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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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berauschend.
    Vater und Sohn nahmen Platz, und auch Cavor ließ sich in einen Sessel sinken. Aus der Nähe und bei Tageslicht entdeckte Garth feine Fältchen in den königlichen Augenwinkeln. Zu beiden Seiten der Nase zogen sich tiefe Furchen bis zum Mund hinab.
    Und in den Augen selbst lauerten dunkle Schatten, als hätte der König in letzter Zeit nur wenig Schlaf gefunden.
    »Wie geht es Euch, Sire?« fragte Joseph vorsichtig. Garth ahnte, daß sein Vater die gleichen Beobachtungen gemacht hatte wie er selbst.

    »Nicht schlecht, Joseph. Dennoch bin ich sehr froh, Euch bei mir zu sehen.«
    »Und wie geht es dem Arm, Sire?« murmelte Joseph.
    »Ach ja.« Cavor schnippte fast verächtlich mit den Fingern, doch dann ließ er die Hand sinken, und sein Gesicht verdüsterte sich. »Joseph, ich liege seit Wochen jede Nacht wach und warte auf Euren Besuch. Fast hätte ich schon vor einem Mond nach Euch gesandt, aber…« Seine Stimme wurde leiser, dann flüsterte er nur noch: »Aber das wäre einer Kapitulation gleichgekommen.«
    Joseph erhob sich besorgt. »Sire, laßt mich den Arm sehen.«
    Cavor gab es auf, seine Schmerzen verbergen zu wollen.
    Gehorsam schlüpfte er aus seiner Jacke. Sie war so weit geschnitten, daß sie den Verband um den königlichen Arm verbarg. Dieser Verband war dicker als im Vorjahr, er wies feuchte, gelbliche Flecken auf und verbreitete einen abscheulichen Geruch.
    Nun verstand Garth, warum der König am Fenster gesessen hatte. Die Düfte aus den Parks und von den Märkten überdeckten den Verwesungsgestank, der von ihm selbst ausging.
    »Sire!« murmelte Joseph erschrocken. »Ihr hättet früher nach mir schicken sollen!« Mit flinken Fingern wickelte er die Binden ab, dann schnippte er mit den Fingern. »Die Schere, Garth. Mach schnell, Junge!«
    Garth stand bereits neben ihm und hielt Schere und Pinzette bereit. Joseph hob vorsichtig die letzten Mullschichten ab, und die beiden betrachteten mit Entsetzen, was darunter zum Vorschein kam.
    Cavor hatte den Kopf zur anderen Seite gedreht, um ihre Gesichter nicht sehen zu müssen.
    Garth holte tief Luft. Er mußte sich eisern beherrschen, um nicht zurückzuweichen.

    Cavors Oberarm war über und über mit großen nässenden Blasen bedeckt. Dazwischen schaute das rohe Fleisch hervor, und die Haut hing in dünnen schwarzen Fetzen herab, als hätte man sie weggebrannt.
    Ravenna hatte recht, dachte Garth benommen. Die Tinte verbindet die beiden Male und die beiden Männer. Langsam hob er den Kopf und betrachtete Cavors abgewandtes Gesicht.
    War es nur die Tinte, die sein Mal zum Eitern brachte und es Maximilians Zeichen ähnlich machte? Wie tief ging die Verstrickung durch Schuld und Verrat? Zum ersten Mal überlegte Garth, inwieweit Cavor bei Maximilians Entführung und seinem weiteren Schicksal die Hand im Spiel haben mochte. Auf jeden Fall hatte ihm das Verschwinden des Prinzen nur Vorteile gebracht.
    »Sire?« flüsterte Joseph. »Was hat Euch dieser Stümper Oberon Fisk denn diesmal angetan? Er hat doch nicht etwa versucht, die Entzündung… auszubrennen?«
    Cavor schüttelte müde den Kopf. »Nein, Joseph. Über dem Mal hatte sich ein Abszeß gebildet, der ist schon vor Wochen aufgebrochen, und seither sehen Arm und Schulter so aus.«
    »Wie könnt Ihr nur mit diesen Schmerzen leben?« Joseph hatte aus seiner Arzttasche ein Tuch geholt und es mit einem keimtötenden Kräuterabsud getränkt. Damit wischte er nun behutsam über den Arm des Königs. Garth reichte seinem Vater rasch eine frische Kompresse und verstaute die eitergetränkte in einem abgeschlossenen Seitenfach der Tasche.
    Cavor seufzte. »Man gewöhnt sich daran, Joseph.« Er lächelte spöttisch, um sein Leiden nicht zu dramatisieren. »Das Königtum ist immer mit Schmerzen verbunden.« Er hielt inne.
    »Ich wünschte bei allen Göttern, Maximilian wäre herangewachsen und hätte die Bürde auf sich genommen.

    Dann hätte ich meine Güter verwalten und das beschauliche Leben eines Landadligen führen können.«
    Bei den letzten Worten sah Garth den König abermals scharf an. Cavors Stimme hatte heiser geklungen, gepreßt.
    Unaufrichtig.
    Nachdem Joseph die Wunde gereinigt hatte, soweit es ging, legte er seine Hände um den Arm des Königs. Garth beobachtete, wie sich die Züge seines Vaters angewidert verzerrten, als der Pesthauch der eitrigen Wunde durch seine Hände in seinen Körper einströmte. Ein Schauer überlief ihn.
    Gleich würde Joseph auch ihn auffordern, Cavor mit

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