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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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in unsere Welt zu holen. Wenn möglich, zeitlich etwas versetzt… Denn ihr wäret Helden und würdet alles zum Guten lenken, sagte er!«
    »Er gewahrte unsere Welt?«, fragte Allround, und nun stellte er sich ängstlich ganz ähnliche Fragen wie seine Gefährten eben.
    »Zeitlich versetzt?«, fragte Frohdoof, froh, auch einmal einen Ansatzpunkt gefunden zu haben, ins Gespräch einzusteigen. Die Frage hätte ein jeder anderer stellen können, hatte sie doch sozusagen in der Luft gelegen; doch nichtsdestoweniger war er mächtig stolz auf sich und setzte eine wichtige Miene auf, die aus einigen Stirnknitterfalten und gerunzelten Augenbrauenpartien bestand. »Wie ist das denn gemeint? Das mit dem ›zeitlich versetzt‹, hm?... Gute Frage, oder?«, setzte er hinzu, die anderen fixierend. Alle schauten mindestens so wichtig wie er selber drein, Fassaden über ihre innere Hohlheit errichtend.
    Gard Ariel, die noch eigenäugig das Licht der Zwei Blumenlampen gesehen hatte, damals, vor ungezählten Jahrtausenden, sprach nun: »Ich kann mir vorstellen, was damit gemeint ist. Der Bote will uns mitnehmen in eine andere Dimension, die der unsrigen aufs Haar gleicht – mit dem Unterschied, dass dort die Dunkle Macht Murderors obsiegt hat – und, wenn irgend möglich, auch in eine andere Zeit: nämlich zurück in jene Tage, als der Sieg der Schwarzen Seite noch abzuwenden war. Also ein bisschen früher als jetzt ist… Ist es so? So ist es doch?«
    So war es. Der Bote nickte. Und dann schlief er ein, der Stuhlzacken nicht achtend.

Fünftes Kapitel:
Ein Röllchen im Dunkeln
    Inmitten eines aschfahlen Morgengrauens hockten die Gefährten ratlos um den schnarchenden Sendboten herum, derweil in den Halbschatten Säulen sich schweigend emporstreckten und Wandbehänge gleichmütig nach unten hingen; Legospass und Pymli aber hätschelten und herzten einander, weswegen sie die Ratlosigkeit nicht in solch überbordendem Maße erfuhren wie ihre Gefährten.
    »Wir sollten womöglich diesem Boten und seiner verlorenen Welt zur Hilfe eilen«, sprach Gard Ariel.
    »Diese Welt verlassen?«, fragte Samenweis, der in einer dunklen Ecke kauerte; und obgleich nur die anderen zur geheimen Ratsversammlung geladen waren, er hingegen nicht, da er das schlichteste Gemüt von allen hatte und im Rat nichts taugte, schlug niemand gegen sein Kinn, zu müde und verwirrt waren sie. »Diese Welt der Heiterkeit verlassen?«, wiederholte er. »Um sich wieder mit einem Saurum anzulegen? Eydu bewahre!«
    »Ya-mhay, ich hab’ wohl ’nen mächtigen Eindruck auf euch gemacht! «, rief Saurum aus einer anderen dunklen Ecke heraus, wo Awon ihm gerade eine Hand auf den Oberschenkel legte. »Ihr bibbert ja tüchtig vor Angst, ihr Schlotternden! So hatte ich’s mir immer gewünscht, damals in meinem Turmzimmer!«
    Awon kicherte ihn küssend. Von irgendwoher schepperte es von zerberstenden Schwertern.
    »Diese ganze Geschichte von neuerlichem Losziehen und weiteren Abenteuern, deren Ausgang mir dunkel und unsicher scheint, ruft die letzten Reste meiner Unlust auf den Plan«, tönte Macho, er fuchtelte aufgeregt herum und warf versehentlich einen Bierhumpen um. Die anderen starrten auf den Humpen: war er ein Sinnbild für sie alle – wie sie fallen und sich entleeren würden?
    »Vielleicht müssen wir ja nicht alle gehen?«, erwog einer der Zwei Blauen Zauberer; den Gefährten schien es, als wäre es der linke von beiden gewesen.
    »Vielleicht haben wir Glück und finden diese schimmernde Pforte nicht?« So entwarf Marathorn einen hoffnungsvollen Plan.
    »Wer von uns sollte denn nun losziehen?«, fragte Pipifax. »Doch nicht etwa ich? Ich kann nämlich leider nicht, ich muss noch meinen Fußrücken rasieren.«
    »Egal wer loszieht – Hauptsache, es sind neun!«, meinte Allround. »Diese Zahl taucht doch dauernd im Entwurf unserer Welt auf. Die Ohrringgespenster waren auch immer neun. Wir müssen sie konterkarieren!«
    Immer dieselben Phrasen! – Jene, die von Allround kamen. Die meisten der Gefährten stöhnten so unverblümt, wie sie nur konnten. Manche schrieen es regelrecht heraus, das Stöhnen. Allmählich gewannen sie den Eindruck, dass sich das berüchtigte Gewieftsein des ehemals als weise Gepriesenen vornehmlich im Herunterleiern seiner numerischen Standards erschöpfte. Gequält schauten sie aus den hohen Turmfenstern, deren Rundbögen ihnen inzwischen eine Nuance zu spitz vorkamen. Draußen war dichter Nebel heraufgezogen, und von fern klang ein Jauchzen,

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