Der Herr der Ohrringe (German Edition)
taumelten zurück, und sie sahen sich gegenseitig an: denn sie erkannten den Mief, der nun doppelt auf sie eindrang, und sie hassten einander deswegen. Und so sprangen sie sich gegenseitig an die Kehlen, mit der Absicht, jene zu schlitzen. Es blitzten Dolche und kleine krumme Messer, und binnen weniger Augenblicke hatten sich die Knorks allesamt gegenseitig umgebracht. Denn sie mochten nicht geruchlos sein, ruchlos indes waren sie.
Samenweis aber staunte und lachte und klopfte Frohdoof auf die Schulter. »Weißt du was, Herr? Mit diesem Umkehrer kann uns eigentlich gar nichts mehr passieren! Wir sind sozusagen unbesiegbar. Denn wer im stinkenden Murderor könnte uns entgegentreten? Die stinkenden Nazgulashs? Doch nicht Saurum, der Stinkendste Von Allen?«
Da erblühte eine große Hoffnung in Frohdoof, und während Samenweis ihm auf die Schulter klopfte, malte er sich aus, wie er den Ohrring ungehindert in den Schicksalsteich werfen – und das Juwel zu ihm zurückkehren würde, um für immer sein zu sein. Und genau in dem Augenblick fiel ihm der Gestankumkehrer in eine Felsspalte, daraus es kein Zurück mehr geben würde, soviel war klar. Und es stellte sich heraus, dass Samenweis zu heftig geklopft hatte.
Gut. Aus jener schönen Vision der Unbesiegbarkeit würde nichts werden, soviel war nun ebenfalls klar; und die beiden Dösköppe weinten lange. Samenweis lautlos im Stehen, Frohdoof jedoch hingestreckt und schluchzend. Dann plünderten sie, wahrscheinlich aus lauter Verzweiflung, die Knorkleichen, ließen jede Menge Schwerter und Speere und wasnichtalles mitgehen, die sie in den zahllosen Taschen ihrer legendären Gewänder verstauten.
Und unwillig überschritten sie kurz herauf die Grenze zu Murderor, woraufhin der Eine Ohrring so schwer wurde, dass Frohdoof in einen Abgrund stürzte, mitten in einen Dornenstrauch. Es fiel ihm vor Schmerz und Schreck nichts anderes ein, als umgehend einzuschlafen.
Lange Zeit suchte Samenweis ihn, und als er seinen Herrn schließlich fand, wussten beide, dass sie noch nicht tot waren, und ihre Mühen den Lohn des letzten Endes noch nicht erarbeitet hatten. »Es ist ein Mystikackh 20 «, sagte Frohdoof.
Neunzehntes Kapitel:
Das Ende des Eisengartens
Während sich Marathorn, Pymli und Legospass in ihrem Wäldchen versteckt hielten, aber langsam so etwas wie einen leisen Zweifel an der Heldenhaftigkeit ihres Gebarens erwachen fühlten; während Frohdoof und Samenweis in einem Dornengestrüpp unterhalb des Geisterpasses Gierig-Unwohl festhingen; während Bollobier, wie schon seit einiger Zeit, tot war; während Allround ein Nachmittagsschläfchen nach dem nächsten genoss, froh, alle Störenfriede vom Getöteten Nerv in die Lande geschickt zu haben, gewitzt wie er nun einmal war, was ja auch in allen Legenden um ihn unentwegt erwähnt wird; während Ganzhalb immer noch, wie sich später herausstellte, in den Abgrund fiel, umgeben von der wässrigen Masse des Pank Rog – während also all dies geschah, und zwar nahezu gleichzeitig, wachten Macho und Pipifax allmählich auf aus ihrem Rausch, gewahrten die tanzenden und Unflätiges grölenden Knorks und ahnten, dass es galt, sich unverzüglich zusammenzureißen.
»Bei Ludien und Beeren!«, rief Macho und kämpfte gegen gieriges Unwohlsein, das sich seiner Gedärme bemächtigt hatte. »Ist es nicht nicht unsere Aufgabe, zu saufen und darüber unsere Mission zu vergessen?«
»Ist es nicht«, gab Pipifax zurück, derweil er an Frohdoof dachte und an Marathorn und die Gemeinschaft des Ohrrings. »Wir sollten doch die anderen begleiten, auf ihrem Weg zum Schicksalsteich! Oh Schrecklassnach, das is’ ja richtig schlimm!«
Noch in derselben Nacht wandten sich die Zwei ab von den feiernden Knorks, nicht ohne den einen oder anderen – zumeist fernab und allein Tanzenden – hinterrücks zu meucheln: nur zur Beruhigung ihres schlechten Gewissens. Dann marschierten die beiden Dösköppe, kopflos zwar nicht, jedoch ohne Plan, hinaus in die Wildnis, um die anderen Mitglieder der Ohrringgemeinschaft zu suchen. Aber sie fanden sie nicht, jedenfalls nicht auf Anhieb.
»Vielleicht sollten wir ein, zwei Broschen ins Gras fallen lassen?«, überlegte Pipifax nach ungezählten Stunden des Wanderns und kratzte sich am Kopf.
»Damit Marathorn, der verschrobene Fährtenleser, sie später findet, falls er dort vorbeikommen sollte, wo wir sie hingeworfen haben, und also dann weiß, wo wir uns befunden haben, als wir sie fortwarfen, aber noch
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