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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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Immer mehr von ihnen trafen ein, und die Rachen kreisten und versuchten herauszufinden, wie sie mit diesem unerwarteten neuen Feind fertig werden konnten.
    Macht eure Sache gut, sagte Rostigan, und es wird eine Belohnung geben.
    Aufgeregt über seine Worte, machten die Krähen sich mit erneuerter Tatkraft an ihre Aufgabe. Er versprach solche Dinge nicht gern, aber die Vögel würden sich ihren Lohn verdienen. Wenn die Stadt ein Morgen hatte, würden ihre Leichen weggeräumt werden – aber es war immer noch Zeit für ein oder zwei Augen.
    »Rostigan!«, erklang Tarzis Stimme mit einem Unterton der Sorge. »Wo bist du?«
    Schnell lief er die Treppe hinunter und durch das Gebäude; von der Frau, die er gerettet hatte, war weit und breit nichts mehr zu sehen. Hoffentlich war sie in einen Schrank oder etwas Ähnliches gekrochen.
    Er trat auf die Straße hinaus, und Tarzi war erleichtert, ihn zu sehen.
    »Ich dachte schon, du hättest mich einfach zurückgelassen«, murmelte sie mit einem Anflug von Tränen in den Augen.
    »Ich habe vorgeschlagen, dass du drin bleibst«, erwiderte er leicht ungehalten, aber dann nahm er sie in den Arm und zog sie dicht an sich.
    Mehrere Rachen flogen über ihre Köpfe und zielten auf eine benachbarte Straße. Die beiden hörten jemanden Befehle rufen. Als sie sich auf das Geräusch zubewegten, trafen sie auf einen Trupp von Soldaten, der von einem Fadenwirker geführt wurde. Der Fadenwirker entlockte einer Fackel Funken, um ihre Pfeile zu entzünden. Einer der Rachen stürzte brennend zu Boden und krachte in ein Haus, während die anderen davonflogen.
    »Bleibt in euren Häusern, Bürger«, rief irgendwo eine laute Stimme. »Verschließt eure Türen und verriegelt die Fenster.«
    Es schien, dass Brastons Soldaten sich nach der anfänglichen Überraschung endlich organisiert hatten.
    Rostigan ließ seine Gedanken zurück zu seinen Krähen wandern und blickte aus der Vogelperspektive auf die Stadt. In den Straßen waren immer weniger gemeine Leute zu sehen, unterschiedlich große Trupps von Soldaten streiften umher. Weitere marschierten noch immer aus dem Lager durch das Nordtor in die Stadt und verteilten sich dort schnell. Feuer sprenkelten die Stadt, so wie das auf dem Dach, wo der brennende Rachen gerade niedergegangen war, und einige von ihnen wurden größer. Weiße Gestalten zischten vorbei oder stürzten ab, nachdem die Krähen von ihnen abgelassen hatten. Auch Krähen stürzten ab in einem Regen aus schwarzen Federn. Er ließ das Bild in seinem Geist los und benutzte wieder seine eigenen Augen. Um ihn herum rieselten Federn zu Boden. Mehr Federn als tote Krähen zumindest.
    »Krähen!«, hörte er jemanden brüllen. »Welcher Fluch hat uns jetzt befallen?«
    »Das muss Karraks Werk sein!«, antwortete ein anderer. »Er hat zuerst Seidenrachen geschickt und jetzt seine Krähen.«
    Tarzi umfasste Rostigan fester. »Denkst du, das ist wahr?«
    Rostigan runzelte die Stirn. »Nein«, antwortete er. »Niemand außer Regret konnte Seidenrachen befehligen. Und sieh mal – die Krähen sind nicht hinter den Menschen her.«
    Er zeigte auf einen Seidenrachen, dem Krähen zusetzten.
    »Sie kämpfen gegen die Seidenrachen?«, sagte Tarzi staunend.
    »Vielleicht verteidigen sie einfach ihr Revier?«, schlug Rostigan vor. Herr der Lügen hatte man ihn genannt.
    Ein Fadenwirker griff nach dem sich ausbreitenden Feuer auf dem nahen Dach, und mit einer Drehung des Handgelenks riss er die Flammen auseinander, bis davon nur noch ein paar gekräuselte Fäden blieben. Es würde andere geben, die ähnlich arbeiteten, und Althala würde nicht brennen.
    Am Himmel schienen die Seidenrachen in große Höhe zu steigen, und weitere schwangen sich aus der Stadt auf und gesellten sich dem Schwarm zu.
    »Sie ziehen ab!«, rief jemand.
    Es war wahr. Da Feuer und Schwert auf sie warteten, da keine großen Gruppen ungeschützter Städter mehr übrig waren, auf die sie sich stürzen konnten, und obendrein die Krähen angriffen, schien der blutrünstige und vielleicht aus der guten Gelegenheit geborene Angriff vorüber zu sein. Überall in der Stadt begleiteten Rufe des Trotzes und Jubels die davonfliegenden Seidenrachen. Aber der Angriff hatte viele Opfer gekostet, und Rostigan wusste, dass der Stadt kein froher Tag bevorstand.
    Labt euch, solange ihr könnt, sagte er seinen Krähen.

WIEDERVEREINIGUNG
    Es war jetzt kühler, nachdem der Einbruch der Nacht die Roshausgipfel ihrer Hitze beraubt hatte. Auf dem Plateau

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