Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Tolkien im englischen Original selbst die Anredeformen varriiert (»Sir«, »Mr«), bleibt in der Übersetzung selbstverständlich neben »Master« auch »Herr« bestehen. 3. Einige wenige Namen und Ortsnamen wurden nach den neuesten Erkenntnissen der Tolkienforschung angeglichen, wie auch Übersetzungsfehler berichtigt.
Berlin / Stuttgart Juli 2012, Lisa Kuppler, Stephan Askani
ERSTES BUCH
ERSTES KAPITEL
EIN LANGERWARTETES FEST
A ls Herr Bilbo Beutlin von Beutelsend ankündigte, dass er seinen bevorstehenden einundelfzigsten Geburtstag mit einem rauschenden Fest zu feiern gedenke, begann in Hobbingen ein erregtes Getuschel.
Bilbo war sehr reich und sehr eigensinnig, und seit seinem auffälligen Verschwinden und seiner unerwarteten Rückkehr vor sechzig Jahren hatte man im Auenland nicht aufgehört, sich über ihn zu wundern. Um die Reichtümer, die er von seinen Reisen mitgebracht hatte, war längst eine Ortslegende entstanden: Was auch die älteren Leute dazu sagen mochten, die Jüngeren glaubten zu wissen, dass der Bühl von Beutelsend voller Stollen war, in denen Schätze gespeichert lagen. Und als ob der Gerüchte noch nicht genug wären, gab auch seine gar nicht altersgemäße Jugendfrische einigen Grund zur Verwunderung. Die Jahre vergingen, aber Herrn Beutlin schienen sie nichts anhaben zu können. Als er neunundneunzig war, fing man an, davon zu reden, dass er sich »gut gehalten« habe; doch wäre die Feststellung, dass er sich überhaupt nicht verändert hatte, der Wahrheit näher gekommen. Manche meinten kopfschüttelnd, dies alles sei wohl ein bisschen zuviel des Guten; irgendwie war es ungerecht, dass jemand, der sich schon einer (dem Augenschein nach) ewigen Jugend erfreute, auch noch ein (dem Vernehmen nach) unerschöpfliches Vermögen besaß.
»Irgendwann wird er dafür bezahlen müssen«, sagten sie. »Das ist nicht natürlich und wird noch übel ausgehen!«
Aber einstweilen ging es nicht übel aus; und weil Herr Beutlin mit seinem Geld nicht knauserte, waren die meisten Leute geneigt, ihm seine Eigenheiten und sein unverdientes Glück nachzusehen. Der Verkehr mit seinen Verwandten (die Sackheim-Beutlins natürlich ausgenommen) riss nicht ganz ab, und unter den Hobbits aus den ärmeren und nicht so angesehenen Familien hatte er viele treue Bewunderer. Aber echte Freunde gewann er erst wieder, als manche von seinen jüngeren Vettern allmählich erwachsen wurden.
Von diesen der älteste und Bilbo der liebste war der junge Frodo Beutlin. Als Bilbo neunundneunzig war, adoptierte er Frodo, setzte ihn zum Erben ein und holte ihn zu sich nach Beutelsend; alle Hoffnungen der Sackheim-Beutlins wurden damit endgültig zunichte. Zufällig hatten Bilbo und Frodo beide am 22. September Geburtstag. »Frodo, mein Junge«, sagte Bilbo eines Tages, »komm doch lieber und wohne bei mir; dann können wir unseren Geburtstag immer schön zusammen feiern.« Damals war Frodo noch in den »Zwiens«, wie die Hobbits das unreife Alter zwischen der Kindheit und dem Mündigwerden mit dreiunddreißig nannten.
Zwölf weitere Jahre waren vergangen. Jedes Mal hatten die beiden Beutlins am 22. September einen sehr munteren Doppelgeburtstag gefeiert; aber für diesen Herbst nun, so hörte man, bereiteten sie etwas ganz Außerordentliches vor. Bilbo wurde schließlich einundelfzig, 111, keine Zahl wie alle andern und ein sehr ansehnliches Alter für einen Hobbit (selbst der Alte Tuk war nur 130 geworden); und auch die dreiunddreißig, 33, die Frodo erreichte, war eine besondere Zahl, denn damit wurde er »mündig«.
In Hobbingen und Wasserau zerriss man sich die Mäuler, und das Gerücht von dem bevorstehenden Ereignis machte im ganzen Auenland die Runde. Herrn Bilbo Beutlins Lebensgeschichte und Charakter wurden wieder einmal zum Hauptgesprächsthema, und die Älteren fanden für ihre Erinnerungen dankbare Zuhörer.
Und niemand hatte dankbarere als der alte Ham Gamdschie, der bei den meisten nur der Ohm hieß. Ihm lauschte man im Efeubusch, einem kleinen Wirtshaus an der Straße nach Wasserau, und was er sagte, hatte Gewicht, denn seit vierzig Jahren war er der Gärtner in Beutelsend, und schon vorher hatte er dem alten Holman bei derselben Arbeit geholfen. Jetzt, wo er selbst alt wurde und schon ein bisschen steif in den Gelenken, erledigte das meiste sein jüngster Sohn Sam. Beide Gamdschies, Vater und Sohn, standen sich sehr gut mit Bilbo und Frodo. Sie wohnten auch auf dem Bühl, Beutelhaldenweg Nummer 3, etwas
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