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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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gefiel: Weil ich ja schon jetzt eine Heidenangst hatte.
    Vermutlich fürchtete ich mich plötzlich in der Dunkelheit und ohne den Sonnenkater würde diese undurchdringlich sein. Außerdem: Was, wenn er nicht zurückkam?
    »Okay«, presste ich heraus. »Flieg schon. Am besten gleich, sonst überlege ich es mir noch anders.«
    »Kopf hoch, Danka.« Er wusste genau, wie ich mich gerade fühlte. »Ich beeile mich. Wenn du Durst hast, der Bach liegt direkt vor dir, etwa dreißig Meter einfach geradeaus. Warte hier auf mich.«
    Bevor ich antworten konnte, ich hätte es mir anders überlegt und würde doch lieber nicht allein in dieser Düsternis zurückbleiben, sprang der Kater hoch und stieg in die Luft auf. Das orangefarbene Lichtknäuel gewann rasch an Höhe, verwandelte sich in einen winz i gen Punkt am schwarzen Himmel – und flog davon. Er war wirklich verdammt schnell. Schon nach ein paar Sekunden hatte ich ihn aus den Augen verloren. Aber ob seine Kräfte ausreichten, um dieses Tempo die ganze Zeit über beizubehalten?
    Die nächsten zehn Minuten heulte ich, das Gesicht in das dichte, weiche Gras gepresst. Komischerweise wurde mir dabei sogar ein bisschen wärmer. Irgendwann stand ich auf und fing an, den Bach zu suchen, von dem der Kater gesprochen hatte.
    Es ist ziemlich merkwürdig, wie ein Blinder durch die Finsternis zu tapsen. Du verlierst dabei jedes Gefühl für Entfernung und Zeit. Ei n zig und allein die Steine, auf die du hin und wieder trittst, beweisen dir, dass du dich überhaupt fortbewegst.
    Die Arme hatte ich ausgestreckt, denn ich fürchtete, jeden Moment auszurutschen. Schon bald hörte ich jedoch Wasser plätschern, kurz darauf spürte ich unter meinen Füßen feuchten Sand.
    Ich hockte mich hin und trank gierig das kalte, saubere Wasser. D a nach trat ich ein paar Schritte zurück, nur so viel, dass ich den Bach immer noch hören konnte, und streckte mich auf dem Rücken im Gras aus, das so hoch war, dass es quasi ein Dach über mir bildete.
    Es gab absolut nichts, was ich hätte tun können. Bisher war mir ü berhaupt nicht klar gewesen, wie sehr solches Nichtstun schlaucht. Ich lag bloß da, lauschte auf das plätschernde Wasser und den heulenden Wind irgendwo hoch über mir. Und vermutlich lag ich ziemlich lange so da. Irgendwann schlief ich wieder ein.
    Bis mich Schritte weckten. Ich wollte schon etwas rufen, um den Kater auf mich aufmerksam zu machen, begriff aber im letzten M o ment, dass es nicht seine Schritte waren. Dazu waren sie viel zu schwer. Das waren die Schritte eines Menschen.
    Sofort bekam ich wieder Angst.
    Die Schritte näherten sich von zwei Seiten. Ein paar Meter von mir entfernt trafen sie sich.
    »Hier ist niemand«, nörgelte jemand.
    »Hier auch nicht.«
    Obwohl ich die beiden verstand, hatte ich den seltsamen Eindruck, sie unterhielten sich in einer Fremdsprache. Außerdem brachten diese brummeligen, tiefen Stimmen mich halb um den Verstand. Wie e r starrt blieb ich liegen, höllisch darauf bedacht, mich ja nicht zu rühren.
    »Absolut niemand. Komisch, dabei hat die Patrouille doch ein Licht gesehen.«
    »Die Patrouille hat ein Wahres Licht gesehen.«
    »Das kann nicht sein.«
    »Aber die Patrouille hat es doch gesehen.«
    »Hier ist kein Licht. Hier ist niemand.«
    »Der, von dem das Licht ausging, ist längst weggeflogen.«
    »Oder in den Bergen verschwunden. So hoch sind die hier ja nicht.«
    »Mit Sicherheit fangen wir uns jetzt einen Rüffel ein, weil wir nicht schnell genug waren.«
    »Schöne Aussicht! Lass uns einfach behaupten, es wäre der Flüge l träger gewesen, der gestern geflohen ist.«
    »Dann wird man uns fragen, wo sein Herz ist.«
    »Dann erklären wir eben, er habe sich gewehrt. Und deshalb seien wir gezwungen gewesen, das Tal mit Schwarzem Feuer zu verse n gen.«
    »Wir können doch das Schwarze Feuer nicht einfach so vergeuden.«
    »Das ist immer noch besser, als wenn sie uns drankriegen, weil wir zu langsam gewesen sind.«
    »Stimmt. Hast du Schwarzes Feuer?«
    »Ja, im Turm.«
    »Ich habe keins mehr. Also gut, wir fliegen zu dir, holen das Feuer und zünden das Tal an.«
    »Dann los.«
    Als die Stimmen schwiegen, spürte ich wieder die Finsternis, die a b solut undurchdringliche Düsternis. Zwei riesige Flügelpaare schlugen. Wind, in dem ein ätzender Menschengeruch lag, peitschte mir ins G e sicht. Die Wesen der Finsternis stiegen in den Himmel auf.
    Die nächsten Minuten lag ich stocksteif da und versuchte mir einz u reden, ich hätte

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