Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Gedanke, sich so bald schon von seinen jungen Freunden trennen zu müssen, lag ihm schwer auf der Seele. Er wusste nicht, wie er es ihnen beibringen sollte.
Die vier jungen Hobbits jedoch waren in gehobener Stimmung, und bald wurde es auch ohne Gandalf ein sehr ausgelassenes Fest. Das Esszimmer war bis auf einen Tisch und Stühle leer geräumt, aber das Essen gut und der Wein auch: Den Inhalt seines Kellers hatte Frodo nicht an die Sackheim-Beutlins verkauft.
»Egal, was aus meinen restlichen Sachen wird, wenn die Sackheim-Beutlins sie in die Klauen kriegen: wo das hier bleibt, weiß ich!«, sagte er, als er sein Glas leerte. Es war der letzte Tropfen »Alter Wingert«.
Nach vielen Liedern und langen Gesprächen über vieles, das sie zusammen angestellt hatten, tranken sie auf Bilbos Geburtstag und dann, nach Frodos Sitte, auf sein und Bilbos gemeinsames Wohl. Dann gingen sie hinaus, um Luft zu schnappen und nach den Sternen zu gucken, und dann zu Bett. Frodos Fest war vorüber, und Gandalf war nicht gekommen.
Am nächsten Morgen luden sie das restliche Gepäck auf einen kleinen Wagen. Merry nahm die Zügel und fuhr mit dem Dicken (so nannten sie Fredegar Bolger) davon. »Jemand muss da sein und das Haus anwärmen, ehe du kommst«, sagte Merry. »Auf bald denn – übermorgen, wenn ihr unterwegs nicht einschlaft!«
Folko ging nach dem Mittagessen heim, aber Pippin blieb noch da. Frodo war nervös und angespannt; vergebens horchte er auf einen Laut von Gandalf. Er beschloss zu warten, bis es dunkel wurde. Wenn Gandalf noch später käme und ihn dringend treffen wollte, würde er nach Krickloch gehen und wäre vielleicht sogar schon vor ihm dort. Denn Frodo wollte den Weg zu Fuß gehen. Hauptsächlich zum eigenen Vergnügen und um noch ein letztes Mal etwas vom Auenland zu sehen, gedachte er von Hobbingen in aller Ruhe zur Bockenburger Fähre zu wandern.
»Dabei kann ich mich auch gleich ein bisschen in Form bringen«, sagte er sich und betrachtete sich in einem staubigen Spiegel auf der halb leeren Diele. Er hatte schon lange keine größeren Fußmärsche mehr gemacht, und sein Spiegelbild, fand er, sah alles andere als durchtrainiert aus.
Sehr zu Frodos Ärger tauchten gleich nach dem Mittagessen die Sackheim-Beutlins auf, Lobelia und ihr rotblonder Sohn Lotho. »Endlich gehört es uns!«, sagte Lobelia beim Eintreten. Es war nicht eben höflich und genau genommen auch nicht richtig, denn ihr Kaufvertrag galt erst ab Mitternacht. Aber Lobelias Ungeduldist wohl verzeihlich: Etwa siebenundsiebzig Jahre länger hatte sie auf den Besitz von Beutelsend warten müssen, als sie einst gehofft hatte, und nun war sie hundert Jahre alt. Jedenfalls wollte sie prüfen, ob auch nichts, das sie bezahlt hatte, weggeschafft würde; und sie forderte die Schlüssel. Es dauerte lange, bis sie zufrieden gestellt war, denn sie hatte eine komplette Inventarliste mitgebracht und ging sie von Anfang bis Ende durch. Schließlich zog sie mit Lotho ab, nachdem Frodo ihr den Zweitschlüssel gegeben und versprochen hatte, den anderen Schlüssel bei den Gamdschies am Beutelhaldenweg zu hinterlegen. Sie rümpfte die Nase und zeigte überdeutlich, dass sie Leute wie die Gamdschies für fähig hielt, während der Nacht die Höhle auszuplündern. Frodo bot ihr keinen Tee an.
Er selbst trank seinen Tee mit Pippin und Sam Gamdschie in der Küche. Offiziell hatten sie bekannt gegeben, dass Sam ihn nach Bockland begleiten werde, »um für Herrn Frodo zu arbeiten und sich um sein Gärtchen zu kümmern« – eine Absprache, die der Ohm Gamdschie billigte, obwohl sie ihn nicht über die Aussicht hinwegtrösten konnte, künftig Lobelia zur Nachbarin zu haben.
»Unsere letzte Mahlzeit in Beutelsend«, sagte Frodo und schob seinen Stuhl zurück. Den Abwasch ließen sie für Lobelia stehen. Dann schnürten Pippin und Sam die drei Rucksäcke und stellten sie in die Vorhalle. Pippin ging hinaus, um ein letztes Mal durch den Garten zu schlendern. Sam verschwand.
Die Sonne ging unter. Beutelsend sah trüb, düster und verlassen aus. Frodo machte noch eine Runde durch die vertrauten Zimmer. Die letzten Sonnenstrahlen erblassten an den Wänden, und aus den Ecken krochen die Schatten hervor. Langsam wurde es dunkel in der Höhle. Er ging hinaus und den Gartenweg entlang bis zur Pforte, dann ein kleines Stück weit die Bühlstraße hinunter. Halb erwartete er, Gandalf in der Dämmerung die Straße heraufkommen zu sehen.
Der Himmel war klar, und die Sterne
Weitere Kostenlose Bücher