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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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nein, sie konnte nicht einmal die Art ihres Segens bestimmen, solange sie ihre Aufmerksamkeit nicht darauf richtete.
    Weder sie noch Braston hatten die Erfahrung leicht genommen, dass ihre Gaben Schaden anrichten konnten. Grimmig hatten sie diesen Umstand akzeptiert und zum Besten der Welt entschieden, davon Abstand zu nehmen. Ihre letzte Erinnerung allerdings, nachdem sie sich der anderen Wächter entledigt hatten, war, hier zu liegen und mit stillem Gift im Bauch friedlich zu entschlummern, während ihre Verehrer sie beweinten.
    Und plötzlich war sie wieder da.
    Wie lange war sie fort gewesen?
    Ihr erster Gedanke war, dass sie sich gegen ihren eigenen Willen selbst geheilt haben musste … aber dann wären nur Stunden vergangen, und von diesen Gesichtern erkannte sie kein einziges. Außerdem ragte dieses Standbild von ihr über ihr auf und zerstörte alle Hoffnung auf eine so einfache Erklärung.
    Eine der kühneren Tempeldienerinnen, eine junge braunhaarige Frau, trat vor. »Entschuldige, aber bist du … brauchst du Hilfe?«
    »Nein«, erwiderte Yalenna. Als sie sich erhob, ging ein anerkennendes Murmeln durch die Versammelten. Sie rieb sich die Wange, auf der sie beim Erwachen gelegen hatte, strich sich das Haar zurück und sah sich um. »Wer ist hier der Leiter?«
    »Ich bin die … äh …« Das Mädchen zögerte und senkte den Blick. Dann fand sie neuen Mut und richtete sich wieder auf. »Ich bin Priesterin Arah.«
    Yalenna war überrascht. Allerdings war sie wohl selbst kaum älter gewesen, als sie Priesterin geworden war. Vermutlich sah sie immer noch genauso jung aus wie Arah, denn so war es seit der Verwandlung gewesen.
    »Macht Platz, macht Platz!«
    Ein älterer Mann mit Kraushaar drängte sich durch die Menge zu Arah vor. Erstaunt betrachtete er Yalenna und dann die Statue hinter ihr. Schließlich kniff er die Augen zusammen und erkundete ihre Strukturen. Während sich seine Kräfte zusammenzogen, zuckte sie unwillkürlich und wehrte den unsichtbaren Griff ab.
    »Harren!«, sagte Arah. »Was machst du da?«
    »Sie muss eine Betrügerin sein. Und doch …« Er durchbohrte sie mit seinem Blick, als suche er nach einer verborgenen Wahrheit. »… besitzt sie so starke Kräfte, um mich leicht abwehren zu können.«
    »Ich bin Yalenna«, sagte Yalenna. Es behagte ihr nicht, wie defensiv ihre Stimme klang.
    »Hat irgendwer beobachtet, wie sie hereingekommen ist?«, wollte Harren wissen. »Jemand muss es doch gesehen haben.«
    Kopfschütteln und fragende Blicke folgten, doch niemand antwortete.
    Harren wandte sich ihr wieder zu. »Wie bist du hereingekommen?«
    Yalenna gefielen seine Fragen und seine … Respektlosigkeit nicht. In diesem Moment wusste sie jedoch keine Antwort.
    Keine Ahnung. Ich habe keine Ahnung.
    »Ich wusste, es war ein Zeichen«, murmelte Harren. »Als sich der Himmel verdunkelte. Habe ich nicht gesagt, es sei ein Zeichen, dass etwas passieren werde?«
    Damit erlangte er Yalennas volle Aufmerksamkeit. Ihre Augen mussten geblitzt haben, denn Harrens Finger zuckten, als fürchtete er, sie würde ihn angreifen.
    »Was«, sagte Yalenna, »meinst du damit?«
    »Verzeihung?«, fragte Harren wachsam.
    »Was ist passiert?«, fragte sie. »Mit dem Himmel?«
    Dreihundert Jahre.
    Yalenna schwankte leicht. Sie war so lange … tot gewesen? Oder einfach nur verschwunden?
    »Bist du gekommen …« Arah zögerte. Es gelang ihr, auf dem einschüchternd großen Marmorthron verletzlich zu wirken. »… um uns wieder zu führen, Herrin?«
    Sie saßen in einer luftigen Halle an einem Steintisch unter einer hohen Kuppel. Yalenna konnte sich gut an den Saal erinnern, denn sie hatte hier selbst viele Audienzen abgehalten, und seitdem hatte sich wenig geändert. Trotz ihrer Sorgen erregte Arahs Unsicherheit ihr Mitgefühl. Das Mädchen war vermutlich erst kürzlich zur Priesterin geweiht worden, und Yalenna erinnerte sich gut, welchen Mut diese Stellung verlangte. Doch für Arah sah es vermutlich so aus, als würde ihr die Aufgabe, für die sie sich vorbereitet hatte, wieder abgenommen.
    »Ich will dich nicht ersetzen«, sagte Yalenna. »Du wurdest von den Elementen auserwählt, oder?«
    »Ja, Herrin. Natürlich.«
    »Dann bist du Priesterin, so wie es immer war.«
    Harren, der neben Arah stand, wirkte gereizt.
    »Du kannst uns nichts über die Umstände sagen«, fragte er, »wie … und warum du zurückgekehrt bist?«
    Sein Tonfall ließ vermuten, dass er diese Frage für bedenklich hielt.
    »Nur

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