Der Herr der Ohrringe (German Edition)
Unabänderlichen Fröhlichkeit hatte den Hobbknick zu langweilen begonnen, und er trug sich mit dem Gedanken, eventuell ein weiteres Alter der Dunkelheit und des Schmerzes auszurufen.
Just als die drei dabei waren, ein ergötzliches Programm der Neuen Boshaftigkeit zu entwerfen, das sie auf verknüllten Pergamentfetzen festhielten, darauf sie Finsteres skizzierend und Abgründiges umreißend herumkrakelten, trat Awon ein, ohne anzuklopfen, und legte den bewusstlosen Boten vor den Thron, direkt zu Füßen des Döskopps.
»Was soll ich denn mit dem ?«, fragte Frohdoof, wobei er spontan übte, verächtlich zu klingen. Er fand, dass es ihm schon ganz gut gelungen war; erwartungsvoll schaute er die Zwei Blauen an.
»Klang schon ziemlich verächtlich«, befand der eine.
»Hm«, meinte der andere abwiegend. »Zu früh zufrieden zu sein – das war noch nie ein solides Fundament für souveräne Despotie. Wie wär’s hiermit: ›Schaff mir den Haderlumpen aus den Augen, dulles Weib! In seinen armseligen Fetzen will er nicht recht zum Dekor der annetinischen Rundbögen passen! Der Kerker würde ihm besser zu Gesicht stehn!‹«
»Ah!«, strahlte der erste. »Frohdoof, ich hab’s! Du könntest Folgendes sagen: ›Was bringst du mir Nettes zum Auspeitschen, Awon? Magst du zur Belohnung die ersten Hiebe führen?‹ Wie wäre das?«
Für einen Augenblick strahlten Frohdoofs Augen; und es schien ihm, als ob Finsteres weniger belanglos wäre als ein endloses vergnügliches Bacchanal – oder doch nicht? Seine Augen flackerten: ganz sicher war er sich nicht. Awon schien unbeeindruckt, und sie erkannte im Flackern seine Zweifel.
»Sollte dich die Unentwegte Heiterkeit zu langweilen begonnen haben, o Frohdoof, dann lausche den Worten dieses Sendboten! Es mag wohl sein, er hat Botschaften parat, welche den Unabänderlichen Frohsinn zu durchbrechen geeignet sein könnten!«
Da beugte sich der Döskopp mit mildem Interesse vor. »Ewas, das die Unveränderlichkeit des Frohlocken durchbricht? Klingt nicht übel! Worum geht’s denn? Der Kerl möge beginnen, aufzuhören zu schweigen!«
Doch so sehr Awon den Erschöpften auch schüttelte, er kehrte nicht zu Bewusstsein zurück. Klamm und starr lag er dort auf den kühlen Fliesen, in die das Wappen der Vergnatzten Truchsessen eingelassen war: die stilisierten Mundwinkel, die sich nach unten ziehen.
»Er ist ganz kalt!«, rief die Schöne in heißem Schrecken. »Vielleicht ist er tot?«
»Unsinn«, murmelte Frohdoof. »Das geht gar nicht. Nicht in diesem Zeitalter! Schickt ihn einstweilen in die Häuser der Heizung! Da wird er schon auftauen.«
Awon schulterte den Bewusstlosen und eilte von dannen, und Frohdoof rief ihr hinterher: »Schön, dass du nackt bist!«
Viertes Kapitel:
Die Häuser der Heizung
In den Häusern der Heizung wurde der Fremde gebettet auf einer blumenumrankten Holzpritsche; und Marathorn wurde herbeigerufen, der als der geschickteste galt im Ausrichten der Heizkörper. Nicht lang herauf begann der Dauerläufer sein mühevolles Werk und trank unterdessen eine Tasse Kaiserkressen-Tee.
Alsbald war der Raum erfüllt von einer unnatürlichen Schwüle, und die Luft wurde stickig von ihr, sodass sich alle Anwesenden fühlten, als wären sie in eine moderige Höhle hinabgestiegen, wo muffelnde Ausdünstungen von einer seit langem gärenden Fäulnis kündeten.
Der Bote aus einer fremdem Welt begann sich zu regen, und nach einer kleinen Weile wisperte er leise Gestöhntes; und obgleich sein Flüstern eher einem fiebrigen Murmeln glich, zerrte Ganzhalb den Brabbelnden sogleich vorsichtig von der Pritsche und schleppte ihn, sorgfältig über die Schulter geschmissen, vor Frohdoofs Thron.
Dorthin waren inzwischen die Edelsten aller Ratgeber geeilt: Allround der Halb-Alberne und Gard Ariel die Verruchte Betörende saßen gemütlich auf scharfkantigen Steinhöckerchen und schrammten sich bei der Gelegenheit die Kniekehlen auf, alldieweil sie an goldfarbigen Kuchenstücken knabberten. Marathorn der Dauerläufer war dem Weißen Zauberer schon vorausgeeilt, wobei er an einer scharfen Gangbiegung versehentlich sein Schwert zerknickt hatte. Nun schnaufte er schwer atmend in einer Ecke. Pymli der Lendhenzwerg und Legospass der Wald-Alberne liebkosten einander im Schatten der Statue eines Halblegendären. Macho und Pipifax die Döskoppe schleppten einen girlandengeschmückten Eisenschemel herbei, auf den behutsam der Bote fallengelassen wurde. Da es sich um einen Stuhl
Weitere Kostenlose Bücher