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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Tresor. Diesmal zögerte er kurz. »Dahinter gibt es vermutlich allerlei Photonen, Protonen und Magnetfelder«, sagte er abfällig. »Lass uns weitersuchen!«
    »Okay«, antwortete ich. Abenteuerlust hatte mich gepackt. Als ich dem Sonnenkater folgte, bekamen meine Beine seine Wärme ab! Klasse! Vor allem, wenn du barfuß rumläufst und auf keinen Fall gleich wieder krank werden willst, nachdem du gerade erst gesund geworden bist.
    »Ha!«, quiekte der Kater triumphierend. »Die ist besser, oder?«
    Die Tür machte wirklich was her. Sie war aus Ebenholz und mit Schnitzereien verziert und hatte eine gewaltige Klinke aus Bronze, die ein bisschen aus der Tapete herausragte. Was das Wahre Licht alles an den Tag bringt!
    »Wollen wir mal einen Blick durch die Tür werfen?«, fragte der K a ter.
    Damit überraschte er mich nun tatsächlich.
    »Geht das denn?«
    »Selbstverständlich. Alles, was du im Wahren Licht erblickst, steht dir offen.«
    Zweifelnd zuckte ich die Schultern. Ich blickte an mir herunter: Bloß in Unterhose und Unterhemd stand ich da, nicht mal Hausschuhe hatte ich an. Was, wenn hinter dieser Tür ein Palast lag, in dem gerade ein Ball stattfand? Was sollte ich dann sagen? Etwa: Darf ich um den nächsten Tanz bitten, meine Dame?
    »Ich zieh mir wohl besser erst was an«, brachte ich unsicher hervor. Dem Kater entging meine Zaghaftigkeit nicht.
    »Dummkopf!«, kanzelte er mich ab. »Glaubst du vielleicht, es ist ein Kinderspiel, eine Verborgene Tür zu beleuchten? Schließlich bin ich noch klein! Da reichen meine Kräfte nicht sehr lang!«
    Das sah ich ein. Und wahrscheinlich hätte auch sonst niemand an meiner Stelle Protest eingelegt. »Wie geht sie auf?«
    »Schau auf die Klinke!« Der Kater brachte nur noch ein Flüstern z u stande. Anscheinend strengte die Beleuchtung der Tür ihn tatsächlich an. »Schau sie fest an, bis du sie ganz klar erkennst. Dann packst du sie und öffnest die Tür.«
    Ich starrte auf die Klinke. Zuerst wirkte sie etwas verschwommen, wie durch Milchglas. Nach einer Weile sah ich sie jedoch völlig scharf. Die Bronze war roh und unbehandelt und nur am Rand glatt, als wäre sie durch unzählige Berührungen abgeschliffen worden. B e nutzte etwa jemand regelmäßig diese Tür? Ich streckte die Hand aus und fasste das kalte Metall an.
    »Mach schon, beeil dich«, drängelte der Kater mit jämmerlich schwacher Stimme. Entschlossen zog ich die Tür zu mir.
    Sie war schwer, sehr schwer sogar. Als wären die Angeln im Laufe der Jahre eingerostet oder versteinert. Da ich aber unverdrossen we i terzog, bewegte sich die Tür langsam in meine Richtung – und zwar durch die Ziegelsteine, die alten Zeitungen und die drei Schichten T a pete hindurch. Mich wunderte schon gar nichts mehr.
    Kalter Wind schlug uns entgegen. Die Blätter an den Bäumen r a schelten leise. Außerdem war es stockdunkel. Aber wenigstens gab es hier keinen Palast.
    »Hier ist Nacht«, bemerkte der Kater enttäuscht. »Und nicht ein ei n ziger Stern ist zu sehen. Schade. Bei Sternenlicht handelt es sich nä m lich stets um Wahres Licht … « Schon im nächsten Moment schöpfte er jedoch neuen Mut. Er sprang über meinen Fuß drüber und zur Tür hinaus.
    »Pass auf!«, schrie ich.
    Der leuchtende Fleck blitzte bereits zehn Meter entfernt von mir auf.
    »Papperlapapp! Was soll einem Sonnenkater schon passieren? Und sei ’ s in der Nacht! Komm her, hier gibt ’ s Gras!«
    Daraufhin trat ich ebenfalls durch die Tür. Unter meinen Füßen spü r te ich warmes Gras. Herbst herrschte hier mit Sicherheit nicht. Sommer oder Frühling musste es sein …
    »Kater!«, rief ich, während ich mich in der Dunkelheit vortastete. Jetzt bloß nicht stolpern! »Kater!«
    »Die Tür!« Der leuchtende Fleck schoss auf mich zu. »Du dummer Junge!«
    Ich drehte mich um und sah, wie die helle Türfüllung nach und nach von der Dunkelheit verschluckt wurde. Als ich zurückhechtete, stieß meine Hand nur noch gegen Stein. Beinahe hätte ich mir sogar die Stirn an dem Felsen aufgeschlagen.
    Furchtbare Angst packte mich.
    »Du bist der allerdümmste Junge auf der ganzen Welt!«, giftete der Kater. »Was hast du da nur angerichtet? Jetzt ist die Tür zu!«
    »Das sehe ich auch, dass sie zu ist!«, knurrte ich. »Also beleuchte sie! Dann machen wir sie wieder auf.«
    »Ein Versuch kann ja nicht schaden … «, meinte der Kater.
    Er trat dicht an den Stein heran, und ich sah, wie sich schwach die Umrisse der Holztür abzeichneten. Jetzt fiel

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