass Ihr Euch selbst
Eure Strafe durch eine peinliche Befragung verdoppelt.«
Vor Angst gebannt,
hingen Marias Augen an dem Wesen, das irgendwann einmal ein Mensch gewesen war.
Die Gefangene hielt noch immer schweigend den Kopf gesenkt, schien zu
überlegen, falls ihr Geist dazu noch fähig war. Cothmann dauerte die Antwort zu
lange, und er gab David das Zeichen zum Beginn der Folter: »Zeigt Ihr den
Knebel, Meister David, und erklärt ihn uns.« Wieder suchte sein Blick Marias
Gesicht. Kalt lächelnd vergewisserte er sich, dass sie auch zusah.
Der Knecht mit dem
Pferdegesicht trat aus der Ecke, wo er für die Prozedur Schwefel über dem
Schmiedefeuer erhitzt hatte. Mit seinen großen schwieligen Händen packte er die
zappelnde Gefangene und warf sie auf die Streckbank. An deren oberem Ende
presste er ihre Handgelenke jeweils links und rechts in eine eiserne Fessel
über einem Rundholz. Während er zum unteren Ende hinkte, wo er ihr, nachdem er
ihr das Hemd vom Leibe gerissen hatte, die Füße mit einem Seil über einer Winde
verknotete, redete Meister David der Blattgerste scharf zu. Seine Stimme klang
fremd und hohl. Krieger hatte derweil ein Pergament entrollt und verlas die
Anklagepunkte.
Die Blattgerste
schwieg noch immer, doch ihr Blick richtete sich jetzt auf Maria. Vor Qual
rollten ihr die Augäpfel weit aus den Höhlen, und ihre Lippen zitterten heftig.
Meister David hielt
ihr das Ohr an die Lippen, um ihre Worte
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