Der Herr der Finsternis
hatte und warum Licht und Finsternis gegeneinander kämpften und wer mein Wahrer Feind war. Aber schon im nächsten Moment war mir dieses Wissen wieder entglitten. Der Stein unter meiner Hand vi b rierte, als wollte er bersten.
Da fiel plötzlich Licht – warmes, gutes, fröhliches Wahres Licht – in den Keller. Ich verstand nicht auf Anhieb, dass jetzt nicht mehr Kälte meine Hand verbrannte, sondern Hitze, denn beides fühlte sich zum Verwechseln ähnlich an! Genau wie eben spürte ich spitze Nadeln, die mich jedoch diesmal mit Wärme vollpumpten.
»Licht … « Shokys Stimme zitterte. »Das war ein Fluch der Freifli e ger. Hast du ihn aufgehoben, Danka?«
Shoky hielt sich immer noch die Hand vor die Augen, aber jetzt, um sich vor dem blendenden Licht zu schützen. Ob ich wollte oder nicht, ich musste lächeln.
»Ja, Shoky«, antwortete ich freundlich und ein wenig besserwiss e risch, wie ich es manchmal auch tat, wenn ich mit Len sprach. Dann beugte ich mich zu dem Sonnenstein hinunter. »Dir ist es egal«, flü s terte ich, damit die Flügelträger mich nicht hörten, »welches Licht du aussendest, nicht wahr? Du hast es gut. Denn für dich ist alles ei n fach.«
Der Sonnenstein antwortete nicht. Möglicherweise konnte er mich ja tatsächlich hören, aber sprechen – das konnte er mit Sicherheit nicht. Ich wärmte mir die Hände über ihm, bevor ich aufstand. Shoky und sein Junior starrten wie hypnotisiert auf das Licht. Sie kriegten nicht mal mit, wie sich Risse in den Kellerwänden auftaten, wie ganze Ste i ne knirschend zu Sand zerfielen.
»Gehen wir, Flügelträger«, forderte ich sie auf. »Der Turm der Fre i flieger ist an dieses Licht nicht gewöhnt. In fünf Minuten stürzt er ein. Weg hier!«
Der Hauptturm der Freiflieger war schon aus weiter Ferne zu erke n nen. Eine schwarze Nadel, die sich in den Himmel bohrte und die bald schrumpfte, bald wuchs, je nachdem ob unser Pfad uns bergauf oder bergab führte. Verzweifelt hofften wir, noch nicht entdeckt worden zu sein.
Len, der Kater und ich liefen am Ende der Kolonne. Als die kleine Armee aus Flügelträgern und Erwachsenen das nächste Mal Rast machte, aßen wir endlich etwas, bevor der an der Spitze marschiere n de Shoky zu uns kam.
»Ich glaube, die haben uns gesichtet«, teilte er umstandslos mit.
Der Kater sah Shoky mit einem ironischen Blick an. »Wie kommst du denn darauf?«, höhnte er.
»Das spüre ich.« Shoky nahm dem Kater seinen Ton nicht übel.
»Die haben uns schon seit Langem entdeckt«, erklärte der Kater. »Glaubst du etwa, es war ein Zufall, dass in dem Turm, wo Danka den Sonnenstein gefunden hat, so viele Freiflieger waren? Das war ihre letzte Warnung.«
»Ach ja?« Shokys Miene verfinsterte sich.
»Wir müssen uns jetzt teilen«, fuhr der Kater fort. »Wir haben unser Ziel, ihr eures.«
Ich entfernte mich ein Stück von ihnen und hockte mich auf den B o den. Der Kater erklärte Shoky immer wieder Punkte, über die wir uns längst geeinigt hatten. Len blieb noch eine Weile bei ihnen stehen, kam dann aber zu mir und setzte sich neben mich.
»Habt ihr hier Regen?«, fragte ich, während ich zu der dichten, grauen Wolkendecke hinaufschaute.
»Nur sehr selten«, antwortete Len.
»Wenn wir gewinnen, wird es auch wieder öfter Regen geben.« Plötzlich wollte ich ihm unbedingt etwas anderes versprechen als den unvermeidlichen Kampf im Turm.
»Schön«, meinte Len. Nachdenklich fügte er hinzu: »Es ist wah r scheinlich ziemlich dämlich, die ganze Zeit wie wild zu kämpfen und kurz vor Schluss zu sterben.«
»Wovon redest du denn da?« Meine Alarmglocken schrillten.
»Ich werde das Ende nicht miterleben, Danka«, sagte Len. »Das weiß ich.«
»Hör auf damit … «
»In mir drin wird es immer kälter«, sprach Len weiter, als hätte er mich nicht gehört. »Inzwischen jagt mir das nicht mal mehr Angst ein. Du weißt, was das heißt?«
Ich nickte. Warum sollte ich mich dumm stellen?
»Denk an den Schlüssel.« Als Len mir unvermittelt auf die Schulter klopfte, zuckte ich zusammen. Dabei war das eine völlig übliche Ge s te – nur eben nicht für Len. »Wenn die Flügel sterben, stirbt auch der, der sie trägt.«
Ich wollte ihm sagen, dass ich den Schlüssel nicht zerbrechen wü r de, niemals, unter gar keinen Umständen. Aber ich fürchtete, Len könnte die Lüge spüren. Deshalb schwieg ich.
»Denk an den Schlüssel«, wiederholte Len.
Schließlich kam der Kater zu uns, wir saßen beieinander und be o
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