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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Schatzkammer anzusehen, und ich lernte ein wenig von ihm, wenn er mich lehren wollte (und das war selten). Immer suchte er und befragte uns vor allem über die Große Schlacht, die in Dagorlad ausgefochten wurde, als Gondor entstand, nachdem Er, dessen Namen wir nicht nennen, besiegt war. Und er war begierig, Geschichten über Isildur zu hören, obwohl wir über ihn weniger zu erzählen hatten; denn nichts Genaues war jemals bei uns bekannt über sein Ende.«
    Jetzt senkte Faramir seine Stimme zu einem Flüstern. »Aber soviel erfuhr oder erriet ich und habe es seitdem immer in meinem Herzen geheim gehalten: dass Isildur etwas von der Hand des Ungenannten nahm, ehe er von Gondor fortging und niemals wieder unter sterblichen Menschen gesehen wurde. Hier, glaube ich, lag die Antwort auf Mithrandirs Fragen. Aber es schien damals eine Frage zu sein, die nur jene Suchenden etwas anging, die nach den Lehren der alten Zeit trachteten. Auch als die rätselhaften Worte unseres Traums unter uns erörtert wurden, dachte ich nicht daran, dass Isildurs Fluch dasselbe sein könnte. Denn Isildur wurde aus dem Hinterhalt überfallen und von Orkpfeilen getötet, wie die einzige Sage berichtet, die wir kannten, und Mithrandir hat mir nie mehr gesagt.
    Was dieses Ding in Wirklichkeit ist, vermag ich nicht zu erraten; aber irgendein machtvolles und gefährliches Erbstück muss es sein. Eine grausame Waffe vielleicht, vom Dunklen Herrscher ersonnen. Wenn es ein Ding wäre, das Vorteil in der Schlacht gewährt, dann will ich wohl glauben, dass Boromir, der Stolze und Furchtlose, oft unbesonnen, immer besorgt um den Sieg von Minas Tirith (und seinen eigenen Ruhm dabei), ein solches Ding begehren und von ihm verlockt werden könnte. Ach, dass er je diesen Auftrag erhielt! Ich hätte dazu erwählt werden sollen von meinem Vater und dem Rat der Alten, aber er drängte sich vor, da er der Ältere und Kühnere war (was beides stimmt), und er ließ sich nicht zurückhalten.
    Aber fürchte dich nicht mehr! Ich würde dieses Ding nicht nehmen, und wenn ich es auf der Straße fände. Nicht, wenn Minas Tirith in Schutt und Asche fiele und ich allein die Stadt dadurch retten könnte, dass ich die Waffe des Dunklen Herrschers zu ihrem Wohl und meinem Ruhm verwende. Nein, ich habe kein Verlangen nach solchen Siegen, Frodo, Drogos Sohn.«
    »Und der Rat auch nicht«, sagte Frodo. »Und ich ebenfalls nicht. Ich möchte nichts zu tun haben mit derlei Dingen.«
    »Was mich betrifft«, sagte Faramir, »ich möchte den Weißen Baum wieder in Blüte sehen in den Höfen der Könige, und dass die Silberne Krone zurückkehre und Minas Tirith Frieden habe: dass es wieder das Minas Anor von einst sei, voll von Licht, erhaben und lieblich, schön wie eine Königin unter anderen Königinnen. Nicht eine Gebieterin über viele Hörige, nein, nicht einmal eine gütige Herrin williger Höriger. Krieg muss sein, solange wir unser Leben verteidigen gegen einen Zerstörer, der uns sonst alle verschlingen würde; aber das blanke Schwert liebe ich nicht um seiner Schärfe willen, den Pfeil nicht um seiner Schnelligkeit willen, den Krieger nicht um seines Ruhmes willen. Ich liebe nur das, was sie verteidigen: die Stadt der Menschen von Númenor; und ich möchte, dass sie geliebt werde wegen ihrer Erinnerungen, ihres Alters, ihrer Schönheit und jetzigen Weisheit. Nicht gefürchtet soll sie werden, es sei denn so, wie Menschen die Würde eines alten und weisen Mannes fürchten.
    Also fürchtet Euch nicht vor mir. Ich verlange nicht, dass Ihr mir mehr sagt. Ich verlange nicht einmal, dass Ihr mir sagt, ob ich jetzt mehr ins Schwarze treffe. Aber wenn Ihr mir vertrauen wollt, dann kann ich Euch vielleicht bei Eurer jetzigen Aufgabe, was immer sie sein mag, Rat erteilen und vielleicht Hilfe gewähren.«
    Frodo antwortete nicht. Fast hätte er dem Verlangen nach Hilfe und Rat und dem Wunsch nachgegeben, diesem ernsten jungen Mann, dessen Worte klug und ehrlich klangen, alles zu sagen, was ihn bewegte. Aber irgendetwas hielt ihn zurück. Sein Herz war bedrückt von Furcht und Sorge: Wenn er und Sam, wie es fast schien, allein von den Neun Wanderern übrig geblieben waren, dann waren sie die Einzigen, die noch das Geheimnis ihres Auftrags kannten. Besser unverdientes Misstrauen als unbesonnene Worte. Und die Erinnerung an Boromir, an die entsetzliche Veränderung, die die Verlockung des Ringes bei ihm bewirkt hatte, war ihm sehr gegenwärtig, wenn er Faramir anschaute und seiner

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