Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Reisevorbereitungen begonnen.
»Ich weiß. Aber beides zugleich ist schwierig«, wandte Frodo ein. »Wenn ich einfach verschwinde wie Bilbo, gibt es sofort im ganzen Auenland Gerede.«
»Natürlich darfst du nicht verschwinden«, sagte Gandalf. »Das wäre nicht gut. Ich habe gesagt bald, nicht sofort. Wenn dir etwas einfällt, wie du dich aus dem Land davonmachen kannst, ohne dass es allgemein bekannt wird, wäre das eine kleine Verzögerung wert. Aber du darfst es nicht zu lange hinausschieben.«
»Und wenn wir im Herbst aufbrechen, an oder nach unserem Geburtstag?«, sagte Frodo. »Ich denke, bis dahin könnte ich ein paar Vorkehrungen getroffen haben.«
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, nun, wo es soweit war, hatte er überhaupt keine Lust, schon aufzubrechen. Seit Jahren hatte er sich in Beutelsend nicht mehr so wohl gefühlt wie jetzt, und seinen letzten Auenlandsommer wollte er nach Kräften auskosten. Im Herbst, so wusste er, würden zumindest manche Seiten seines Gemüts, wie immer zu dieser Jahreszeit, dem Gedanken an eine Reise weniger abgeneigt sein. Im Stillen war er fest entschlossen, an seinem fünfzigsten Geburtstag aufzubrechen, Bilbos hundertachtundzwanzigstem. Irgendwie schien ihm dies der richtige Tag zu sein, um auf Bilbos Spuren fortzugehen. Bilbo zu folgen, lag ihm am Herzen; es war das Einzige, was ihm den Gedanken, Beutelsend zu verlassen, erträglich machte. An den Ring und daran, wo er ihn am Endehinführen mochte, dachte er so wenig wie möglich. Aber nicht alle seine Gedanken teilte er Gandalf mit. Was der Zauberer erriet, war immer schwer zu sagen.
Nun sah er Frodo an und lächelte. »Na schön«, sagte er. »Ich denke, das wird früh genug sein – aber bitte keinen Tag später! Ich werde immer nervöser. Inzwischen sei vorsichtig und lass ja nicht bekannt werden, wo du hingehst! Und pass auf, dass Sam Gamdschie den Mund hält! Wenn er schwätzt, mach ich ihn doch noch zur Schnecke.«
»Zu verraten, wo ich hingehe«, sagte Frodo, »wäre schwierig, denn ich weiß es selbst nicht so recht.«
»Sei nicht albern!«, sagte Gandalf. »Ich rate dir nicht ab, eine Adresse beim Postamt zu hinterlassen. Aber dass du aus dem Auenland fortgehst, das sollte nicht bekannt werden, bevor du nicht sehr weit weg bist. Unvermeidlich musst du entweder nach Norden, Süden, Westen oder Osten gehen oder wenigstens aufbrechen – und die Richtung darf auf keinen Fall bekannt werden.«
»Dass ich von Beutelsend fortgehen und allem Lebewohl sagen soll, hat mich so sehr beschäftigt, dass ich mir über die Richtung noch gar keine Gedanken gemacht habe«, sagte Frodo. »Denn wohin soll ich gehen? Und wonach mich richten? Was ist das Ziel der Fahrt? Bilbo ging auf Schatzsuche, hin und zurück; ich aber soll einen Schatz verlieren, und soweit ich es absehen kann, werde ich nicht zurückkehren.«
»Aber du kannst es nicht sehr weit absehen«, sagte Gandalf. »Ich kann’s auch nicht. Vielleicht wird es dein Auftrag sein, den Weg zu den Schicksalsklüften zu finden, vielleicht wird dies anderen aufgetragen: Ich weiß es nicht. Jedenfalls bist du für diesen langen Weg jetzt noch nicht gerüstet.«
»Gewiss nicht!«, sagte Frodo. »Aber einstweilen, wohin soll ich mich wenden?«
»Der Gefahr entgegen, aber nicht zu stürmisch und nicht zu geradewegs«, antwortete der Zauberer. »Wenn du auf meinen Rat hörst, wendest du dich nach Bruchtal. Die Reise dorthin sollte nichtallzu gefährlich sein, obwohl die Straße nicht mehr so sicher ist wie früher und noch schlimmer werden wird, wenn das Jahr zur Neige geht.«
»Bruchtal!«, sagte Frodo. »Sehr gut, ich gehe nach Osten, mit Bruchtal als Ziel. Ich nehme Sam mit, und wir besuchen die Elben. Da wird er sich freuen.« Er sagte es leichthin, aber auch in ihm regte sich auf einmal der Herzenswunsch, das Haus Elronds, des Halbelben, zu sehen und die Lüfte jenes tiefen Tales zu atmen, wo viele vom Schönen Volk noch in Frieden lebten.
Eines Sommerabends erreichte eine staunenerregende Neuigkeit den Efeubusch und den Grünen Drachen. Die Riesen und andere böse Anzeichen von Unheil an den Grenzen des Auenlands waren vergessen, und man sprach nur noch über ein Thema: Herr Frodo Beutlin verkaufte Beutelsend – ja, er hatte es schon verkauft, und an wen? An die Sackheim-Beutlins!
»Für ’ne schöne Stange Geld!«, sagten manche. »Ach was, für ein Butterbrot!«, sagten andere, »das ist viel wahrscheinlicher, wenn Frau Lobelia die Käuferin ist.« (Otho war
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