Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
1918 waren alle meine guten Freunde tot, bis auf einen. Oder, um ein weniger trauriges Thema anzuschneiden: manche haben angenommen, das Kapitel über die »Säuberung des Auenlandes« spiegle die Situation in England zu der Zeit wider, als ich die Erzählung beendete. Das stimmt nicht. Das Kapitel war ein von Anfang an vorgesehener wesentlicher Teil des Handlungsplans. Allerdings veränderte es sich mit Rücksicht auf die Figur Sarumans, so wie sie sich im Fortgang der Geschichte entwickelte, ohne dass – muss ich es eigens sagen? – irgendeine allegorische Bedeutung oder ein aktueller politischer Bezug hinzukam. Dennoch ist es in gewissen Erfahrungen begründet, wenn auch nur entfernt ähnlichen (denn die wirtschaftliche Lage war eine ganz andere) und viel weiter zurückliegenden. Die Gegend, in der ich meine Kindheit verbracht hatte, wurde verwüstet, bevor ich zehn war, zu einer Zeit, als Automobile eine Seltenheit waren (ich hatte nie eines gesehen) und als man noch Vorortbahnen baute. Vor kurzem sah ich in einer Zeitung ein Bild, das die alte, einst florierende Mühle des Ortes im letzten Stadium der Baufälligkeit zeigte, neben dem Mühlteich, der mir vor langer Zeit so viel bedeutet hatte. Den jungen Müller hatte ich nie gemocht, aber sein Vater, der alte Müller, hatte einen schwarzen Bart, und er hieß nicht Sandigmann.
Diese neue Ausgabe des Herrn der Ringe enthält den vollständigen Text der neu durchgesehenen Auflage von 1966.
J. R. R. T.
PROLOG
1
ÜBER HOBBITS
D ieses Buch handelt zum großen Teil von Hobbits, und der Leser erfährt daraus viel über ihre Wesensart und ein wenig auch über ihre Geschichte. Weitere Angaben sind in dem Auszug aus dem Roten Buch der Westmark zu finden, der schon unter dem Titel Der Hobbit veröffentlicht wurde. Diese Erzählung gab die ersten Kapitel des Roten Buches wieder, die Bilbo selbst verfasst hatte, der erste Hobbit, der in aller Welt berühmt wurde. Er nannte das Buch Hin und Zurück, weil es von seiner Fahrt in den Osten und seiner Rückkehr handelte, einem Abenteuer, durch das später alle Hobbits in die hier zu berichtenden großen Ereignisse jenes Zeitalters verwickelt wurden.
Viele Leser werden aber gleich zu Beginn noch mehr über dieses bemerkenswerte Volk wissen wollen, zumal manche vielleicht das frühere Buch gar nicht besitzen. Für sie seien hier einige wichtigere Erkenntnisse der Hobbitkunde zusammengestellt und das erste Abenteuer kurz wiedergegeben.
Die Hobbits sind ein unscheinbares, aber sehr altes Volk, das früher zahlreicher war als heute; denn sie schätzen Ruhe und Frieden und den wohlbestellten Boden: Sie wohnten am liebsten in kleinen Gemeinden zwischen Äckern und Weidegründen. Kompliziertere Maschinen als Blasebalg, Wassermühle oder Handwebstuhl verstehen und mögen sie auch heute noch nicht; doch mit Werkzeugen konnten sie geschickt umgehen. Schon in alten Zeiten waren sie imAllgemeinen scheu gegen die »Großen«, wie sie uns nennen, und heute gehen sie uns ängstlich aus dem Wege und sind immer schwerer zu finden. Sie haben ein feines Gehör und scharfe Augen, und obwohl sie zur Rundlichkeit neigen und nicht gern etwas übereilen, können sie sich, wenn nötig, sehr fix und flink bewegen. Von jeher beherrschen sie die Kunst, rasch und geräuschlos zu verschwinden, wenn große Leute, denen sie nicht begegnen wollen, dahergepoltert kommen; und diese Fähigkeit haben sie so sehr verfeinert, dass sie uns Menschen wie Hexerei erscheint. Tatsächlich aber haben sich die Hobbits nie mit irgendeiner Art von Magie abgegeben, und dass sie sich scheinbar in Luft auflösen können, beruht allein auf ihrer Verbundenheit mit der Erde, und ihrer ererbten und sorgfältig eingeübten Fertigkeit, die für größere und plumpere Völker unnachahmlich ist.
Denn sie sind ein kleinwüchsiges Volk, kleiner noch als Zwerge, zumindest weniger stark und stämmig, wenn auch nahezu gleich groß, zwischen zwei und vier Fuß nach unseren Maßen. Drei Fuß erreichen sie heute nur noch selten; aber sie sagen, sie seien geschrumpft und in alten Zeiten größer gewesen. Bandobras Tuk, genannt der Bullenrassler, der Sohn von Isumbras des Dritten, soll nach dem Roten Buch vier Fuß und fünf Zoll gemessen haben; er konnte sogar ein Pferd reiten. In den Urkunden der Hobbits sind nur zwei namhafte Gestalten der Vergangenheit vermerkt, die ihn überragten; doch von dieser seltsamen Angelegenheit soll in diesem Buch noch die Rede sein.
Was die Hobbits aus dem
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