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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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diplomatischen Erwägungen dazu zwingen müssen.
    »Wo kommt er her?«, fragte Len begeistert.
    Das war nun der Moment: Entweder tischte ich ihm eine unglaubl i che Lüge auf oder ich gestand die Wahrheit.
    »Ich werde dir jetzt alles von Anfang an erzählen, Len. Unterbrich mich bitte nicht, sondern hör dir erst alles an.«
    Dann erzählte ich. Von meinem Fenster, durch das nur selten Sonne scheint, vom Wahren Licht, das von einem Wahren Spiegel zurüc k geworfen wird …
    Einfach alles erzählte ich ihm.
    »Ich habe noch nie die Sonne gesehen«, sagte Len. »Bei uns in der Stadt lebt ein Alter, der sich noch an sie erinnert. Aber er ist schon sehr alt, und es gibt nur wenige, die ihm glauben … «
    Er streckte die Hand aus und streichelte den Kater. Der Kater ließ sich das sogar gefallen. Er legte sich auf meinen Schoß und putzte sich, genau wie ein ganz normaler Kater.
    »Wenn der Sonnenkater diese Verborgene Tür aufkriegt, gehst du dann wieder nach Hause, Danka?«, fragte Len plötzlich.
    »Klar!«
    »Kann ich vielleicht mitkommen?«
    Was sollte ich darauf antworten? Okay, in Büchern kann man seine Freunde nach Hause mitbringen und sagen: »Mama, er wird jetzt bei uns wohnen … « Aber im richtigen Leben würde das einen Haufen Probleme geben!
    »Ich bin doch dein Partner, Danka … « Len schniefte und fügte klei n laut hinzu: »Ich fliege gut. Und ich bin ein guter Kämpfer.«
    Prompt stellte ich mir Len vor, wie er auf einem feindlichen Militä r stützpunkt hockte, über und über behängt mit Handgranaten, während um ihn herum lauter Flaks auf ihn gerichtet waren – damit er ja nicht im Flug entkam. Ich zuckte zusammen. Wie sollte ich ihm meine Welt erklären?
    Der Kater kam mir zu Hilfe. »Ich glaube nicht, dass du in Dankas Welt fliegen könntest. Deine Flügel sind aus dieser Welt. Darüber hinaus ist mir völlig unklar, wie ich diese Tür öffnen könnte.«
    »Aber du hast doch die ganze Sahne aufgeschleckt! Oder brauchst du noch mehr?«
    »Die Sahne stärkt meine Zauberkräfte nun wirklich nicht«, schnau b te der Kater. »Obwohl sie immerhin ganz schmackhaft ist. Aber für meine Zauberei brauche ich Wahres Licht. Wenn es hier doch nur t a gen würde, wenn die Sonne wenigstens ganz kurz durchbräche … «
    »Der Sonnenaufgang wird kommen«, seufzte Len. »Wenn wir uns hier begrüßen, sagen wir oft: Ich warte auf den Sonnenaufgang. Und der andere sagt dann: Und der Sonnenaufgang wird kommen. Aber im Grunde glaubt niemand daran.«
    »Erzähl mir etwas von deiner Welt, Len«, bat ich. »Sonst verstehen wir überhaupt nichts.«
    »Zunächst werde ich etwas erzählen«, sagte der Kater mürrisch. »Es ist mir nämlich geglückt, diese Welt hier in ihrer Gänze kennenzule r nen. Um es auf den Punkt zu bringen: Es ist überall dunkel. Wenn ich noch weiter ins Detail gehen soll: Ich habe etliche Städte gesehen, in denen Menschen leben, und noch weitaus mehr Türme … « Der Kater erschauderte. » … in denen seltsame Gestalten der Finsternis leben. Ich habe gesehen, wie ihr gegeneinander kämpft, wie diese Finsterli n ge euch gefangen nehmen und wie ihr die dunklen Gestalten tötet. Kein sehr erbaulicher Anblick. Ferner sah ich, wie aus einer großen Stadt am Meer Karawanen aufbrachen und Schiffe in See stachen, um im Nichts zu verschwinden.«
    »Das sind die Händler«, sagte Len und winkte ab. »Zu uns kommt auch bald eine Karawane. Wir können nicht selbst für unser Essen sorgen, denn bei uns wächst zu wenig. Die Händler mischen sich nicht in unseren Krieg ein, da sie aus einer anderen Welt kommen. Sie m a chen ihre Geschäfte sowohl mit uns wie auch mit den Freifliegern.«
    »Und was gebt ihr ihnen dafür?«, fragte ich wissen. »Gold?«
    »Wozu sollte das denn gut sein?«, sagte Len verwundert. »Um Türklinken herzustellen? Da ist Bronze schöner. Nein, wir verkaufen uns.«
    »Was?« Ich verstand nicht, was er meinte.
    »Die Erwachsenen losen das unter sich aus oder sprechen sich ei n fach ab«, erklärte Len müde. »Dann treten sie in den Dienst der Hän d ler oder der Kunden der Händler.«
    »Um was zu tun?«
    »Sie kämpfen. Wir sind gute Soldaten, Danka, und fürchten den Tod nicht.«
    »Na klar, wer fürchtet den schon?«, bemerkte der Kater bissig, wo r auf Len verstummte. »Abgesehen davon«, fuhr der Kater fort, »habe ich einen ungeheuer hohen Turm gesehen. Ich vermochte ihn nicht einmal zu überfliegen, sondern musste ihn umkreisen. Er ist durch und durch düster.«
    »Das

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