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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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nicht, wo wir in jenen Augenblicken sind, derweil er sie findet?«, fragte Macho.
    »Nein, damit die Broschen dort liegen bleiben bis ans Ende der Zeit«, entgegnete Pipifax. »Die Sinnhaftigkeit solchen Tuns scheint mir verschleiert«, gähnte Macho. »Doch vielleicht liegt’s allein an meinem brummenden Schädel?«
    »Als Opfergabe«, erklärte Pipifax. »Damit die Götter uns wohliger gestimmt sind.«
    »Wir kennen keine Götter bei uns im Flauen Land«, sagte Macho, »haben also keine Übung im Umgang mit ihnen – wie dein Prädikativum beweist.«
    »Na dann«, meinte Pipifax enttäuscht, »lassen wir’s sein, das mit dem Broschenfallenlassen.«
    So ließen sie es sein, wandten sich taumelnd rennend in eine unvorhergesehene Richtung – und stießen alsbald auf einige stimmgewaltige Waldriesen grotesker Gliedmaßenverästelungen, die inmitten der urzeitlichen Wälder Fangdhorns Endlose Choräle sangen. Jene wurden durch die Ankunft der zwei Dösköppe dazu inspiriert, dem frevelhaften Tun des demagogischen, weißgekleideten Fahrduman ein Ende zu bereiten.
    Es ist dies lediglich ein Nebenstrang der Geschichte des Krieges um den Ohrring (und der anderen Einen), der in etlichen Übersetzungsvarianten keine große Beachtung fand; selbst in jenen Versionen, die ihn berücksichtigen, ist er nur noch fragmentarisch enthalten. So kann er hier nur kurz abgehandelt werden.
    In einem düsteren Tann, nämlich jenem, den die Albernen Fangdhorn nannten, hatten sich die zwei Hobbknicks verlaufen, als sie auf die Stimmgewaltigen trafen, die Endlose Choräle sangen.
    »Worum geht’s in euren Chorälen?«, fragte Macho rotzfrech und darüber hinwegsehend, dass es sich bei den Sängern um eine Art von Waldriesen grotesker Gliedmaßenverästelungen handelte, denen in Körpervolumen und Stimmumfang selbst die entsetzlichen Stein-Dolle nicht das Wasser reichen konnten.
    »Wir besingen die Äxte, die wir verfluchen: jene, die unseren urzeitlichen Bäumen Schaden zufügen!«, erwiderten die Furchteinflößenden. »Wir sind die vielstimmigen B’Ents.«
    »Seltsame Schreibweise«, meinte Macho.
    »Wem gehören die Äxte?«, fragte Pipifax.
    »Fahrduman dem Weißen«, entgegneten die mit den gewaltigen Stimmbändern.
    »Wie wär’s, wenn ihr einfach loszögt und ihm mitten auf den Mund schlüget, dem alten Halunken?«, schlug Macho vor.
    »Ya-mhay 21 !«, riefen da die B’Ents. »Wir tun’s.« Und sie taten’s. Das einzig Verwunderliche war, dass sie sich später niemals darüber verwunderten, nicht von allein auf diese Idee gekommen zu sein.
    Das war das Ende der unversehrten Phase des Eisengartens, und Fahrduman floh mit blauen Flecken und angeknacksten Rippen in die nahebeien Einöden von Dumland. Macho und Pipifax hingegen wanderten weiter, denn sie hatten zwischenzeitlich nicht vergessen, dass sie sich in einer Geschichte befanden, deren Ende noch nicht erreicht war.

Zwanzigstes Kapitel:
Ein unverhofftes Wiedersehen
    An einem bleichen Morgen erwachte Marathorn voller Unrast; und unruhig war er, weil ihm im Traum eingegeben worden war, dass man ein Schwert gemeinhin in eine Scheide zu stecken pflegte. Und unvorhergesehen fand er sich, ohne dass er es beabsichtigt hatte, eingedenk zahlloser Mädchen, die er auf seinen langen Wanderungen getroffen und doch nicht näher kennengelernt hatte. Und unverhofft erstanden ihm Gesichte, die von nackter Haut und ruchlosen Handgreiflichkeiten kündeten, welche an dieser Stelle zu beschreiben die Schreiber des Rötlichen wie auch des Blauen Buches sich geweigert haben.
    Doch urplötzlich flogen den Dauerläufer weitere Visionen an, die Frohdoof schlummernd im Dornenstrauch zeigten, und auch, wie Ganzhalb zusammen mit dem Pank Rog in den Schlund fiel, und er murmelte laut: »Was wir hier tun – wir dürfen es nicht!« Und Pymli, der neben ihm geschnarcht hatte, ward geweckt durch des Dauerläufers Murmeln, und er räkelte sich und murmelte: »He? Du murmelst, Marathorn?«
    Und Marathorn murmelte: »Ich murmelte: ›Wir dürfen es nicht‹, da mich die Eingebung anflog, wir dürften es nicht. Denn siehe! so sprach der Bedürftige Seher: ›Jene, die faulenzend schlafen und insgeheim des Müßiggangs frönen, obgleich ihnen die Bürde auferlegt ist, den Ohrringträger zu begleiten, genau jene sollen unter einen Fluch fallen, davon sie sich so rasch nicht mehr erholen werden!‹!«
    Da fragte Legospass beunruhigt: »So sprach der Seher?«
    »So sprach er.«
    »Und er war bedürftig?« Doch

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