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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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Doch was dem Ring den Weg zu meinem Herzen öffnen könnte, ist das Mitleid, das Mitleid mit den Schwachen und das Verlangen nach der Kraft, Gutes zu tun. Darum versuche mich nicht! Ich wage nicht, ihn zu nehmen, nicht einmal, um ihn unbenutzt zu verwahren. Ich könnte dem Wunsch, ihn zu gebrauchen, nicht widerstehen. Und ich hätte ihn so nötig! Große Gefahren erwarten mich.«
    Er trat ans Fenster, zog die Vorhänge beiseite und öffnete die Läden. Sonnenlicht floss wieder ins Zimmer. Draußen ging Sam pfeifend auf dem Gartenweg vorüber. »Und nun«, sagte der Zauberer, sich wieder zu Frodo hinwendend, »liegt die Entscheidung bei dir. Aber ich werde dir immer beistehen.« Er legte Frodo die Hand auf die Schulter. »Ich werde dir helfen, diese Bürde zu tragen, solange du sie tragen musst. Aber wir müssen etwas tun, bald. Der Feind schläft nicht.«
    Sie schwiegen lange. Gandalf setzte sich wieder und sog an seiner Pfeife, wie in Gedanken versunken. Er schien die Augen geschlossen zu haben, doch unter den Lidern hervor beobachtete er Frodo gespannt. Frodo heftete den Blick auf die rot glühenden Scheite im Kamin, bis sie sein ganzes Gesichtsfeld ausfüllten. Ihm war, als blicke er in tiefe, feurige Brunnen hinab. Er dachte an die sagenhaften Schicksalsklüfte und den entsetzlichen Flammenberg.
    »Nun!«, sagte Gandalf endlich. »An was denkst du? Hast du einen Entschluss gefasst?«
    »Nein«, sagte Frodo. Wie aus einer Umnachtung kam er wieder zu sich und stellte mit Erstaunen fest, dass es gar nicht dunkel war und dass draußen vor dem Fenster die Sonne in den Garten schien. »Oder vielleicht doch. Wenn ich dich recht verstehe, muss ich den Ring wohl zumindest einstweilen behalten und verwahren, was immer er mir auch antut.«
    »Was immer er dir antut, wird nur langsam, sehr langsam Unheil bewirken, wenn du ihn mit diesem Vorsatz behältst«, sagte Gandalf.
    »Das hoffe ich«, sagte Frodo. »Aber ich hoffe auch, du findest bald einen besseren Hüter. Doch einstweilen, scheint mir, bin ich eine Gefahr, eine Gefahr für alle, die in meiner Nähe sind. Ich kann den Ring nicht behalten und hier bleiben. Ich müsste fort aus Beutelsend, fort aus dem Auenland und fort von allem.« Er seufzte.
    »Ich würde gern das Auenland retten, wenn ich könnte – obwohl mir seine Bewohner bisweilen dümmer und dumpfer vorgekommen sind, als mit Worten zu sagen ist, und ich fand, ein Erdbeben oder eine Dracheninvasion könnte ihnen nur gut tun. Aber jetzt seh ich das anders. Ich glaube, solange ich weiß, dass hinter mir das Auenland Ruhe und Frieden hat, werde ich das Herumirren erträglicher finden; ich weiß dann, irgendwo ist noch fester Boden, auch wenn ich selbst nicht mehr den Fuß darauf setzen kann.
    Natürlich habe ich schon manchmal daran gedacht fortzugehen; aber das habe ich mir als eine Art Ferienreise vorgestellt, mit einer Reihe von Abenteuern, wie sie Bilbo erlebt hat, oder noch schöneren, und wo am Ende wieder Frieden herrscht. Aber dies nun hieße ins Exil gehen, vor einer Gefahr in die andere flüchten, die Gefahr hinter mir herziehen. Und ich werde wohl allein gehen müssen, wenn ich wirklich das Auenland retten soll. Aber ich komme mir so klein vor, so entwurzelt, so – na ja, verloren. Der Feind ist so stark und schrecklich.«
    Er sagte es Gandalf nicht, aber während er sprach, überkam ihn ein glühender Wunsch, Bilbo zu folgen – ihm zu folgen und ihn vielleicht sogar wiederzusehen. Der Wunsch war so stark, dass er ihn sogar über die Furcht hinwegtrug. Am liebsten wäre er gleich losgerannt, ohne Hut und Mantel die Straße hinunter, wie Bilbo an einem ähnlichen Vormittag vor langer Zeit.
    »Mein lieber Frodo!«, rief Gandalf aus. »Hobbits sind doch erstaunliche Leutchen, wie ich schon öfter sagte. Da denkt man nach einem Monat schon, man kennt sie in- und auswendig, aber wenn Not am Mann ist, erlebt man nach hundert Jahren mit ihnen noch seine Überraschungen. Auf solch eine Antwort war ich nicht gefasst, nicht mal von dir. Bilbo hat wohl gewusst, wen er zum Erben einsetzt, obwohl er kaum bedacht haben kann, wie wichtig das noch sein würde. Du hast leider Recht. Im Auenland kann der Ring nicht mehr sehr lange verborgen bleiben, und zu deinem Besten und dem vieler anderer wirst du fortgehen müssen. Auch den Namen Beutlin musst du hinter dir lassen. Außerhalb des Auenlands und in der Wildnis könnte der Name sehr unvorteilhaft sein. Ich gebe dir am besten gleich jetzt einen Namen für deine

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