Der Herr der Ringe
hatte mich einlullen lassen von den Worten Sarumans des Weisen; doch hätte ich früher nach der Wahrheit forschen sollen, dann wäre unsere Gefahr jetzt kleiner.«
»Wir alle machten diesen Fehler«, sagte Elrond, »aber wärest du nicht so wachsam gewesen, hätte uns die Dunkelheit vielleicht schon verschlungen. Doch sprich weiter.«
»Von Anfang an schwante mir nichts Gutes, obwohl ich keinen Grund dafür nennen konnte«, sagte Gandalf. »Und ich wollte wissen, wie dieses Ding zu Gollum gekommen war und wie lang er es besessen hatte. Deshalb stellte ich eine Wache auf, die ihn beobachten sollte, denn ich vermutete, dass er binnen kurzem aus seiner Dunkelheit hervorkommen und nach seinem Schatz suchen würde. Er kam, aber er entschlüpfte uns und wurde nicht gefunden. Und dann ließ ich die Sache leider ruhen, beobachtete nur und wartete ab, wie wir es allzu oft getan haben.
Die Zeit verstrich mit vielen Sorgen, bis meine Zweifel wieder erwachten und mich plötzlich Angst überkam. Woher stammte der Ring des Hobbits? Was sollte mit ihm geschehen, wenn meine Befürchtung sich bewahrheitete? Über diese Dinge musste ich mir klar werden. Doch sprach ich über meine Befürchtung noch mit niemandem, denn ich wusste, wie gefährlich eine geflüsterte Bemerkung zur unrichtigen Zeit sein konnte, wenn sie weitergegeben wurde. In all den langen Kriegen mit dem Dunklen Turm war Verrat immer unser größter Feind gewesen.
Das war vor siebzehn Jahren. Bald bemerkte ich, dass Späher aller Arten, selbst Tiere und Vögel, um das Auenland zusammengezogen wurden, und meine Furcht wuchs. Ich bat die Dúnedain um Hilfe, und ihre Wache wurde verstärkt; und Aragorn, dem Erben Isildurs, vertraute ich an, was mir das Herz schwer machte.«
»Und ich«, sagte Aragorn, »gab den Rat, dass wir die Jagd nach Gollum aufnehmen sollten, obwohl es dafür vielleicht schon zu spät war. Und da es nurrecht und billig zu sein schien, dass Isildurs Erbe sich bemühen sollte, Isildurs Fehler wiedergutzumachen, begab ich mich zusammen mit Gandalf auf die lange und hoffnungslose Suche.«
Dann erzählte Gandalf, wie sie ganz Wilderland ausgekundschaftet hatten, sogar bis hinunter zum Schattengebirge und den Bollwerken Mordors. »Dort hörten wir Gerüchte über ihn, und wir vermuten, dass er sich lange in den dunklen Bergen aufgehalten hat; aber wir fanden ihn niemals, und schließlich verzweifelte ich. Und dann in meiner Verzweiflung dachte ich wieder an eine Probe, die es vielleicht unnötig machen würde, Gollum zu finden. Der Ring selbst könnte vielleicht sagen, ob er der Eine sei. Mir fielen Worte wieder ein, die bei dem Rat gesprochen worden waren: Worte von Saruman, die damals nur halb beachtet worden waren. In meinem Herzen hörte ich sie jetzt deutlich.
›Die Neun, die Sieben und die Drei‹, sagte er, ›hatten alle einen eigenen Edelstein. Nicht aber der Eine. Er war rund und ohne Schmuck, als ob er einer der minderen Ringe sei; doch brachte sein Schöpfer Zeichen darauf an, die der Erfahrene vielleicht noch sehen und lesen kann.‹
Worin diese Zeichen bestanden, sagte er nicht. Wer sollte es jetzt wissen? Der Schöpfer des Ringes. Und Saruman? Doch so groß sein Wissen auch sein mag, es muss eine Quelle haben. In wessen Hand außer Saurons ist dieses Ding je gewesen, ehe es verlorenging? Nur in Isildurs Hand.
Mit diesem Gedanken gab ich die Jagd auf und begab mich rasch nach Gondor. In früheren Tagen waren die Angehörigen meines Ordens dort gut aufgenommen worden, doch am freundlichsten von allen Saruman. Oft war er lange Zeit Gast der Herren der Stadt. Der Herr Denethor empfing mich weniger herzlich als früher, und nur ungern erlaubte er mir, seine vielen Schriftrollen und Bücher durchzusehen.
›Wenn Ihr, wie Ihr sagt, wirklich nur nach Aufzeichnungen aus alter Zeit und über die Anfänge der Stadt sucht, dann lest eben!‹, sagte er. ›Denn für mich ist das, was war, weniger dunkel als das, was kommen wird, und das ist meine Sorge. Doch sofern Ihr nicht größere Fähigkeiten habt als selbst Saruman, der lange hier geforscht hat, werdet Ihr nichts finden, was mir nicht wohlbekannt ist, denn ich bin ein Meister in den Überlieferungen dieser Stadt.‹
So sprach Denethor. Und doch befinden sich unter seinen Schätzen viele Aufzeichnungen, die heute nur noch wenige lesen können, selbst nur wenige von den Weisen, denn ihre Schriftzeichen und Sprachen sind für die späteren Menschen dunkel geworden. Und dort in Minas
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