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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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in die Luft gejagt? Wirfst die Granate in einen Tümpel! Ich verstehe dich nicht.«
    »Bitte schön. Ich habe dir gerne das Leben gerettet«, erwiderte Nico spitz. Im dämmrigen Licht einer natürlichen Höhle saß er auf einem Felsen. Sein Kopf dröhnte. Er fühlte sich ausgelaugt.
    Ihm war übel; er hatte sich schon zweimal übergeben. Die Verfolger irrten vermutlich noch irgendwo in den Sümpfen herum. Ab und zu hallten Schüsse den bewaldeten Berghang empor, wohin sich die Überlebenden gerettet hatten.
    »Danke«, sagte Bruno in etwas gemäßigterem Ton. »Aber ich bin nicht mehr wert als jeder meiner Kameraden. Zwölf Frauen und siebzehn Männer von uns sind gefallen, Nico.«
    »Gibst du dafür etwa mir die Schuld? Wenn du mich fragst, dann war diese Aktion von Anfang ein Witz. Wer zum Schwert greift, kommt dadurch um.«
    »Jetzt fang nicht an, die Bibel zu zitieren! Das kann ich im Augenblick wirklich nicht gebrauchen.«
    »Ich wiederhole nur, was ein Freund gesagt hat, der klüger als wir beide ist. Er hätte sich vermutlich nicht von dir breitschlagen lassen, dir bei diesem irren Plan zu helfen.«
    »Du redest von dem geheimnisvollen Mönch?«
    »Was spielt das jetzt noch für eine Rolle. Ich will nur nach Hause und mich ausschlafen.«
    »Um dich von den Patrouillen in Nettunia schnappen zu lassen?«
    »Ich werde eine Weile im Torre Astura unterkriechen.«
    Brunos Stirn krauste sich. »He, das ist mein Versteck!«
    »Stört’s dich?«
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    »Lass dich nur nicht erwischen. Die Apostolische Kammer
    schickt da ab und zu jemanden vorbei.«
    »Keine Sorge. Ich pass auf. Wo werdet ihr hingehen?«
    »Wir ziehen uns wieder mal in die Lepini-Berge zurück. Hör zu, Nico, wenn wir das nächste Mal …«
    »Es gibt kein nächstes Mal, Bruno. Jedenfalls nicht für mich.«
    »Sei doch nicht so stur, amico mio ! Du hast ihre sämtlichen Motoren – wie nanntest du das? – zum Streik überredet: Sie sind einfach alle stehen geblieben …«
    »Womit ich an den Rand meiner Kräfte gegangen bin, Bruno.
    Ich bin halb tot. Bist du erst zufrieden, wenn ich das nächste Mal ganz zusammenbreche?«
    »Meinetwegen ruh dich ein paar Tage aus. Bis dahin habe ich einen neuen Plan. Deine Gaben sind zu kostbar, Nico, um sie im Kampf gegen einen einzelnen Mann zu vergeuden. Wir könnten sämtliche Kanonen der Deutschen in den Castelli lahm legen, ihren Funkverkehr stören, ihre Panzergeschütze nach hinten losgehen lassen …«
    »Lass es«, unterbrach Nico müde den Freund. »Wir sind jetzt quitt. Ich hatte gehofft, dass wir Manzini kriegen, damit er für seine Untaten büßt, aber es hat nicht sollen sein. Vielleicht ist er ein zu starker Gegner für mich. Oder ich muss ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen.«
    »Etwa mit einem Stilett?«
    »Nein, mit List.«
    Bruno breitete die Arme aus. »Also gut. Dann machen wir ’s eben mit Tücke. Ist mir auch recht. Ich bin für jeden deiner Vorschläge dankbar. Wir …«
    »Nicht wir «, fiel Nico ihm abermals ins Wort. »Ich werde die Sache allein zu Ende bringen.«
    Der Partisan schüttelte langsam den Kopf. »Tu mir das nicht an, amico mio .«
    Nico hielt dem waidwunden Blick seines Gegenübers mit
    versteinerter Miene stand. »Nicht ich habe dir und deinen Kameraden heute Schmerzen zugefügt, mein Freund. Es waren
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    die Scharfschützen der SS. Euer fanatischer Idealismus. Deine Selbstüberschätzung. Unerfahrenheit. Aber gib bitte nicht mir die Schuld, wenn du deine Freunde opferst und morgen ganz alleine vor einem Erschießungskommando stehst.«
    Erneut fuchtelte Bruno mit den Armen in der Luft herum und brüllte: »Ja, sollen wir uns alle zu Hitlers Sklaven machen lassen?
    Wir müssen gegen die Eindringlinge kämpfen. Wenn wir ’s nicht machen, dann tut’s keiner. Willst du wirklich unseren Untergang?
    Wirst du noch in den Spiegel sehen können, wenn …«
    »Versuche nicht, mir ein schlechtes Gewissen einzureden,
    Bruno.« Nico erhob sich ächzend von dem Stein. »Hitler ist für mich eine Verkörperung des Bösen. Wirf einen Blick zurück in die Geschichte. Solche Menschen sind zum Scheitern verurteilt. Wie lange hat Kaiser Nero, der ›große‹ Bürger unserer Stadt, regiert?
    Du bist der Fremdenführer.«
    »Immerhin vierzehn Jahre!«
    »Sollte dem deutschen Führer das gleiche Kunststück gelingen – was ich angesichts der Meldungen aus London bezweifle –, dann ist er in drei Jahren Geschichte.«
    »Aber nur, wenn jemand gegen ihn aufsteht und ihn zum Teufel

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