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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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zu handhaben. Auch das weiß er. Denn vermute ich richtig, Aragorn, dass du dich ihm in dem Stein von Orthanc gezeigt hast?«
    »Das tat ich, ehe ich von der Hornburg ritt«, antwortete Aragorn. »Ich glaubte, dass die Zeit reif sei und der Stein zu ebendiesem Zweck zu mir gekommen war. Es war damals zehn Tage her, dass der Ringträger von Rauros aus nach Osten ging, und Saurons Auge, fand ich, sollte von seinem eigenen Land abgelenkt werden. Allzu selten ist er herausgefordert worden, seit er in seinen Turm zurückkehrte. Hätte ich allerdings vorausgesehen, wie schnell er darauf mit einem Angriff antworten würde, hätte ich es vielleicht nicht gewagt, mich zu zeigen. Knapp war die Zeit, die mir gegeben war, um euch zu Hilfe zu kommen.«
    »Aber wie ist das?«, fragte Éomer. »Alles ist vergeblich, sagt Ihr, wenn er den Ring hat. Warum sollte er glauben, dass es nicht vergeblich sei, uns anzugreifen, wenn wir ihn haben?«
    »Er ist noch nicht sicher«, sagte Gandalf, »und er hat seine Macht nicht dadurch aufgebaut, dass er abwartete, bis seine Feinde sich in Sicherheit wiegen, wie wir es getan haben. Auch könnten wir es nicht in einem Tag lernen, die ganze Macht auszuüben. Tatsächlich kann der Ring nur allein von einem Herrn verwendet werden; und er wird erwarten, dass eine Zeit des Haders kommt, bis einer der Großen unter uns sich zum Herrn aufwirft und die anderen unterdrückt. In dieser Zeit könnte ihm der Ring helfen, wenn er rasch handelte.
    Er beobachtet. Er sieht viel und hört viel. Seine Nazgûl sind noch unterwegs. Vor Sonnenaufgang sind sie über dieses Feld geflogen, obwohl wenige der Müden und Schlafenden sie bemerkt haben. Er erforscht die Zeichen: das Schwert, das ihn seines Schatzes beraubt hat, ist neu geschmiedet; die Winde des Glücks drehen sich zu unseren Gunsten; und dann die unerwartete Niederlage bei seinem ersten Angriff; die Vernichtung seines großen Heerführers.
    Sein Zweifel wird wachsen, während wir noch hier reden. Sein Auge ist jetzt auf uns gerichtet und fast blind für alles andere, was in Bewegung ist. Wir müssen dafür sorgen, dass es so bleibt. Darin liegt all unsere Hoffnung. Dies also ist mein Rat. Wir haben den Ring nicht. Aus Klugheit oder großerTorheit ist er fortgeschickt worden, um vernichtet zu werden, damit er uns nicht vernichtet. Ohne den Ring können wir seine Streitmacht nicht mit Gewalt niederwerfen. Aber um jeden Preis müssen wir sein Auge von seiner wahren Gefahr ablenken. Den Sieg können wir nicht mit Waffen erringen, aber mit Waffen können wir dem Ringträger die einzige Unterstützung bieten, wie gering die Aussichten auch sein mögen.
    Wie Aragorn begonnen hat, so müssen wir fortfahren. Wir müssen Sauron in sein letztes Wagnis treiben. Wir müssen seine versteckte Streitmacht herauslocken, damit er sein Land entblößt. Wir müssen sofort losmarschieren, um uns ihm entgegenzustellen. Wir müssen uns zum Köder machen, auch wenn sich sein Rachen über uns schließen sollte. Er wird sich ködern lassen, voll Hoffnung und Gier, denn er wird glauben, in dieser Voreiligkeit den Stolz des neuen Herrn des Ringes zu erkennen. Und er wird sagen: ›Da wagt er sich also zu früh und zu weit vor. Lass ihn herankommen, und siehe! dann werde ich ihn in einer Falle haben, aus der er nicht entkommen kann. Dort will ich ihn zerschmettern, und was er in seiner Unverschämtheit genommen hat, wird mein sein auf immer.‹
    Wir müssen offenen Auges in diese Falle gehen, mit Mut, aber wenig Hoffnung für uns selbst. Denn, ihr Herren, es mag sich sehr wohl erweisen, dass wir selbst in einer finsteren Schlacht fern der lebenden Lande vollends vernichtet werden; sodass wir selbst dann, wenn Barad-dûr niedergeworfen werden sollte, kein neues Zeitalter erleben werden. Doch das, glaube ich, ist unsere Pflicht. Und besser so, als trotzdem vernichtet zu werden – und das werden wir gewiss, wenn wir hier sitzen bleiben – und zu sterben im Wissen, dass es kein neues Zeitalter geben wird.«
    Sie waren eine Weile stumm. Schließlich sprach Aragorn: »Wie ich begonnen habe, werde ich fortfahren. Wir sind jetzt so weit gekommen, dass Hoffnung und Hoffnungslosigkeit einander ähnlich sind. Schwanken bedeutet den Untergang. Lasst niemanden jetzt Gandalfs Ratschläge verwerfen, dessen lange Mühen gegen Sauron endlich die Probe bestehen sollen. Ohne ihn wäre alles schon lange verloren gewesen. Dennoch erhebe ich noch nicht den Anspruch, irgendjemandem einen Befehl zu

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