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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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– Du hast was?«
    »Gelesen. Alles. Gestern nacht. Ich konnte irgendwie nicht einschlafen. Da bin ich noch mal raus.«
    »Raus auf die Terrasse?«
    Er nickte und sagte: »Rocca, Legrand, Arjun …« Er wiederholte die Namen fast feierlich. »Wieso nennst du dein Buch nicht ›Das Dreigestirn des Todes‹?«
    »Weil das ziemlich kitschig klänge.«
    »Finde ich nicht. Daß nicht Hunderte daran glauben mußten, war ja wohl das einzige Wunder. Aber immerhin: Hilper. Und in Schönberg Marc Berg, die beiden Killer, die von der Polizei erledigt wurden, und drei harmlose GW-Leute, die unter den Trümmern umkamen. Dazu jede Menge Verletzte. Und dann in diesem sonderbaren Berg in Italien nochmals drei. Darunter sogar Legrand und Rocca, ein wildgewordener Militarist, Vietnam-Veteran, der in seiner Polizeikarriere dann auch noch die Pensionskasse beklaute. Die typische Söldnerseele. So was läuft auch heute noch zu Hunderten herum … Und Legrand? Ein Geschäftsmann, der sich in seinem psychopathischen Größenwahn für Gott hielt. Auch das mag's geben … Aber Arjun – Arjun beschäftigt mich.«
    Er stand auf, ging zu dem Wasserhahn am Ende der Terrasse und wusch sich die Hände. Er kam nicht gleich zurück. Er steckte die nassen Hände in die Taschen und blickte übers Meer.
    »Und was ist mit Arjun?« sagte Do.
    »Ja, Arjun … Weißt du, daß vieles, was er schrieb, auch für mich bestechend klingt. Die Liebe als kosmische Energie, als Antrieb der Evolution im ewigen Kampf zwischen Gut und Böse. Gut, das klingt nach Buddhismus. Auch beim Christentum und Islam hat Arjun seine Anleihen gemacht. Kein Wunder also, daß sich der Erfolg einstellte. Vor allem bei Legrand, den Arjun damals in seinem Berg-Camp in Utah indoktrinierte. Aber trotzdem … Diese Macht über Menschen! Und was ist mit all den Dingen, die Arjun angeblich voraussah oder erkannt hat? Fragen über Fragen. Und es gibt noch eine letzte, die größte …«
    »Welche?«
    »Hier. Das Fax. Von Tommi geschrieben … Aber soweit warst du wohl noch nicht. Sie haben Arjun tot aufgefunden. In einem Wald. Erschossen … Ob es nun Anhänger waren oder Selbstmord – man weiß es nicht.«
    Sie schwiegen lange. Do räumte die Papiere vom Tisch in einen Strohkorb.
    »Laß uns ein bißchen gehen.«
    Sie gingen zwei Stunden, immer am Strand entlang, dann hoch in die Felsen zu den Pinien und wieder zurück. Irgendwann sagte Jan: »Aber auch Arjun, der immer nur Sanftmut und Liebe predigte, kam ohne Tod nicht aus. Im Jahr 2006 sollten ja schließlich alle krepieren. Mit Ausnahme der Herrschaften von der GW natürlich.«
    »Es ist die alte Opferidee, Jan: Ohne Tod kein Gott. Auch in unseren Kirchen. Man muß opfern. Abraham, Hiob, sie sollten die Söhne hergeben. Gott selbst gab Jesus, den eigenen Sohn. Tod und Erlösung …«
    Er gab keine Antwort. Sie blickten lange über all diese weißen, sich ewig erneuernden Streifen von Gischt, die das Meer aus seiner Tiefe an die Küste sandte. Und dann gingen sie zurück …
    Kati erwartete sie bereits auf der Terrasse, den Oberkörper über die Brüstung gelehnt, und schrie: »Endlich!« Es war nicht die Kati, die Do erwartet hatte. Sie hatte nicht einmal die Augenlider nachgezogen, nichts im Haar als ein grünes Band. Dazu trug sie Shorts, Männerhemd und Sandalen … Aber es war eine Kati, die Do hübscher schien, als sie sie jemals gesehen hatte …
    »Mein Gott«, sagte Jan, »es sind noch zweieinhalb Stunden, bis er landet. Was sollen wir da jetzt schon auf dem Flugplatz?«
    »Weiß ich auch nicht, Jan. Es klingt auch total logisch, was du sagst, aber ich bin nun mal bescheuert. Komm, laß uns fahren!«
    Und so fuhren sie und erlebten schließlich nach endlosem Warten, wie ihre Tochter auf diesen langen schlaksigen, etwas linkischen Mann losstürmte, der da von der Gepäckausgabe kam, ihm am Hals hing, auf seine Schultern hämmerte, während er sich vor diesem Anprall am Gepäckkarren festhalten mußte.
    Do sah Jan an. »Na? Wird das was?«
    »Weiß ich doch nicht.« Er strich ihr über das Haar. »Hauptsache, aus uns wird was …« Aber dann sah er wieder zu seiner Tochter hinüber, und sein Lächeln wurde nachdenklich, beinahe feierlich …

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