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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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sagte mir der Stich, den seine Worte in mein Herz pflanzten.
    Ich sah in das überirdische Grün seiner Kontaktlinsen, registrierte ein Funkeln dahinter, aber auch den Hauch eines Schattens, was sich irgendwie widersprach.
    Was nun? Spielte er mit mir? Führte er mich vor? Oder meinte er am Ende, was er... da...
    »Jack?«
    »Luca...?«
    »Jack, du... ich...«
    »Ja...?«
    Ich wusste nicht weiter.
    »Verschwinde bitte...«, sagte ich irgendwann, mehr hilflos als fest. »Ich brauche diese zwei Tage, auch wenn du das nicht verstehen kannst«
    »Dein letztes Wort?«
    Ich nickte nur.
    »Und wenn ich dir meine Argumente nenne, bevor ich verschwinde - kannst du damit leben?«
    »Nein Jack, eigentlich nicht...«
    »Du bist nie schlecht mit meinem Rat gefahren, Luca...«
    »Darum geht es nicht!«
    » Natürlich geht es darum! Wichtige Entscheidungen hat du nie ohne meinen Rat gefasst!«
    »Dann ist es wohl mal an der Zeit, dass ich damit anfange!« So langsam kehrte meine Rebellion zurück, und ich sah ihm an, dass er bereit war, es nun dabei zu belassen.
    Ein trauriges Lächeln, dann stand er auf, griff nach der Brotkugel, warf sie in die Luft, um sie lässig wieder aufzufangen. Schließlich verließ er die Küche. Ganz ohne ein Wort, ohne Abschied, ganz ohne Szene. Er ging einfach, die Kugel werfend, zur Schwingtür hinaus und verließ das D’Agosta so plötzlich, wie er es betreten hatte.
    Was blieb, war ein eigenartig leeres Gefühl. Denn bevor er mich allein am Tisch zurückgelassen hatte, gab es da noch diesen einen Blick.
    Traurigkeit konnte ich darin lesen, aber auch etwas Weiches, Verletztes, was ich so niemals von Jack erwartet hätte. Und vor allem das: Ein wenig Liebe...
    ·
    Na klasse, nun hatte ich ein schlechtes Gewissen.
    Da half es auch nicht weiter, dass ich mir immer und immer wieder versicherte, mich absolut richtig, fair und korrekt entschieden zu haben. Aber statt mir Gedanken über meine Zukunft zu machen, gewann plötzlich die Sorge um Jack Oberhand. Was, wenn ich ihn nun zutiefst verletzt hatte? Was, wenn es stimmte, was er sagte?
    Das ich dermaßen wichtig für ihn sein könnte, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Gut, er war tatsächlich immer für mich dagewesen, wenn ich ihn gebraucht hatte. Auf ihn war jederzeit Verlass. Nicht selten hatte er mir den Arsch gerettet. Das wusste ich. Was nun? Ich hatte ihn einfach so fallen lassen, ihm noch nicht mal das bisschen Zeit zugestanden, das er gebraucht hätte, mir seinen Standpunkt klar zu machen. Dafür war er immerhin über 450 Kilometer gefahren. Wahnsinn, nur meinetwegen...
    Und was tat ich? Ich setzte ihn nach einem halben Steak an die Luft. Einfach so, Zack - fertig! Nach zermürbenden zehn weiteren Minuten der Selbstzerfleischung erreichte ich ihn mobil.
    »Na endlich!« , meldete er sich ohne Vorgeplänkel, mit leichtem Vorwurf in der Stimme. » Ich bin im 'Ancora' abgestiegen. Das wirst du ja wohl kennen. Melde dich, wenn du soweit bist...«
    »Jack, ich...«
    Da hatte er schon aufgelegt.
    Ich konnte es nicht fassen.
    Er hatte mich mal wieder vorgeführt. Aber so richtig!
    ·
    Ich war acht, da hatte mein Vater mich zur Seite genommen. Er war in die Knie gegangen, hatte dabei seinen Arm um meine Schulter gelegt und seine Worte waren: »Luca, mein Sohn. Wenn alles gut geht und du uns weiter soviel Freude bereitest, dann wird all dies einmal dir gehören...« Er hatte gelächelt, mit Augen und Mund, dabei seine Hand einen weiten Bogen durch die Luft zeichnen lassen, und ich, ich hatte beeindruckt festgestellt, dass der gesamte Umriss vom D’Agosta in diese eine Bewegung passte. Seine Worte gefielen mir ebenso, wie die damit verbundene Vorstellung.
    Ein heißer Sommertag war das gewesen, der obligatorische Kirchgang lag hinter uns. Das befreiende Gefühl, sieben Tage zwischen das nächste Mal gebracht zu haben, war noch ganz frisch.
    An eben dieser Stelle stand ich nun, den Blick auf das Restaurant gerichtet, ganz versunken in diese Erinnerung. Meine Hand holte spielerisch den Bogen meines Vaters zurück, fuhr einen schwungvollen Kreis, und nicht nur das D’Agosta - die halbe Häuserzeile hatte darin Platz gefunden. Ich musste lächeln. Das war mir damals nicht so klar gewesen. Es war eine schöne Erinnerung, der ich mich da hingab. Ein Heile-Welt-Moment meiner Kindheit.
    Ich stieß mich von der Wand ab. Ein Caffè im 'Central' lag hinter mir.
    Kein ganz einfaches Vorhaben. Ich hatte wissen wollen, wie man auf mich reagiert. Früher war das

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