Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
dem man nicht fehlgehen kann.«
»Aber das Ostufer ist in Feindeshand«, wandte Boromir ein. »Und selbst wenn du das Tor der Argonath passierst und unbehelligt die Zinnenfels-Insel erreichst, was willst du dann tun? Die Fälle hinunterspringen und in den Sümpfen landen?«
»Nein«, sagte Aragorn, »sondern die Boote auf dem alten Weg zum Fuß der Wasserfälle hinuntertragen und dann wieder wassern. Kennst du denn nicht, Boromir, oder vergisst du absichtlich die Nordtreppe und den Hochsitz auf dem Amon Hen, die in den Tagen der großen Könige angelegt wurden? Ich zumindest gedenke, von diesem hohen Platz Ausschau zu halten, ehe ich über meinen weiteren Weg entscheide. Vielleicht sehen wir dort ein Zeichen, das uns leiten kann.«
Boromir sprach noch lange gegen diesen Entschluss, gab aber nach, als deutlich wurde, dass Frodo auf jeden Fall mit Aragorn gehen würde. »Es ist nicht die Art der Menschen von Minas Tirith, ihre Freunde in der Not allein zu lassen«, sagte er, »und ihr werdet mich noch brauchen, wenn ihr je den Zinnenfels erreichen wollt. Bis zu der hohen Insel komme ich mit, aber nicht weiter. Von dort gehe ich heimwärts, zur Not allein, wenn meine Hilfe den Lohn nicht verdient hat, dass mich jemand begleitet.«
Es war nun Tag, und der Nebel hatte sich ein wenig gelichtet. Sie beschlossen, dass Aragorn und Legolas gleich das Ufer absuchen sollten, während die anderen bei den Booten blieben. Aragorn hoffte, einen Pfad zu finden, auf dem sie die Boote und das Gepäck zum ruhigeren Wasser unterhalb der Stromschnellen tragen konnten.
»Die Elbenboote würden vielleicht nicht sinken«, sagte er, »aber das heißt noch nicht, dass wir lebendig durch die Sarn Gebir kämen. Niemandem ist das je gelungen. Die Menschen von Gondor haben in diesem Gebiet keine Straße gebaut, denn selbst in ihren großen Zeiten erstreckte sich ihr Reich den Anduin hinauf nur bis zu den Emyn Muil; aber irgendwo am Westufer gibt es einen Tragweg, den ich zu finden hoffe. Er kann noch nicht verfallen sein, denn früher fuhren oft leichte Boote aus Wilderland nach Osgiliath hinunter, bis vor wenigen Jahren, als die Orks aus Mordor hier zahlreicher wurden.«
»Zu meinen Lebzeiten ist nur selten ein Boot von Norden gekommen, und auf dem Ostufer streifen die Orks herum«, sagte Boromir. »Wenn du hier weitergehst, wächst die Gefahr mit jeder Meile, selbst wenn du den Pfad findest.«
»Gefahr lauert an jedem Weg nach Süden«, antwortete Aragorn. »Wartet hier einen Tag auf uns. Wenn wir in dieser Zeit nicht zurückkommen, wisst ihr, dass uns etwas Schlimmes zugestoßen ist. Dann wählt ihr euch einen neuen Führer und folgt ihm, so gut es geht.«
Schweren Herzens sah Frodo, wie Aragorn und Legolas die steile Böschung hinaufstiegen und im Nebel verschwanden; doch seine Befürchtungen erwiesen sich als grundlos. Erst zwei, drei Stunden waren vergangen, und es war noch kaum Mittag, als die schattenhaften Gestalten der beiden Kundschafter wieder auftauchten.
»Alles steht zum Besten!«, sagte Aragorn, die Böschung herabkletternd. »Es gibt einen Pfad, und er führt zu einem guten Anlegeplatz, der noch brauchbar ist. Es ist nicht weit. Die Stromschnellen fangen eine halbe Meile von hier an und sind nur etwas über eine Meile lang. Nicht weit dahinter wird das Wasser wieder ruhig undglatt, wenn auch mit starker Strömung. Das Schwierigste wird sein, die Boote und das Gepäck erst einmal auf den alten Tragweg zu bringen. Wir haben ihn gefunden, aber er führt ein Stück weit ab vom Wasser und verläuft im Schutz einer Felswand, etwas über eine Achtelmeile vom Ufer. Den nördlichen Anlegeplatz haben wir nicht gefunden. Wenn er noch erhalten ist, müssen wir gestern Nacht dran vorbeigefahren sein. Wenn wir uns jetzt stromaufwärts quälten, würden wir ihn in dem Nebel vielleicht doch verfehlen. Ich fürchte, wir müssen jetzt vom Fluss weg und zusehen, dass wir irgendwie zu dem Tragweg kommen.«
»Das wäre nicht leicht, selbst wenn wir alle Menschen wären«, sagte Boromir.
»So wie wir nun mal sind, werden wir’s versuchen«, sagte Aragorn. »Ja, das werden wir!«, sagte Gimli. »Einen Menschen wollen die
Beine auf schwierigen Wegen nicht mehr tragen, während der Zwerg immer noch weitergeht, und wenn er auch eine Last trägt, die zweimal so schwer ist wie er selbst, Herr Boromir.«
Es war tatsächlich schwierig, aber am Ende schafften sie es doch. Alles Gepäck wurde aus den Booten auf die Uferböschung gebracht, wo es
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