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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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haben, Signore. Ohne die Wiederho-lung der Röntgenuntersuchung würde dieser Vendetta vermutlich immer noch unter Quarantäne stehen.«
    »Valletta.«
    »Wie bitte?«
    »Der Name meines persönlichen Leibwächters lautete Guido
    Valletta.«
    »Was spielt das für eine Rolle?«
    »Eigentlich keine. Ich habe ihn inzwischen austauschen lassen. Ich kann keine Versager unter meinen Leuten dulden. Etwas erstaunt hat mich allerdings, dass die Resistenza offensichtlich sogar Ihre regulären Truppen unterwandert hat, Herr Generalmajor.«
    »Die Wehrmacht und die Waffen-SS sind zwei paar Schuhe, Signor Manzini. Ich kann Ihnen versichern, dass meine Leute absolut vertrauenswürdig sind. Deswegen hat Himmler uns ja eigens für diesen Spezialeinsatz hierher beordert.«
    »Sie werden es nicht bereuen. Heute versetzen wir der Re-
    sistenza in dieser Gegend einen Schlag, von dem sie sich nie mehr …«
    Hansen hob die Hand. »Still!«
    Manzini blickte sich um. Die Wagenkolonne rollte auf eine Engstelle zwischen dichtem Bewuchs aus Büschen und Bäumen 415
    zu. Aus der Luft musste das Terrain wie ein räudiges Fell aussehen, in dem die grünen Vegetationsflecken mit lichten Stellen aus Sumpfgras und großen Wasserlachen übersät waren. Er konnte keine verdächtigen Geräusche wahrnehmen.
    »Das gefällt mir nicht«, murmelte der Brigadeführer.
    Mit einem Mal blieb der gepanzerte Spähwagen an der Spitze der Kolonne stehen. Nur knapp dahinter brachte der Fahrer in dem darauf folgenden Lkw sein tonnenschweres Vehikel zum Stehen.
    Grobstollige Reifen gruben sich tief in den morastigen Grund. Die Männer auf der Ladefläche protestierten ob des ruckhaften Brems-manövers. Nacheinander hielten auch die übrigen Fahrzeuge.
    »Jeder hält sich an den Einsatzplan!«, befahl Hansen und sah sich nach allen Seiten um.
    Manzini tötete eine weitere Mücke, die seine Wange angezapft hatte.
    Als hätte er damit ein geheimes Kommando gegeben, gingen
    in der Kolonne auf einen Schlag sämtliche Motoren aus.
    »Was soll das?«, raunte der Kommandant seinem Chauffeur
    zu.
    Der breitete nur die Arme aus. »Ich habe nichts gemacht, Herr Generalmajor.«
    Auch in den anderen Windschutzscheiben waren ratlose Mie-
    nen zu sehen. Unter den Männern auf den Ladeflächen entstand Unruhe. Plötzlich bewegten sich die Büsche. Gewehre schoben sich heraus, dann die Männer und Frauen, die sie hielten. Im Nu hatten die Partisanen den Fahrzeugkonvoi umstellt.
    Die meisten Widerstandskämpfer waren nicht älter als dreißig, viele sogar noch Halbwüchsige. Sie trugen zerlumpte, schmutzige Kleidung, aber in ihren Augen funkelte eine wilde Entschlossenheit. Der Kommandant konnte sich wohl zu einem Feuerbefehl nicht recht durchringen, weil ein Karabiner direkt auf seinen Kopf zielte. Neben dem Schützen raschelten die Zweige. Ein vielleicht Fünfundzwanzigjähriger mit gedrungener Statur erschien.
    Er trug eine Schiebermütze, die er zum Gruß kurz lüpfte.
    »Herzlich willkommen im idyllischen Circeo, General. Wenn 416
    Sie möchten, dass Sie, das fette Schwein auf Ihrem Rücksitz und Ihre Männer sich noch eine Weile der Lieblichkeiten dieses fünfundachtzig Hektar großen Nationalparks mit seiner reichen Flora und Fauna erfreuen können, dann befehlen Sie allen, die Waffen niederzulegen. Danach nehmen Sie bitte schön die Hände hoch«, deklamierte der Mützenträger mit einer fast überborden-den Freundlichkeit, in der allerdings eine Kühle mitschwang, die nicht unbedingt zu Widerspruch animierte.
    »Der Mann ist Fremdenführer. Er heißt Bruno Sacchi«, flüsterte Manzini vom Rücksitz des Kübelwagens und reckte seine goldberingten Finger in die Höhe.
    »Man hört es«, brummte Hansen.
    Wieder raschelte das Gebüsch, und ein weiterer junger Mann erschien. Seine Kleidung war von Kopf bis Fuß schwarz.
    Manzini deutete mit einem seiner Wurstfinger hektisch auf den Neuankömmling. »Und das ist der Störenfried, der mir keine Ruhe mehr lässt, der Einbrecher von vorgestern, Nico dei Rossi, der Sohn des Uhrmachers.«
    »Womit meine Vermutung bestätigt wäre«, brummte Hansen.
    »Genug der Vorstellungen«, sagte der Partisanenführer – jetzt schon hörbar ernster – und präzisierte seinen vorangegangenen Befehl. »Ich sage es nur noch einmal, General: Befehlen Sie Ihren Männern, die Waffen niederzulegen und die Hände zu heben. Das gilt vor allem für die Infanterie in den Mannschaftswagen. Sie sollen alle mit erhobenen Armen herauskommen. In der Deckung

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