Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
wirklich auf sich habe. Schließlich holte er aus Bilbo die Wahrheit heraus, nach vielem Fragen, das ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellte; aber der Zauberer schien die Wahrheit nun mal für wichtig zu halten. Obwohl er zu Bilbo nichts davon sagte, fand er es auch merkwürdig und bedenklich, dass der gute Hobbit nicht gleich damit herausgerückt war – ganz gegen seine Gewohnheit. Die Ausrede von dem »Geschenk« war ja auch eine Erfindung, die einem Hobbit nicht ähnlich sah. Bilbo war erst darauf gekommen, wie er bekannte, als er Gollums Selbstgespräch belauschte; denn Gollumhatte den Ring ja mehrmals als sein »Geburtstagsgeschenk« bezeichnet. Auch das erschien Gandalf sonderbar und verdächtig; aber die Wahrheit in dieser Sache sollte ihm noch viele Jahre verborgen bleiben, wie wir in diesem Buch sehen werden.
Von Bilbos späteren Abenteuern ist hier nicht viel zu sagen. Dank des Rings kam er durch die Orkwachen am Tor und stieß wieder zu seinen Gefährten. Während der Fahrt gebrauchte er den Ring viele Male, meistens, um seinen Freunden zu helfen; aber solange es ging, hielt er ihn vor ihnen verborgen. Nach seiner Heimkehr sprach er über ihn nur mit Gandalf und Frodo; sonst wusste im Auenland niemand, dass es den Ring überhaupt gab – oder zumindest glaubte er das. Nur Frodo zeigte er den Bericht über seine Fahrt, an dem er schrieb.
Sein Schwert Stich hängte Bilbo über dem Kamin auf, und sein herrliches Kettenhemd aus dem Drachenhort, das ihm die Zwerge geschenkt hatten, überließ er als Leihgabe einem Museum, nämlich dem Mathom-Haus in Michelbinge. Den alten Kapuzenmantel aber, den er auf seinen Reisen getragen hatte, verwahrte er in Beutelsend in einer Schublade; und der Ring blieb, an einem Kettchen befestigt, in seiner Hosentasche.
Als er am 22. Juni (1342 A. Z.) nach Beutelsend heimkehrte, war er im zweiundfünfzigsten Lebensjahr, und dann geschah im Auenland nichts allzu Bemerkenswertes, bis Herr Beutlin sich an die Vorbereitungen zur Feier seines hundertundelften Geburtstags machte (1401 A. Z.). Und hier beginnt unsere Geschichte.
ANMERKUNG ZU DEN
AUENLÄNDISCHEN
GESCHICHTSBÜCHERN
D er Anteil der Hobbits an den großen Ereignissen am Ende des Dritten Zeitalters, die zur Aufnahme des Auenlands in das wieder vereinigte Königreich führten, weckten unter ihnen ein breiteres Interesse an der eigenen Geschichte; und vieles, was bis dahin in der Hauptsache mündlich überliefert worden war, wurde nun niedergeschrieben und gesammelt. In den bedeutenderen Familien interessierte man sich auch für die Ereignisse in anderen Ländern des Königreichs, und viele ihrer Angehörigen studierten die Sagen und Berichte aus alter Zeit. Als das erste Jahrhundert des Vierten Zeitalters zu Ende ging, gab es im Auenland schon mehrere Bibliotheken, die viele historische Werke und Urkunden besaßen.
Die größten Sammlungen dieser Art befanden sich wohl in Untertürmen, in den Groß-Smials und im Brandygut. Der folgende Bericht vom Ende des Dritten Zeitalters stützt sich in der Hauptsache auf das Rote Buch der Westmark. Es ist unsere wichtigste Quelle zur Geschichte des Ringkrieges und wurde so genannt, weil es lange in Untertürmen im Haus der Schönkinds, der Verweser der Westmark, aufbewahrt wurde. 3 Ursprünglich war es Bilbos persönliches Tagebuch, das er nach Bruchtal mitnahm. Frodo brachte es wieder ins Auenland, zusammen mit vielen Notizen auf losen Blättern, und im Jahre 1420/21 A. Z. füllte er fast alle Seiten mit seinem Bericht über den Krieg. Diesem Band angefügt und mit ihm zusammen aufbewahrt, vermutlich in einem roten Karton, wurden die drei großen, in rotes Leder gebundenen Bücher, die Bilbo ihm als Abschiedsgeschenk mit auf den Weg gab. Zu diesen vier Bänden kam in der Westmark noch ein fünfter mit Ahnentafeln, Erläuterungenund sonstigen Angaben hinzu, soweit sie die an der Fahrt mit dem Ring beteiligten Hobbits betraf.
Die Urhandschrift des Roten Buchs ist nicht erhalten, aber für die Nachkommen von Meister Samweis’ Kindern wurden viele Abschriften angefertigt, besonders vom ersten Band. Die wichtigste Abschrift jedoch hat eine andere Geschichte. Sie wurde in den Groß-Smials aufbewahrt, war aber in Gondor geschrieben, wahrscheinlich im Auftrag eines Urenkels von Peregrin Tuk, und im Jahre 1592 A. Z. (Viertes Zeitalter 172) fertiggestellt worden. Der südländische Schreiber fügte den folgenden Vermerk bei: »Findegil, Schreiber des Königs, schloss diese Arbeit im
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