Der Herr der Ringe
Zeitlang eine Belastung für ihre Freundschaft war, aber der Zauberer hielt die Wahrheit wohl für wichtig. Obgleich er darüber nichts zu Bilbo sagte, fand er es auch wichtig und beunruhigend, dass der gute Hobbit nicht gleich zu Anfang die Wahrheit gesprochen hatte: ganz gegen seine sonstige Gewohnheit. Trotzdem war die Idee mit dem »Geschenk« nicht bloß eine Erfindung, die den Hobbits ähnlich sah. Bilbo war, wie er später gestand, durch Gollums Gerede, das er mit angehört hatte, auf den Gedanken gebracht worden; denn Gollum hatte in der Tat den Ring mehrmals sein »Geburtstagsgeschenk« genannt. Auch das fand Gandalf merkwürdig und verdächtig; aber wie wir in diesem Buch sehen werden, bekam er die Wahrheit über diesen Punkt erst viele Jahre später heraus.
Von Bilbos späteren Abenteuern braucht hier kaum mehr gesagt zu werden. Mit Hilfe des Ringes entkam er den Orkwachen am Tor und fand seine Gefährten wieder. Auf seiner Reise bediente er sich viele Male des Ringes, hauptsächlich, um seinen Freunden zu helfen; aber er hielt ihn vor ihnen geheim, solange er konnte. Nach seiner Heimkehr sprach er nie wieder mit irgendjemandem außer Gandalf und Frodo über den Ring; und niemand sonst im Auenland wusste, dass es ihn gab – oder jedenfalls glaubte Bilbo das. Nur Frodo zeigte er den Bericht über seine Reise, an dem er schrieb.
Sein Schwert Stich hängte Bilbo über den Feuerplatz, und sein wundervolles Panzerhemd, ein Geschenk der Zwerge aus dem Drachenschatz, überließ er als Leihgabe einem Museum, und zwar dem Mathomhaus in Michelbinge. Doch in einer Schublade in Beutelsend bewahrte er den alten Mantel und die Kapuze auf, die er auf seinen Fahrten getragen hatte; und der Ring blieb, durch ein Kettchen gesichert, in seiner Tasche.
Er kehrte heim nach Beutelsend am 22. Juni in seinem zweiundfünfzigsten Jahr (A. Z. 1342), und nichts sehr Bemerkenswertes geschah im Auenland, bis Herr Beutlin mit den Vorbereitungen zur Feier seines einundelfzigsten Geburtstages begann (A. Z. 1401). An diesem Punkt beginnt die Geschichte.
Anmerkungen zu den Aufzeichnungen vom Auenland
Weil die Hobbits selbst eine Rolle gespielt hatten bei den großen Ereignissen, die zur Einbeziehung des Auenlands in das Wiedervereinigte Königreich führten, interessierten sie sich am Ende des Dritten Zeitalters sehr viel mehr für ihre eigene Geschichte, und viele der bisher hauptsächlich mündlichen Überlieferungen wurden gesammelt und niedergeschrieben. Die bedeutenderen Familien befassten sich auch mit den sonstigen Ereignissen im Königreich, und viele ihrer Angehörigen studierten seine alten Geschichten und Sagen. Als das erste Jahrhundert des Vierten Zeitalters seinem Ende zuging, gab es im Auenland schon mehrere Bibliotheken, die viele geschichtliche Bücher und Aufzeichnungen besaßen.
Die größten dieser Sammlungen waren vermutlich in Untertürmen, Groß-Smials und im Brandygut. Unser Bericht über das Ende des Dritten Zeitalters stützt sich im Wesentlichen auf das Rote Buch der Westmark. Diese wichtigste Quelle für die Geschichte des Ringkrieges hieß so, weil sie in Untertürmen aufbewahrt worden war, dem Heim der Schönkinds, der Verweser der Westmark. Eigentlich war es Bilbos persönliches Tagebuch, das er nach Bruchtal mitgenommen hatte. Frodo brachte es wieder insAuenland zurück, und außerdem viele lose Blätter mit Notizen, und sein Bericht über den Krieg, den er in den Jahren A. Z. 1420–21 schrieb, füllte fast alle seine Seiten. Aber angefügt und mit ihm zusammen aufbewahrt, wahrscheinlich in einem einzigen roten Einband, waren die drei großen, in rotes Leder gebundenen Bände, die Bilbo ihm zum Abschied geschenkt hatte. Diesen vier Bänden war in Westmark ein fünfter hinzugefügt worden, der Erläuterungen, Stammbäume und verschiedene andere Auskünfte enthielt über die Hobbits, die zu den Gefährten gehörten.
Das Original des Roten Buches ist nicht erhalten, aber viele Abschriften, besonders vom ersten Band, waren für die Nachkommen der Kinder von Meister Samweis angefertigt worden. Die wichtigste Abschrift hat indes eine andere Geschichte. Sie wurde in Groß-Smials aufbewahrt, war aber in Gondor, wahrscheinlich auf Bitten des Urenkels von Peregrin hin, geschrieben und im Jahre A. Z. 1592 (V. Z. 172) vollendet worden. Der Schreiber aus dem Süden fügte folgende Anmerkung bei: »Findegil, Schreiber des Königs, beendete diese Arbeit im Jahre IV 172. Es ist in allen Einzelheiten eine genaue
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