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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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elbischerals alles, wovon ich je gehört habe. Mir ist zumute, als sei ich innerhalb eines Liedes, wenn du weißt, was ich meine.«
    Haldir schaute sie an und schien beides zu verstehen, Sams Gedanken und seine Worte. Er lächelte. »Du spürst die Macht der Herrin der Galadhrim«, sagte er. »Würde es euch Freude machen, mit mir den Cerin Amroth zu besteigen?«
    Sie folgten ihm, als er leicht über die grasbewachsenen Hänge hinaufstieg. Obwohl Frodo lief und atmete und um ihn her lebende Blätter und Blumen von demselben kühlen Wind bewegt wurden, der sein Gesicht fächelte, hatte er das Gefühl, als sei er in einem zeitlosen Land, das nicht verging oder sich veränderte oder in Vergessenheit geriet. Wenn er fort war und wieder in die äußere Welt hinübergewechselt hatte, würde Frodo, der Wanderer aus dem Auenland, immer noch hier wandeln auf dem Gras zwischen elanor und niphredil im schönen Lothlórien.
    Sie betraten den Kreis der weißen Bäume. Der Südwind blies über Cerin Amroth und seufzte zwischen den Ästen. Frodo stand still und hörte in weiter Ferne große Wogen an Ufer branden, die vor langer Zeit hinweggewaschen worden waren, und er hörte Seevögel schreien, deren Art auf der Erde ausgestorben war.
    Haldir war weitergegangen und erklomm jetzt das hohe Flett. Als Frodo sich anschickte, ihm zu folgen, legte er seine Hand neben der Leiter auf den Baum: Niemals zuvor war ihm so plötzlich und deutlich zum Bewusstsein gekommen, wie sich die Rinde eines Baums anfühlte und wie sie und das Leben in ihr beschaffen sind. Das Holz und die Berührung erfüllten ihn mit Freude, nicht mit der des Försters oder Schreiners; es war die Freude am lebendigen Baum selbst.
    Als er schließlich auf die hohe Plattform trat, nahm Haldir seine Hand und drehte ihn nach Süden. »Schau zuerst in dieser Richtung«, sagte er.
    Frodo sah, immer noch in einiger Entfernung, einen Berg aus vielen mächtigen Bäumen oder eine Stadt aus grünen Türmen: Was von beiden es war, konnte er nicht sagen. Von dort her schienen ihm die Macht und das Licht zu kommen, die das ganze Land in ihrem Banne hielten. Er sehnte sich plötzlich danach, wie ein Vogel fliegen zu können, um in der grünen Stadt auszuruhen. Dann schaute er nach Osten und sah das ganze Land Lórien abfallen zum blass schimmernden Anduin, dem Großen Strom. Er ließ seine Augen über den Fluss hinwegschweifen, und alles Licht erlosch, und er war wieder in der Welt, die er kannte. Jenseits des Flusses erschien das Land flach und leer, formlos und verschwommen, bis es sich in weiter Ferne wieder erhob wie eine Mauer, dunkel und trostlos. Die Sonne, die auf Lothlórien lag, hatte keine Kraft, den Schatten jener fernen Höhe zu erhellen.
    »Dort liegt die Festung von Süd-Düsterwald«, sagte Haldir. »Sie ist umgeben von einem Wald aus dunklen Tannen, und die Bäume kämpfen miteinander, und ihre Zweige verrotten und verdorren. In der Mitte auf einer steinigen Höhe steht Dol Guldur, wo der verborgene Feind lange seine Behausung hatte. Wir fürchten, dass es jetzt wieder bewohnt ist, und mit siebenfacher Macht. In letzter Zeit hängt oft eine schwarze Wolke darüber. Auf dieser Höhe kannst du die beiden feindlichen Mächte sehen; und immer kämpfen sie jetzt in Gedanken miteinander, aber während das Licht den wahren Kern der Dunkelheit wahrnimmt, ist sein eigenes Geheimnis noch nicht entdeckt. Noch nicht.« Er wandte sich um und stieg rasch hinab, und sie folgten ihm.
    Am Fuße des Berges fand Frodo Aragorn, der still und schweigend wie ein Baum dastand; in seiner Hand hielt er eine kleine goldene elanor -Blüte, und ein Licht leuchtete in seinen Augen. Er war in irgendeiner schönen Erinnerung versunken; und als Frodo ihn ansah, wusste er, dass Aragorn Dinge schaute, wie sie einstmals an ebendiesem Ort gewesen waren. Denn die bitteren Jahre waren ausgelöscht aus seinem Gesicht, und er schien in Weiß gekleidet zu sein, ein junger Ritter, groß und schön; und er richtete Worte in der Elbensprache an jemanden, den Frodo nicht sehen konnte. Arwen vanimelda, namárië!, sagte er, und dann holte er tief Luft, kehrte aus seinen Gedanken zurück, sah Frodo an und lächelte.
    »Hier ist das Herz des Elbentums auf Erden«, sagte er, »und hier weilt mein Herz allezeit, es sei denn, ein Licht leuchtete jenseits der dunklen Wege, die wir noch gehen müssen, du und ich. Komm mit mir!« Und er nahm Frodos Hand und verließ den Berg Cerin Amroth und kehrte niemals als Lebender

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