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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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umschlungene, finstere Klippen sah. Er saß einen Augenblick halb träumend da und lauschte dem Plätschern des Wassers, dem Flüstern dunkler Bäume, dem Krachen von Steinen und der gewaltigen, abwartenden Stille, die hinter jedem Geräusch lauerte. Er liebte Berge, oder zumindest hatte er sich gern Berge vorgestellt, wenn sie am Rande von Geschichten auftauchten, die von weit her kamen. Doch nun fühlte er sich bedrücktvon dem unerträglichen Gewicht von Mittelerde. Er sehnte sich danach, in einem friedlichen Zimmer am Feuer zu sitzen und die Unendlichkeit auszusperren.
    Er war sehr müde, denn obwohl sie langsam geritten waren, hatten sie kaum Rast gemacht. Stunde um Stunde seit fast drei beschwerlichen Tagen war er hinauf und hinunter getrabt, über Pässe und durch lange Täler und über viele Bäche. Manchmal, wenn der Weg breiter wurde, war er an des Königs Seite geritten. Er hatte nicht bemerkt, dass viele der Reiter lächelten, wenn sie die beiden zusammen sahen: den Hobbit auf seinem kleinen struppigen Pony und den Herrn von Rohan auf seinem großen weißen Ross. Dann hatte er sich mit Théoden unterhalten, ihm von seiner Heimat erzählt und von dem Tun und Treiben des Auenland-Volks, oder er hatte Erzählungen über die Mark und ihre mächtigen Männer von einst gelauscht. Doch die meiste Zeit, besonders an diesem letzten Tag, war Merry für sich allein hinter dem König geritten, hatte nichts gesagt und hatte versucht, die getragene klangvolle Sprache von Rohan zu verstehen, in der die Männer hinter ihm redeten. Es war eine Sprache, in der viele Wörter vorzukommen schienen, die er kannte, obwohl sie volltönender und kräftiger ausgesprochen wurden als im Auenland, und dennoch konnte er die Wörter nicht aneinanderreihen. Dann und wann erhob ein Reiter seine klare Stimme zu einem aufrüttelnden Lied, und Merry spürte, wie ihm das Herz aufging, obgleich er nicht wusste, wovon das Lied handelte.
    Trotzdem hatte er sich einsam gefühlt, und niemals einsamer als jetzt am Ende des Tages. Er fragte sich, wo in all dieser fremden Welt Pippin wohl hingeraten sein mochte; und was aus Aragorn und Legolas und Gimli würde. Dann war es wie ein kalter Griff nach seinem Herzen, als er plötzlich an Frodo und Sam dachte. »Ich vergesse sie!«, sagte er sich vorwurfsvoll. »Und doch sind sie wichtiger als wir alle. Und ich bin mitgekommen, um ihnen zu helfen; aber nun müssen sie Hunderte von Meilen fern sein, wenn sie noch leben.« Ein Schauer überlief ihn.
    »Das Hargtal, endlich!«, sagte Éomer. »Unsere Reise ist fast zu Ende.« Sie hielten an. Die Pfade, die aus der schmalen Schlucht herausführten, fielen steil ab. Nur einen flüchtigen Blick, wie durch ein hohes Fenster, erhaschte man von dem großen Tal in dem Zwielicht unten. Ein einziges kleines Licht konnte man am Fluss schimmern sehen.
    »Diese Reise ist vielleicht vorüber«, sagte Théoden, »aber ich habe noch weit zu gehen. Vor zwei Nächten war der Mond voll, und am Morgen werde ich nach Edoras reiten zur Versammlung der Mark.«
    »Doch wenn Ihr meinen Rat annehmen würdet«, sagte Éomer leise, »dann würdet Ihr hierher zurückkehren, bis der Krieg vorbei ist, ob er nun verloren oder gewonnen wird.«
    Théoden lächelte. »Nein, mein Sohn, denn so will ich dich nennen, flüstere mir nicht Schlangenzunges schmeichelnde Worte in meine alten Ohren!« Er richtete sich auf und blickte zurück auf die lange Reihe seiner Mannen, die hinten in der Dämmerung verschwamm. »Vor Jahr und Tag, scheint es, bin ich gen Westen geritten; aber niemals wieder will ich mich auf einen Stab stützen. Wenn der Krieg verloren wird, was nützt es dann, mich in den Bergen zu verstecken? Und wenn er gewonnen wird, ist es dann ein Unglück, selbst wenn ich falle, meine letzte Kraft aufgewandt zu haben? Aber davon wollen wir jetzt nicht reden. Heute Nacht werde ich in der Festung Dunharg schlafen. Ein friedlicher Abend bleibt uns wenigstens noch. Lass uns weiterreiten!«
    In der zunehmenden Dämmerung kamen sie hinunter ins Tal. Hier floss der Schneeborn nahe der westlichen Wand des Tals, und bald führte der Pfad sie zu einer Furt, wo das seichte Wasser laut auf den Steinen plätscherte. Die Furt war bewacht. Als der König sich näherte, sprangen viele Mannen aus dem Schatten der Felsen hervor, und als sie den König sahen, riefen sie mit froher Stimme: »König Théoden! König Théoden! Der König der Mark kehrt zurück!«
    Dann blies einer ein langes Signal auf einem

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