Der Henker von Lemgo
besser zu verstehen. Enttäuscht
blickte er zum Richter und zuckte mit den breiten Schultern. »Sie ist verstockt
und hält Zwiesprache mit dem Teufel«, knurrte er. Abermals beugte er sich zu
ihr hinab und erklärte ihr: »Wir kommen jetzt zur ersten Phase der Tortur. Mein
Knecht wird dir jetzt einen Strick um den Hals legen und die Maulsperre
anpassen, um den Teufel aus dir herauszulocken, damit er seine Missetaten
bekenne. Dazu wird dir dieser hölzerne Knebel in den Mund geschoben und mittels
einer Zwinge so weit gedreht, bis dir die Mundwinkel reißen. Solltest du
weiterhin hartnäckig leugnen, werde ich dir den Trichter tief in den Hals
drücken und Wasser einfüllen, bis du blau wirst wie ein Affe und bekennst!«
Dröhnend hallten seine Worte von den Felswänden wieder.
»Nein, Meister
David, kein Wasser! Gießt ihr diesmal Pferdepisse in den Rachen.« Cothmann
feixte hämisch. »Die ist angebrachter für diese Hure!«
An seinen glänzenden
Augen sah Maria, wie sehr er sich an dem gemarterten Körper weidete. Er hatte
sich weit über den Tisch gebeugt, um mit einer Mischung aus Ekel und
Lüsternheit der Prozedur beizuwohnen. Amüsiert, als wäre er auf einem Turnier,
betrachtete er gierig die wie leere Haferbeutel herabhängenden Brüste, die aus
dem Becken ragenden Knochen und die vor Angst verzerrten bleichen Züge.
Als der Knecht den
Hals der Blattgerste mit dem Seil stranguliert hatte, dass sie gerade noch so
viel Luft bekam, um dem Richter die Antwort zu geben, die er hören wollte,
sagte David: »Fertig, die Hexe kann sich nicht mehr rühren. Sie ist bereit zur
peinlichen Befragung.«
Die Knechte traten
zurück und überließen nun dem Meister das Handwerk. Schnell griff Cothmann nach
Marias Hand und belauerte sie mit geneigtem Kopf. »Was haltet Ihr von
Pferdepisse? Ich habe mir sagen lassen, dass sie Eurer Freundin die
Verstocktheit herausbeizen wird. Die so verhörten Hexen sollen nach der
Prozedur den halben Magen ausgekotzt haben.«
Prompt übergab sich
auch Maria auf den Boden.
»Hexe«, zischte
Cothmann. Seine Strategie trug Früchte. Da er David das Zeichen zum Beginn gab,
kreischte die Gefangene, als würde sie gerade aus einem bösen Traum erwachen:
»Ich habe Euch doch alles freiwillig gesagt, was ich weiß, Ihr Herren! Bitte,
bindet mich los! Ich will gern sterben und gern Ja sagen, wenn die Herren es
auf Ihr Gewissen nehmen!« Irre blickte sie wieder zu Maria und schrie: »Da
steht sie doch, die Hexe …! Sie, diese Teufelshure, ist an allem schuld!«
»Versündige dich
nicht«, fiel ihr Maria flehentlich ins Wort. Sie zitterte am ganzen Körper.
Angesichts der qualvollen Tortur schien ihr in diesem Augenblick selbst der
Beischlaf mit dem verhassten Richter weniger grauenvoll. »Die Herren legen dir
die falschen Worte in den Mund! Maria, so besinne dich doch! Du hast meinen
Bruder geliebt. Wir haben dir nie etwas Böses gewollt. Du weißt, wie Caspar
gestorben ist, und Gott weiß es auch. Versündige dich nicht vor ihm! Und dein
Ehemann war krank, Maria, niemand hat ihn vergiftet! Du bist ebenso wenig eine
Hexe wie ich!«
Die eindringlichen
Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Sie brachten die Blattgerste
durcheinander, verwirrten sie. Es dauerte endlose Minuten, bis sie erneut die
Augäpfel verdrehte und röchelnd widerrief: »O Jesus, ich habe es nicht
getan, ich habe es nicht getan. Wenn ich es getan hätte, wollte ich gern
bekennen! Herr Richter, lasst mich nur unschuldig richten!«
In diesem Moment
rammte ihr David den Trichter tief in den Mund. Der magere Körper bäumte sich
in wilden Zuckungen auf, der Teufel fuhr in sie und verlieh ihr ungeahnte
Kräfte. Die Stricke drohten zu zerreißen. Fast gleichzeitig stürzten sich die
Knechte auf sie, während David aus einem Holzzuber einen kräftigen Schwall der
stinkenden gelben Brühe hinterherkippte.
Der spitze
Adamsapfel der Blattgerste bewegte sich zweimal, dann gurgelte sie laut und
kotzte die Brühe in einer Fontäne wieder heraus. Sie verdrehte die Augen so,
dass das Weiße in den Höhlen gespenstisch leuchtete.
Sofort hielt David
inne und goss ihr aus dem Eimer, der neben ihm stand, Wasser über das Gesicht,
um sie ins Leben zurückzuholen. Als sie ihn, wieder bei Sinnen, verwirrt ansah,
ergriff er das Rad an der Streckbank und begann, den Blick seelenlos auf sein
Opfer gerichtet, langsam das Holz zu drehen, das ein knarrendes Geräusch von
sich gab.
Den
markerschütternden Schrei der Blattgerste, als David ihre
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