Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
Vom Netzwerk:
Waffen griffbereit!«
    Sam beklopfte sein Schwertheft, als wollte er etwas an den Fingern abzählen, und schaute zum Himmel auf. »Ganz eigenartig«, brummte er. »Der Mond ist doch hier derselbe wie im Auenland, oder müsste’s jedenfalls sein. Aber entweder ist er von seiner Bahn abgekommen, oder ich kann nicht rechnen. Du erinnerst dich, Master, als wir auf dem Flett in dem Baum lagen, war der Mond im Abnehmen, etwa eine Woche vor Neumond, würd ich schätzen. Und gestern Abend waren wir grad eine Woche unterwegs, und da geht ein Neumond auf, dünn wie eine Fingernagelsichel, als ob gar keine Zeit vergangen wäre, solange wir bei den Elben waren.
    Jedenfalls, an drei Nächte dort kann ich mich genau erinnern, und es waren wohl auch noch einige mehr, aber ich könnte schwören, dass es niemals ein ganzer Monat gewesen sein kann. Man sollte meinen, die Zeit lässt sich dort überhaupt nicht messen.«
    »Und vielleicht war das tatsächlich so«, sagte Frodo. »Dort waren wir vielleicht in einer Zeit, die anderswo längst vergangen ist. Ich glaube, erst als uns der Silberlauf in den Anduin getragen hat, sind wir in die Zeit zurückgekehrt, die durchs Land der Sterblichen ins Große Meer fließt. Und ich kann mich nicht erinnern, in Caras Galadhon irgendeinen Mond gesehen zu haben, ob zu- oder abnehmend: nur die Sterne bei Nacht und die Sonne bei Tag.«
    Legolas rührte sich in seinem Boot. »Nein, die Zeit steht nicht still«, sagte er, »doch Wandel und Wachstum sind nicht in allen Dingen und an allen Orten gleich. Für die Elben ist die Welt in Fluss, in sehr schnellem und sehr langsamem Fluss zugleich. Schnell, weil sie selbst sich kaum wandeln und alles andere vorüberfließt, sehr zu ihrem Leidwesen. Langsam, weil sie die flüchtigenJahre nicht zählen, wenigstens nicht für ihr eigenes Leben. Die Jahreszeiten, die vergehen und wiederkehren, sind nur ein Gekräusel auf dem langen, langen Fluss. Doch alles unter der Sonne muss am Ende vergehen.«
    »Aber in Lórien vergeht es langsamer«, sagte Frodo. »Die Macht der hohen Frau ruht auf dem Land. Voll sind die Stunden, so kurz sie auch scheinen, in Caras Galadhon, wo Galadriel mit dem Elbenring wirkt.«
    »Das hätte außerhalb Lóriens nicht gesagt werden dürfen, nicht mal zu mir«, sagte Aragorn. »Sprich nicht mehr davon! Aber so ist es, Sam: In diesem Land bist du aus der Zeitrechnung gekommen. Die Zeit floss an uns so schnell vorüber wie an den Elben. Der alte Mond verging, und der neue nahm zu und nahm ab, während wir dort blieben. Und gestern Abend ist wieder ein neuer Mond aufgegangen. Der Winter ist fast vorüber. Die Zeit fließt weiter, in einen Frühling mit wenig Hoffnung.«
    Der Rest der Nacht verging ruhig. Keine Stimmen oder Laute waren übers Wasser zu hören. Zusammengekauert in ihren Booten, spürten die Reisenden, wie das Wetter umschlug. Unter den dicken, feuchten Wolken, die von Süden und vom fernen Meer herangetrieben waren, wurde es warm und windstill. Das Rauschen des Flusses schien lauter zu werden und näher zu rücken. Von den Zweigen der Bäume über ihnen begann es zu tröpfeln.
    Als es Tag wurde, schien die Welt um sie herum in leiser Trauer versunken zu sein. Langsam wuchs sich die Dämmerung zu einem blassen Streulicht aus, in dem die Dinge keinen Schatten warfen. Dunst lag über dem Strom, und dichter Nebel verbarg das andere Ufer.
    »Nebel kann ich nicht ausstehn«, sagte Sam, »aber dieser kommt uns wohl gelegen. Nun können wir vielleicht verschwinden, ohne dass diese verdammten Wichte uns sehen.«
    »Vielleicht«, sagte Aragorn. »Aber es wird schwer sein, den Fußpfad zu finden, wenn sich der Nebel nicht bald lichtet. Und denPfad müssen wir finden, wenn wir an den Sarn Gebir vorüber und in die Emyn Muil kommen wollen.«
    »Ich seh nicht ein, warum wir die Schnellen passieren und weiter am Fluss bleiben müssen«, sagte Boromir. »Wenn die Emyn Muil schon vor uns liegen, können wir auf diese Nussschalen verzichten und nach Südwesten gehen, bis wir über die Entwasser in mein Land kommen.«
    »Das könnten wir, wenn wir nach Minas Tirith wollen«, sagte Aragorn, »doch das ist noch nicht ausgemacht. Und dieser Weg kann gefährlicher sein, als es sich jetzt anhört. Das Tal der Entwasser ist flach und sumpfig, und der Nebel dort ist lebensgefährlich für jeden, der zu Fuß und mit einer Traglast unterwegs ist. Ich möchte mich von den Booten nicht trennen, solange es nicht sein muss. Der Strom ist immerhin ein Weg, auf

Weitere Kostenlose Bücher