Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)

Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)

Titel: Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
Vom Netzwerk:
vier.«
    »Eine frühe Taufe, in der Tat.« Der Priester lachte leise. »Manche Wege beginnen seltsam«, sagte er. »Seht ihr Gesicht. Habt Ihr es jemals so strahlend gesehen?«
    Nein, noch nie. Es war, als ob sich jegliches Gewicht von Natalyias Schultern gelöst hätte. Sie sah unschuldig aus. Sie war es ja auch, denn vor der Taufe hatte sie unserem Glauben nach nicht zwischen Licht und Schatten unterscheiden können.
    Auf einmal wirkte sie unglaublich jung, fast wie ein Kind, als hätte die Taufe die Spuren ihres Lebens von ihrem Gesicht gewischt. Meine Sicht verschwamm, ich hatte wohl etwas im Auge.
    Noch nie war Natalyia schöner als in diesem Moment, und dann fand ihr Blick mich und sie lächelte, ein offenes, freies Lächeln, das ich nie zuvor bei ihr gesehen hatte. Es brach mir das Herz, also schaute ich zur Seite, wo der Priester stand. Ich musste ihm schon einmal begegnet sein, denn er kam mir bekannt vor.
    »Sie ist froh«, sagte ich.
    »Sie hat Soltar in ihr Herz eingeladen, mit einem Gebet, das Er nicht überhören konnte. Selten habe ich einen Glauben gesehen, der so rein und klar ist wie ihrer. Manche Menschen nehmen Ihn mit Leichtigkeit in ihr Herz auf«, sagte der Priester mit einem feinen Lächeln. »Bei anderen denke ich manchmal, man müsste ihnen einen Tritt geben.« Ohne den Blick von ihr abzuwenden, sprach er weiter. »Braucht Ihr oft einen Tritt von Ihm?«
    »Nein«, sagte ich bestimmt. »Ich konnte schon als Kind zwischen Recht und Unrecht unterscheiden.«
    »Ihr braucht also keine Führung?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es gibt Dinge, die man tun muss, und solche, die man kann. Ich tue das, was ich tun muss. Soltars Führung ist mir nicht willkommen.«
    »Liegt Ihr im Zwist mit Ihm?« Er schien wirklich bedrückt von dem Gedanken.
    »Er lässt die Menschen sterben. Er nimmt solche, die niemandem etwas tun, und gewährt Mördern ein langes Leben. Er ist nicht gerecht.«
    »Er richtet nicht. Er weist nur den Pfad zwischen Licht und Dunkelheit. Der Mensch kann wählen, wie er geht. Boron richtet, Soltar nicht.«
    Ich dachte an alle die, die ich geliebt hatte, die ich gekannt und geehrt hatte – und die alle in sein Reich eingegangen waren. Es waren gute Männer und Frauen darunter, auch solche, für die ich gestorben wäre. Aber ich starb nicht. Sie starben. Ein Bild entstand vor meinem geistigen Auge, von einem fernen Pass, verstopft mit einem Berg von Leichen. Ich sah, wie ich mich blutend und mit fahlem Stahl aus diesem Berg befreite und erkannte, dass der Feind nicht mehr zugegen war. Wir waren gestorben, während ein feiger Graf seine Rüstung polieren ließ …
    »So sinnlos«, sagte ich. »So ein sinnloses Sterben …«
    »Sie haben sich dafür entschieden, haben ihren Weg gewählt. Könnt Ihr das nicht respektieren?«
    »Niemand entscheidet sich zu sterben.«
    Ich sah wieder zurück zu Natalyia, sie schien auf einmal traurig. Trauer. Das war der Grund, weshalb ich Soltars Tempel mied. Es machte mich traurig, an all die zu denken, die ich geliebt und verloren hatte.
    »Was ist Trauer anderes als Liebe?«, fragte der Priester. »Vergesst nicht: All diese Seelen, die Ihr kanntet, leben. Einige von ihnen schon ein zweites oder drittes Mal, seitdem Ihr sie getroffen habt. Würdet Ihr sie denn erkennen?«
    »Man sagt, man erkennt sie wieder. Ich habe noch keinen getroffen.«
    »Seid Ihr sicher? Dem Auge nach ähneln sie sich selten. Aber was ist mit der Sicht der Seele? Habt Ihr noch niemals jemanden getroffen, den Ihr liebt, obwohl Ihr sie oder ihn nicht kennt?«
    »Ich liebe nicht mehr. Nur noch, wenn ich kann und muss.« Leandra hatte Elfenblut in ihren Adern. Wenn sie ihre Mission überstand, dann hatte sie noch Jahrhunderte vor sich. Sie unterlag nicht dem Gebot des Todes. Bevor Soltar sie nahm, würde er mich nehmen müssen.
    »So verwahrt Ihr Euch dagegen? Warum?«
    »Alle, die ich geliebt habe, sind Soltar zum Opfer gefallen«, sagte ich rau.
    »Ihm?« Der Priester schien nun fast verärgert. »Meint Ihr, es bereitet Ihm Freude, die zu nehmen, die ein reines Herz haben? Denkt Ihr wirklich, Er geht unter die Menschen und entscheidet, du kommst und du bleibst? Was wäre das für ein Gott, der solche Willkür übt?«
    »Ihr sagt selbst, er ist nicht gerecht.«
    »Ihr hört nicht zu! Er richtet nicht. Aber Er ist gerecht. Er versucht es zu sein.«
    »Götter sollten tun können und nicht versuchen müssen.«
    »Er nimmt, was kommt. Havald, das Leben ist das Bollwerk gegen die

Weitere Kostenlose Bücher