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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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schweren Kaltblut zu, dessen mächtiger
Kopf in einem Hafersack steckte. Bedächtig bewegte sich der kräftige Kiefer hin
und her.
    »Ho!«, feuerte David
rasch den Friesen an und gab ihm erneut die Sporen, denn Maria hatte bei dem
Anblick der Schwester begonnen nervös umherzuzappeln und drohte nun vom Pferd
zu rutschen. »Zügel deine Ungeduld, mein schönes Kind«, brummte er und hielt
sie mit eisernem Griff am Sattel fest, während er das Pferd auf das Fuhrwerk
zulenkte.
    Als die Knechte den
Scharfrichter wahrnahmen, unterbrachen sie ihre Arbeit und zollten ihm
respektvoll ihre Ehrerbietung. Meister David war nicht nur der Henker von
Lemgo, er war auch ein angesehener Bürger, Gevatter und guter Nachbar. So
mancher blickte mit Neid auf seine Dienstwohnung am Ostertore, seine Stuben mit
bunten Glasfenstern, aufwendigen Holzvertäfelungen und Kachelöfen. Obwohl er
noch jung an Jahren war, hatte er es bereits zu beachtlichem Wohlstand
gebracht. Zusätzlich gehörten ihm ein Stadtturm, ein Brunnen und eine Scheune.
Er besaß Ländereien außerhalb der Stadtmauern und war obendrein selbst
imstande, Geld zu verleihen, wofür die Stadt Lemgo ihm im Gegenzug
Steuerfreiheit für all seine Besitztümer gewährte.
    Margaretha flüchtete
beim Auftauchen des Scharfrichters ängstlich unter die steinernen Rundbögen vor
dem Rathauseingang. Sie wollte im Verborgenen hinter einem Pfeiler darauf
warten, dass der gefürchtete Mann weiterzog. Doch Maria war der Schwester mit
den Augen gefolgt und rief nun laut ihren Namen. Vor Freude, Margaretha
wiederzusehen, löste sie sich aus Davids Armen und sprang geschwind vom Pferd.
    »Margaretha, meine
Schwester, meine Freundin!«, rief sie und rannte überglücklich der überraschten
Schwester entgegen. Wenige Sekunden später hing sie an ihrem Hals. »Dass du auf
mich gewartet hast, das werde ich dir nie vergessen. Ich bin ja so froh!« Vor
Freude und Erleichterung brachen sich die vergangenen Strapazen und Ängste in
Tränen ihren Lauf.
    »Ach, Margaretha,
wenn du wüsstest, was ich alles erlebt habe. Der Herr hat es zugelassen, dass
unser Schulmeister furchtbare Schmerzen erleiden musste. Oh, Margaretha, ich
konnte ihm nicht helfen. Seine Seele, Gott hab sie selig, ist jetzt bei unserem
Herrgott im Himmel.« Froh, die Schwester unbeschadet wiederzusehen, tätschelte
sie ihr immer wieder Wangen und Hände. Sie musste ihr so viel erzählen.
    Margaretha erholte
sich schnell von ihrer Verblüffung. Ihre Freude hielt sich augenscheinlich in
Grenzen. Mit einem abfälligen Blick auf den Henker fauchte sie vorwurfsvoll:
»Ich denke, Meister David hätte solche Qualen verhindern können. Kommst ja
schon mit dem Teufel gemeinsam auf einem Pferd geritten! Und dafür lässt du
mich hier allein zurück. Ich hatte furchtbare Angst. Oh, wie grausam du
manchmal bist, Schwester, und wie schrecklich du aussiehst. Was ist dir nur
widerfahren? Die Mutter wird schimpfen, wenn sie deine zerrissenen Kleider
sieht.«
    Enttäuscht über
Margarethas Abwehr, wich Maria ein paar Schritte zurück und öffnete den Mund,
um sich zu verteidigen, als der Scharfrichter mit dem Pferd am Zügel
unschlüssig näher trat. Obwohl das Haus Rampendahl nur noch eine Wegbiegung
weit entfernt lag, fühlte sich David dennoch für die Mädchen verantwortlich.
Dessen ungeachtet hatte er nicht vor, den restlichen Tag mit ihnen zu vertrödeln.
»Nun, was ist, ihr holden Mädchen?«, mahnte er ungeduldig. »Soll ich euch nach
Hause bringen, oder findet ihr den Weg allein?«
    Maria überlegte
nicht lang. Entschlossen nahm sie die Schwester an die Hand und trat unter dem
Torbogen hervor. Margaretha folgte ihr nur widerwillig. Davids Arbeitskleidung,
das rechte Bein gelb und das linke grün, seine muskelbepackten Schultern und
das wild herabhängende Haar ängstigten sie. Selbst als er ihnen den Rücken
zukehrte und das durch den Ritt verrutschte Richtschwert mit einigen geübten
Handgriffen wieder zurechtschob, versuchte sie, die ältere Schwester besorgt
zur Umkehr zu bewegen.
    »Wenn uns der
Scharfrichter zum Vater bringt, wird die Strafe noch härter ausfallen«,
wisperte sie scheu und ließ kein Auge von David, der sich anschickte
aufzusitzen. »Außerdem ist uns verboten, mit dem Henker zu reden. Lass uns
lieber schnell nach Hause gehen.«
    »Meister David hat
mich vor Maria Vieregge und ihrem Vater beschützt und behütet bis hierher
gebracht. Nicht vor ihm, sondern vor dem Knochenhauer und seinem Balg musst du
Angst haben. Sie

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