Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
können?
    Quatsch! Wie kamen diese komischen Gedanken in meinen Kopf? Schließlich wollte ich den Menschen helfen … dem Licht dienen …
    Mit einem Mal begriff ich auch, warum ich unbedingt zu diesem Turm gewollt hatte. Ich brauchte ein Zeichen, einen Beweis dafür, dass ich recht hatte. Ich wollte nicht für das Licht sterben, sondern verstehen, warum ich diese Seite gewählt hatte.
    Die leere Scheide des Wahren Schwerts wurde schwer. Das wunde r te mich nicht. Es musste ein Zeichen geben und es musste eine Wahl geben. Der Weg, auf den mich der Sonnenkater geführt hatte, machte viele Biegungen …
    Aus dem Knäuel der Kämpfer löste sich ein Freiflieger. Er flog knapp überm Boden, breitete die schwarzen Flügel aus und landete drei Meter vor uns. Das Blut am Schwert der Finsternis schimmerte rosa.
    Shokys Junior trat einen Schritt vor, um mich zu decken.
    »Du nicht!«, rief der Freiflieger und fuchtelte mit dem Schwert. »Geh weg. Ich will den da.«
    Mein Bodyguard wartete. Er schätzte die Kräfte realistisch ein und spielte auf Zeit, um sich nicht in eine hoffnungslose Attacke stürzen zu müssen.
    »Du hast es so gewollt!« Der Freiflieger machte einen raschen Au s fall. Shokys Junior duckte sich und versuchte, einen Treffer zu landen. Der Freiflieger parierte den Schlag und ging selbst zum Angriff über. Die Klinge wirkte wie eine Verlängerung seines Arms, seine Bew e gungen waren präzise und entschlossen. Mir half der Wahre Blick, seinen nächsten Hieb zu erahnen, aber mein Beschützer verfügte nicht über dieses Können.
    Ich jedoch hatte kein Schwert. Das Wahre Schwert musste noch auf meinen Wahren Feind warten – selbst wenn dieser finstere Junge, der mich nicht leiden konnte, inzwischen von dem Freiflieger kurz und klein gehackt wurde. Das sagte mir der kalte, erwachsene Teil meines Ichs, der mir geholfen hatte, das Labyrinth des Schwerts zu durchla u fen. Ich wusste, dass Shokys Junior sterben würde … und dass sein Tod mir jene wertvollen Sekunden sichern würde, in denen Hilfe kam.
    Der Freiflieger drängte Shokys Junior gegen einen Felsblock, von denen hier mehr als genug herumstanden. Der Junior brauchte bloß zwei, drei Sekunden, um hochfliegen oder wenigstens auf den Stein springen zu können …
    Ich stürzte mich von hinten auf den Freiflieger, auch wenn ich ganz genau wusste, dass ich keine Chance hatte. Er würde meine Bewegung bemerken – und mich mit seinem Schwert mitten im Sprung aufspi e ßen. Ich würde sterben und nicht mal meinen Beschützer retten!
    In Sekunden, die sich hinzogen und zu einer Ewigkeit ausdehnten, sah ich mit dem Wahren Blick, wie der Freiflieger den Rücken durc h drückte und das Schwert in seiner Hand erstarrte. Er spürte, wie ich ansetzte, und wartete auf den Schlag im Rücken.
    Ich riss meine Hände nach vorn und schubste den Freiflieger mit a l ler Kraft. Die schwarze Figur schwankte, blieb aber stehen, als wäre sie aus Stein. Ich rutschte aus und fiel hin.
    Der Freiflieger drehte sich um, bückte sich, packte mich mit einer raschen Bewegung beim Kragen und riss mich hoch. Sein Gesicht war genau vor meinem, ein erwachsenes, kaltes Gesicht. Und ein erstau n tes. Ich nahm seinen Geruch wahr, den scharfen, unangenehmen G e ruch von jemandem, der schon kein Mensch mehr war.
    »Warum hast du das gemacht?« Die Lippen des Freifliegers bewe g ten sich fast gar nicht. »Du hättest dich raushalten müssen.«
    »Und einfach nur zusehen?«, krächzte ich. Der Kragen schnürte mir die Kehle ab und ich bekam keine Luft mehr.
    »Ja. Was sind deine Motive?«
    Plötzlich verzerrte Schmerz das Gesicht des Freifliegers. Es wurde ganz grau. Sein Griff lockerte sich. Als ich diesmal fiel, konnte ich mich immerhin noch im letzten Moment mit den Händen abfangen. Auf der Erde sitzend, sah ich die Spitze von einem Schwert, die aus der Brust des Freifliegers herausragte. Shokys Junior hatte unser »G e spräch« nicht zur Flucht genutzt.
    »Was sind eure Motive?«, wiederholte der Freiflieger, während er die Schwertspitze mit den Fingern betastete. »Was?«
    »Für dich ist es zu spät, das zu begreifen«, antwortete ich, wobei ich ihm in die Augen blickte, die langsam erloschen.
    Der Freiflieger, nur noch ein Haufen Schotter, krachte in sich z u sammen. Als die Steinhand auf mich zukullerte, sprang ich weg.
    »Was ist passiert?« Shoky landete schwerfällig neben uns. Er sah mich kurz an, dann ging er zu seinem Junior, der sein Schwert a b wischte.
    »Alles in Ordnung,

Weitere Kostenlose Bücher