Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
Mission erfüllt«, erklärte der Junge finster. Hach, dieser Held! Mission erfüllt!
    Shoky klopfte ihm auf die Schulter und schaute nach oben. Der Kampf am Turm war bereits entschieden. Die Flügelträger hatten die Plattform erobert und stemmten gerade die geschlossene Luke auf. Ihre Schwerter funkelten böse.
    »Na, dann wollen wir mal Kleinholz aus dem Turm machen.« Shoky sah länger zu dem Turm hinüber und sagte unvermittelt: »Mein Br u der ist damals hierhergekommen, als er zum Freiflieger werden wol l te.«
    Ich nahm diese Worte hin, ohne mich darüber zu wundern. »Warten wir mit der Zerstörung noch, Shoky«, sagte ich. »Erst wollen wir uns das Fundament dieses Turms mal näher anschauen.«
    Wir stiegen die Wendeltreppe hinunter, Shoky, sein Junior und ich. In einigen Räumen waren noch Flügelträger. Sie wühlten in den Schrä n ken, schauten sich die fremden Waffen an und die Bücher, die mit seltsamen, schnörkeligen Zeichen geschrieben waren. Klar, so oft nehmen die Flügelträger keinen Turm ein! Trotzdem ärgerte mich dieser Beutezug.
    Die Treppe führte uns in den Keller. Der war leer und dunkel. Das Visier half mir in dieser absoluten Finsternis nichts. Schimpfend trieb Shoky eine Fackel der Freiflieger auf, deren purpurrotes Licht imme r hin besser war als nichts.
    »Was suchst du hier unten?«, fragte Shokys Junior plötzlich. Es war das erste Mal, dass er mich ansprach.
    »Hier muss irgendwo ein Sonnenstein sein«, antwortete ich hektisch.
    »Bei den Freifliegern?« Der Ton des Juniors sagte mehr als tausend Worte.
    Ich schaute mich noch einmal im Keller um, einem großen, runden Raum mit einem Steinfußboden.
    »Wenn es hier einen Sonnenstein gibt, dann haben die Freiflieger ihn eingemauert«, bemerkte Shoky skeptisch.
    Ich widersprach ihm nicht, sondern fing an, nach einer Luke zu s u chen. Irgendwann spürte ich einen kalten Luftzug an der Hand, der aus einer Ritze im Boden drang, die mit bloßem Auge nicht zu erke n nen war.
    Darunter gab es noch einen Raum, der etwas kleiner war und eine niedrige Decke hatte. In ihm standen Sessel, die zwar ganz gemütlich aussahen, aber aus steinhartem Holz waren. In der Mitte des Raums stand ein großes, niedriges Etwas, das mit einem Tuch aus schwarzem Stoff verhüllt war. Ich trat an das Ding heran und hob das Tuch vo r sichtig hoch.
    Das Tuch war ein Spiegel! Obwohl der Stoff weich und geschmeidig war, handelte es sich bei seiner Rückseite um einen richtigen Spiegel. Als ich das Tuch zur Hälfte weggezogen hatte, spürte ich eine Welle eisiger Kälte an meinen Beinen.
    Shoky schrie auf und schirmte das Gesicht mit der Hand ab, sein J u nior wich einen Schritt zurück. Den Spiegelstoff fest gepackt, bewegte ich mich im Rückwärtsgang zu den beiden hin.
    So legte ich einen schwarzen Felsblock frei, von dem kaltes schwa r zes Licht ausging.
    »Das … das ist kein Sonnenstein«, erklärte Shoky. »Was ist das, Danka?«
    Woher sollte ich das denn wissen? Ich schaute mich noch einmal um. Die Sessel standen im Kreis, der Felsblock lag in ihrer Mitte. Was hatten die Freiflieger in diesem Raum getan? Gebetet und dem schwarzen Stein einen heiligen Eid geleistet? Sich in den Eisstrahlen gewärmt? Sich von ihm »ernährt«, wie es der Sonnenkater ja auch mit Licht machte? Oder sich einfach entspannt? War das vielleicht ein Stein der Finsternis? Gab es so etwas überhaupt? Und wenn ja, was hatte es damit auf sich?
    Ich versuchte, die Kälte zu ignorieren, die mir bis auf die Knochen drang, und näherte mich dem Stein wieder. Ich hockte mich neben ihn. »Kannst du vielleicht sehen und denken?«, fragte ich leise. »Denn wenn ich es hier mit Zauberei zu tun habe, ist schließlich nichts u n möglich, oder?«
    Meine Hände und mein Gesicht wurden ganz taub, aber auch darum kümmerte ich mich nicht. Ich musste verstehen, was es mit dem Stein auf sich hatte, musste es einfach herauskriegen …
    Den Flügelträgern jagte er eine Heidenangst ein, aber mir nicht. E h renwort. Ich hatte es verlernt, vor etwas Angst zu haben. »Was ist, Stein, leuchtest du vielleicht einfach andersrum? Schluckst du Licht, anstatt es auszusenden?«
    Du leuchtest andersrum …
    Ich streckte die Hand aus und berührte die schwarze Oberfläche. S o fort versengte ein höllischer Schmerz meine Finger, als steche jemand spitze Nadeln in meinen Körper und sauge mir alles Blut raus.
    Es tat weh. Es war dunkel. Und leer.
    Schlagartig begriff ich alles: Was es mit einem Sonnenstein auf sich

Weitere Kostenlose Bücher