Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
auf der Rückseite waren: Kletterhilfen, die man sich um die Hände schnallen konnte. Ich steckte Dolche und Handarmbrust ein.
»Angst zu haben hilft mir nur nichts, denn es wird den, der mich umbringen will, nicht abhalten. Aber Angst macht einen aufmerksam, und das ist gut«, fuhr ich fort.
Der Mann hatte zudem noch vier Glasphiolen in Lederröhrchen dabei. Und verschiedene andere Dinge. Anders als der Schüler hatte dieser Mörder eine Tätowierung auf dem linken Schulterblatt, die Umrisse eines Falken. Er trug keine Ringe an den Fingern oder sonst etwas, was ein Erkennungsmerkmal sein konnte. Wahrscheinlich verwendeten sie Gesten, um sich untereinander zu erkennen, das gab es oft. Dieser Mann trug auch kein Schwert. Die Nachtfalkenfrau in der Kanalisation hatte eines getragen. Ich studierte das Gesicht des Toten. Viel älter als der Schüler war er nicht, aber Natalyia hatte trotzdem recht: Das Gesicht dieses Mannes war härter, als es in seinem Alter sein sollte. Ich dachte an die harten Züge von Sarak zurück und daran, wie ich selbst auf Serafines Zeichnung aussah. Den Tod zu bringen hinterließ seine Spuren.
»Ich saß vor der Tür der Küche und hielt Wache«, sagte Taruk. »Ich weiß jetzt, dass das nicht sonderlich sinnvoll ist. Aber ich habe Euch in der Küche gehört.«
Ja, diese Lüftungsöffnungen. Wahrscheinlich konnte man uns jetzt gerade auch im ganzen Haus hören. »Keiner von euch zeigt seine Angst. Und Eure Frauen … sie beunruhigen mich.«
»Es sind nicht meine Frauen«, korrigierte ich ihn.
Er nickte. »Sie beunruhigen mich trotzdem. Vor allem die Katzenfrau.« Zuerst dachte ich, er meinte Zokora, aber er hatte sie ja noch gar nicht kennengelernt, also musste er von Natalyia sprechen.
»Sie tötet, als ob es ein Sport wäre«, erläuterte er, als er die Beine des Mannes ergriff.
Ich berührte Seelenreißer und erkannte, dass niemand in der Nähe war. Ich hob den Toten unter den Schultern an. Es war nicht zu erkennen, wie der Nachtfalke gestorben war. Wahrscheinlich überraschend. »Das glaube ich nicht«, widersprach ich. »Ich glaube, sie macht sich mehr Gedanken darum als ich.«
»Denkt Ihr oft an die, die Ihr erschlagen habt, Esseri? Ich habe in meinem Leben zwei getötet, und ich kann sie nicht vergessen.«
Nein, an die, die ich erschlagen hatte, dachte ich selten. Manchmal vielleicht. Sarak würde ich so schnell nicht vergessen, obwohl ich nicht Werkzeug seines Todes gewesen war. Ich dachte viel öfter an die zurück, die für mich gestorben waren. Das waren die Gesichter, die mich in meinen Träumen plagten. »Nein«, antwortete ich Taruk. »Ich habe andere Geister.«
Anschließend gingen wir hoch, um den Jüngling zu holen, der in meinem Zimmer lag, aber er war nicht mehr da. Ich sah mich sorgsam um und nutzte auch Seelenreißers Wahrnehmung. Niemand. Im Hof lag auch keiner mehr. Taruk und ich tauschten einen Blick aus und eilten hinunter in den Raum, in den wir eben den anderen Nachtfalken gebracht hatten. Er war ebenfalls nicht mehr da.
Taruk sah sich beunruhigt um, und auch ich lauschte und strengte meine Sinne an – auch die Seelenreißers –, aber nur in der Küche herrschte Leben. Taruk und ich untersuchten zusammen jede Tür und jeden Fensterladen. Alles war fest verschlossen. Wir gingen zur Küche zurück.
»Habt ihr sie weggebracht?«, fragte Leandra, als wir hereinkamen.
»Das brauchten wir nicht mehr zu tun«, sagte ich. »Sie holen ihre Toten selbst ab.« Ich schaute die anderen an. »Es ist alles verschlossen. Es gibt keine denkbare Möglichkeit, wie sie hereinkommen können. Ich verstehe das nicht.«
»Was gibt es da nicht zu verstehen?«, fragte Natalyia. »Es ist ein großes Haus. Sie sind schon hier. Ihr geht in einen Raum, sie sind in einem anderen. Ihr überprüft einen Fensterladen, er ist sicher, weil er von innen verschlossen wurde. Ihr überprüft eine Tür, eine andere öffnet sich, um weitere hereinzulassen. Gegen einen guten Attentäter gibt es nur einen Schutz: einen besseren an Eurer Seite zu wissen. Wenn Ihr erlaubt, gehe ich jagen.«
Leandra und ich tauschten einen Blick. »Ich fühle mich feige«, sagte sie und sprach aus, was ich ebenfalls dachte.
»Habt Ihr Angst vor den Mächten der Magie?«, fragte Natalyia. Leandra zögerte kurz und schüttelte dann den Kopf.
»Ich schon«, sagte Natalyia und stand auf. »Aber Magie ist Euer Handwerk, meines ist der Tod.«
Sie trat durch die Tür und schloss sie. Taruk, der nun auch in der
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