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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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Strumpfband die Schmähschrift fiel, Jungfer Maria«, sagte er mit
bedrohlich ruhiger Stimme. Er hatte sie in der Hand, wusste es und grinste
überlegen. »Dieses Strumpfband ist ab jetzt ein wichtiges Pfand für mich.
Richte dies auch deinem Herrn Vater aus. Ich verlange Folgendes: Zum einen
wirst du deinen Vater davon überzeugen, sein Anrecht auf einen Sitz im Rat
zurückzuziehen, zum anderen wirst du mir zu Willen sein, wann immer mir nach
dir gelüstet. Weigerst du dich«, er machte eine kleine Pause und genoss seine
Überlegenheit, »dann wirst du als Hexe brennen!«
    Er ging zum Vorhang
und spähte mit einem Auge durch den Schlitz. Die Tanzpaare hatten sich zu einem
Menuett aufgestellt. Berner avancierte vor seiner Frau und stolzierte wie ein
bunter, magerer Hahn um einen fetten Schwan.
    Offensichtlich hatte
sich der Tumult gelegt, und alles lief wieder in normalen Bahnen. Cothmann war
begierig zu erfahren, wie Kerckmann das Problem gelöst hatte, und trat hinter
dem Vorhang hervor. Während er sich nach dem Bürgermeister umschaute, winkte er
einen der Diener im Mohrenkostüm herbei und griff sich eine Karaffe Wein vom
Tablett. Der Mohr beugte den Kopf mit dem riesigen Turban vor ihm. Cothmann
schnipste mit dem Finger und gebot ihm, sich zu entfernen. Gleichfalls begab er
sich mit raschen Schritten zum linken Flügel, wo er den Bürgermeister und zwei
Kämmerer in aufwendigen Kostümen zwischen einer Gruppe Edelleute entdeckt
hatte. Er vermutete Händel als Grund der Zusammenkunft, denn die Gruppe schien
erregt in einen Disput verstrickt. Als er näher trat, hörte er eine Stimme, die
ihm bekannt vorkam.
    »Es wird Zeit, dass
Ihr die Führung erfahreneren und hochverständigen Leuten überlasst. Eure
Politik führt zu Verrat, oder weshalb tretet Ihr die abgepressten Gebühren von
den zum Schwert begnadigten Opfern an den Landesherrn ab? Wollt Ihr Euch die
Gelder sichern, oder erkauft Ihr Euch damit seine Unterstützung?«
    »Was soll das, meine
Herren?«
    Cothmann hatte sich
in die Gruppe gedrängt und schützend vor seinen Gönner gestellt, der sich, auf
seinen Stock stützend, die Vorwürfe mit gelassener Miene anhörte. »Ihr beleidigt
den Bürgermeister zu Lemgo und Assessor vom Hofgericht in Detmold, mein Herr.
Seid Ihr Euch des Bürgermeisteramts bereits so sicher, Herr Heinrich
Kleinsorge? Ihr seht, ich habe Euch selbst in Eurem verwegenen Kostüm erkannt.«
    »Es ist nicht
verwunderlich, dass Ihr, Günstling einer von hochstehenden Personen gedeckten
Hexenjägerclique, Euch vor Euren Herrn und Meister stellt. Habe ich recht,
meine Herren Kerckmann, Rullmann, Grothe und Kuckuck? Übrigens kommt Ihr ganz
nach der Natur Eures Vaters, Landrat, presst überhöhte Zinsen aus armen Leuten
und strebt nach dem Bürgermeisteramt.«
    Cothmann machte
ruhig einen Schritt auf den Kontrahenten zu. Seine Hand lag am Degen. »Wieso
sucht Ihr Händel, Heinrich Kleinsorge?« Er hatte vor, sachlich zu bleiben, doch
an seinen zusammengepressten Lippen und dem gefährlich leisen Ton war unschwer
zu erkennen, dass er jeden Augenblick bereit war, für seinen Gönner die Klinge
zu kreuzen.
    »Was regt Ihr Euch
überhaupt so auf? Hat nicht Euer Bruder Diedrich erst kürzlich sein Amt als
Stadtsyndikus niedergelegt, nachdem Ratsherr Dierking über Euren Bruder gesagt
hat, er sei ein Kerl, der da wert wäre, dass man ihm zur Abkehrung des vielen
Unheils den Kopf vor die Füße lege? Ich kann von Kerckmann nichts Derartiges
behaupten und denke, über den fähigeren der beiden Anwärter auf das Amt des
Bürgermeisters wird die nächste Ratswandlung entscheiden.«
    In diesem Moment
spürte er einen schmerzhaften Schlag im Gesicht. Abwehrbereit riss er den Arm
in die Höhe und blickte erstaunt auf den weißen Spitzenkragen, der sich rasch
mit Blut vollsog. Die Zornesader auf seiner Stirn schwoll an. Mit einem Ruck
riss er sich die Maske vom Gesicht und schleuderte sie samt dem Handschuh
Kleinsorge vor die Füße. Hasserfüllt maß er sein Gegenüber. Kleinsorge hielt
noch das Glas in der Hand, mit dem er ihm ins Gesicht geschlagen hatte, sein
Bruder stand kampfbereit neben ihm.
    »Das wird Euch eine
Revanche kosten, Heinrich Kleinsorge. Ich schicke Euch meine Sekundanten
Johannes Berner und den Vogt de Baer. Sie werden Euch einen Zeitpunkt für ein
Duell im Morgengrauen vorschlagen. Und jetzt verlasst auf der Stelle mein
Haus!«
    Heinrich Kleinsorge
tauschte einen Blick mit seinem Bruder, dann sah er die Umstehenden an. Aller
Augen

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