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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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einige einzeln, wie sie niedergehauen oder erschossen worden waren; andere paarweise, einander noch umklammernd, beim Zuhauen, Erwürgen und Beißen vom Tode ereilt. Die Steine waren glitschig von dunklem Blut.
    Sam fiel auf, dass die Orks zwei verschiedene Trachten trugen, die eine gekennzeichnet durch das Rote Auge, die andere durch einen verzerrten Mond mit einem abscheulichen Totengesicht; aber er blieb nicht stehen, um genauer hinzuschauen. Auf der anderen Seite des Hofs stand eine große Tür am Fuß des Turms halb offen, und ein rotes Licht schien heraus; ein großer Ork lag tot auf der Schwelle. Sam sprang über die Leiche und ging hinein; und dann schaute er sich ratlos um.
    Ein breiter und widerhallender Gang führte von der Tür nach hinten zum Berghang. Er war schwach erleuchtet von Fackeln, die in Wandarmen flackerten, aber weiter hinten verlor er sich in Düsternis. Viele Türen und Öffnungen an beiden Seiten waren zu sehen; aber der Gang war leer bis auf zwei oder drei weitere Leichen, die auf dem Boden lagen. Nach dem, was er von dem Gerede des Hauptmanns gehört hatte, wusste Sam, dass Frodo, tot oder lebendig, höchstwahrscheinlich in einer Kammer hoch oben im Turm zu finden wäre; aber er könnte einen Tag lang suchen, bis er den Weg dahin fand.
    »Es wird in der Nähe der Rückseite sein, nehme ich an«, murmelte Sam. »Der ganze Turm klettert gleichsam rückwärts. Und jedenfalls wird es besser sein, wenn ich diesen Lichtern nachgehe.«
    Er machte sich auf den Weg, den Gang entlang, aber langsam jetzt, jeder Schritt zögernder. Von neuem packte ihn Entsetzen. Nichts war zu hören als seine Fußtritte, die zu einem widerhallenden Geräusch anzuschwellen schienen, als ob große Hände auf Steine klopften. Die Leichen; die Leere; die feuchten schwarzen Wände, die im Fackellicht aussahen, als tropfte Blut von ihnen herab; die Angst vor einem plötzlichen Tod, der hinter einer Tür oder im Schatten lauern könnte; und hinter all seinen Gedanken die abwartende, wachsame Bosheit am Tor: Es war fast mehr, als er ertragen konnte. Ein Kampf – mit nicht zu vielen Feinden auf einmal – wäre ihm lieber gewesen als diese hässliche, lauernde Ungewissheit. Er zwang sich, an Frodo zu denken, der gefesselt oder in Schmerzen oder tot irgendwo an diesem schrecklichen Ort lag. Er ging weiter.
    Er hatte die Fackeln hinter sich gelassen und war fast an einer großen, gewölbten Tür am Ende des Ganges angelangt, der inneren Seite des Unteren Tors, wie er richtig vermutete, als von hoch oben ein entsetzlicher, erstickter Schrei kam. Sam blieb stehen. Dann hörte er Schritte. Irgendjemand rannte in großer Eile eine widerhallende Treppe über ihm herunter.
    Sein Wille war zu schwach und zu langsam, um seine Hand zurückzuhalten. Sie zog an der Kette und umklammerte den Ring. Aber Sam setzte ihn nicht auf; denn gerade, als er ihn an die Brust drückte, kam ein Ork heruntergetrampelt. Er sprang aus der dunklen Öffnung rechter Hand heraus und rannte auf ihn zu. Er war nicht mehr als sechs Schritte entfernt, als er denKopf hob und Sam sah; und Sam hörte seinen keuchenden Atem und sah das Funkeln seiner blutunterlaufenen Augen. Der Ork blieb entsetzt stehen. Denn was er sah, war nicht ein kleiner, verängstigter Hobbit, der versuchte, sein Schwert mit sicherer Hand zu halten: Er sah eine große, stumme Gestalt, in grauen Schatten gehüllt, drohend aufragend vor dem flackernden Licht dahinter; in der einen Hand hielt sie ein Schwert, dessen Leuchten ein bitterer Schmerz war, die andere hielt sie an die Brust gepresst, aber sie verbarg eine namenlose Bedrohung von Macht und Unheil.
    Einen Augenblick duckte sich der Ork, und dann drehte er sich mit einem hässlichen Angstschrei um und floh dorthin zurück, wo er hergekommen war. Niemals war jemand ermutigter gewesen, als sein Feind Fersengeld gab, denn Sam bei dieser unerwarteten Flucht. Mit einem lauten Ruf nahm er die Verfolgung auf.
    »Ja! Der Elbenkrieger läuft frei herum!«, rief er. »Ich komme. Zeig du mir nur den Weg nach oben, sonst bring ich dich um!«
    Aber der Ork war hier zu Hause, und er war flink und gut ernährt. Sam war hier fremd, und er war hungrig und müde. Die Treppen waren hoch und steil und führten in Spiralen nach oben. Sam begann zu keuchen. Der Ork war bald außer Sicht, und jetzt war nur noch schwach das Tapsen seiner Füße zu hören, als er hoch und höher stieg. Ab und zu stieß er einen Schrei aus, dessen Widerhall sich an den Wänden

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