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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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wieder auf die Straße.
    Die schöne Stadt Ruen mit ihren vielen Türmen fesselte Garth nicht weniger als ein Jahr zuvor. Sie war noch ebenso beeindruckend lebendig, wie er sie in Erinnerung hatte, und als sie sich auf den überfüllten Straßen zu ihrem Gasthof durchkämpften und die Glocken der Stadt ihnen in den Ohren dröhnten, strahlte er über das ganze Gesicht.
    Vielleicht würde bald schon Maximilian an Cavors Stelle hier König sein.
    »Erinnerst du dich noch an die Maid mit den blanken Augen, Garth?« Joseph zwinkerte ihm zu, und Garth lächelte.
    »Auf jeden Fall habe ich ihr keine Veranlassung gegeben, sich an mich zu erinnern.«
    Joseph sah den verwegenen Ausdruck im Gesicht seines Sohnes und mußte lachen. In diesem Jahr hätte die Maid vielleicht mehr Grund, den Sohn des Heilers im Gedächtnis zu bewahren.
    Sie bezogen ihre Zimmer und gönnten sich eine kräftige Mahlzeit. Anschließend unternahmen sie einen Bummel durch die abendliche Stadt, erfreuten sich an den Späßen der Gaukler und lauschten mehr als eine Stunde lang einem ungewöhnlich begabten fahrenden Sänger.
    Als die herrliche Stimme endlich verstummte, wischte sich Joseph eine Träne aus dem Auge und wandte sich ab. »Seit vielen Jahren habe ich keinen Spielmann mehr so wunderschön singen hören.«
    Langsam schlenderten sie durch die Straßen zu ihrer Herberge zurück.
    »Vermißt du das Leben in Ruen nicht sehr, Vater?«
    Joseph überlegte lange. »Manche Dinge schon, gewiß, aber deine Mutter lebt nun einmal lieber in Narbon.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    »Erzählst du mir von Maximilian?« bat Garth nach einer Weile leise, ohne den Blick von der Straße zu heben.
    Joseph sah ihn an. »Ich warte schon lange darauf, daß du mich nach ihm fragst. Nein, schon gut. Aber seit du vergangenes Jahr in Ruen warst, geht dir der Prinz nicht mehr aus dem Sinn. Du hast nie von ihm gesprochen, aber als Vater spürt man so etwas.«
    Er schwieg und ließ die Erinnerungen kommen.
    »Maximilian? Ein aufgeweckter Junge, voller Lebensfreude, immer ein Lachen auf den Lippen. Auch Mut hatte er – und das wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Wie konnte er nur seinem Pferd die Sporen geben und einfach davonreiten! Ich spielte stundenlang Reifenball mit ihm – ja, dein alter Vater kann Reifenball spielen! –, aber oft redeten wir auch nur miteinander.«
    Seine Stimme schwankte, und er räusperte sich. »Verzeih. Ich gestatte mir nur selten, an ihn zu denken. Ein so sinnloser Tod…« Er drehte den Kopf zur Seite.
    Garth kämpfte mit sich. »Vater, ich wollte dir schon lange etwas erzählen…«
    »Baxtor, alter Schurke!« Dröhnendes Lachen schallte über die Straße, und ein Mann kam unter dem vorstehenden Dach einer Kneipe hervor auf die beiden zugeeilt. »Euch habe ich ja seit Jahren nicht gesehen!«
    Die Gelegenheit war vorüber. Garth verstummte und sah zu, wie sein Vater und dessen alter Freund sich umarmten.
    Auch der Königspalast mit seinen roten Mauern war noch so prächtig und gewaltig, wie Garth ihn in Erinnerung hatte.
    Wieder wandelten sie durch den gepflegten Park, bevor sie das große Gebäude betraten.
    Doch diesmal führte der Diener sie nicht in den Thronsaal, sondern bog in einen Seitenkorridor ein.
    »Cavors Privatgemächer«, murmelte Joseph. »Wenn er das Bett hütet, muß er kränker sein, als ich dachte.«

    Doch als sie eintraten, stand Cavor am Fenster und schaute hinaus. Vater und Sohn fielen auf die Knie und senkten die Köpfe.
    »Joseph, ich kann Euch nicht sagen, wie sehr ich mich freue, Euch wiederzusehen!« Cavors Stimme klang munter und voller Energie.
    »Sire, ich hoffe, der Arm macht Euch keine allzu großen Beschwerden.« Joseph hob den Kopf. Garth folgte seinem Beispiel und sah dem König ins Antlitz.
    Es wirkte so frisch und gesund wie seine Stimme. Ein breites Lächeln erhellte die Züge. »Und Ihr habt Euren Sohn mitgebracht – Garth, nicht wahr? Herzlich willkommen.
    Kommt, setzt Euch zu mir ans Fenster!«
    Joseph streifte seinen Sohn mit einem kurzen Blick.
    Sie sollten sich zum König setzen? In Gegenwart seiner Majestät sitzen zu dürfen, war eine seltene Ehre. Aber Cavor deutete auf einen Tisch, der so vor dem offenen Fenster stand, daß der leichte Wind darüberhinweg strich. Der Frühling war in diesem Jahr sehr warm. Die Düfte aus den Gärten und die Gerüche von den Straßenmärkten jenseits der Palastmauern stiegen Garth in die Nase. Die Mischung war überraschend angenehm, ja geradezu

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