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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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einem Zwieback-Berg, der obligatorischen Schüssel, sowie mit wohldosierten Streicheleinheiten. Unendlich dankbar war ich aber vor allem dafür, dass er mir den Rücken freihielt. Besuchswünsche meiner Sippe hatten keine Chance auf Umsetzung.
    »Tomaso ist wirklich ein schwieriger Fall«, berichtete er mit zusammengezogenen Augenbrauen, sein Zeichen für höchste Skepsis. »Der Typ hat ein hormonelles Problem, glaube ich.«
    Lachen tat weh, musste ich feststellen.
    »Kaum zu glauben, dass ihr alle aus einer Familie stammt...«
    Da musste ich ihm Recht geben, nickte zeitlupenhaft, um nur wenige Minuten später in einen tiefen, traumlosen Schlaf zu fallen.
    ·
    Viel, viel später schließlich wurde ich durch die feuchte Zärtlichkeit einer Zunge geweckt, die behutsam aber zielstrebig mein Gesicht und dann meinen Hals hinab wanderte.
    »Renzo, lass das...!«, wehrte ich mich schlapp.
    'Nacktschnecke', nannte er diese Technik. Was eklig klingt, hatte mir in unseren 'guten' Zeiten einen heißen Schauer nach dem anderen beschert.
    Traumschöne Nougat-Augen blitzten mich belustigt an.
    »Ich hab deine Leibwache ausgetrixt.« Er lachte leise. »Na, wie hab ich das gemacht?«
    Wollte der jetzt ein Lob? Ich konnt's nicht fassen.
    »Renzo, es geht mir nicht so gut...«
    »Ich weiß, drum bin ich ja hier...« Seine Hand strich zart über meine Stirn, wanderte über die Wange, hin zu meinem Hals, Richtung Brustkorb...
    »Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt...«
    »Du bist immer noch sauer auf mich, oder?« Ein besorgter Blick durch seine wippenden Haselnuss-Locken zeigte mir, dass er auf ein Zeichen wartete. Eine versöhnliche Geste oder ähnliches...Ich schloss mein Auge, schwieg jedoch. Ich hoffte einfach nur darauf, dass er verstand, mich in Ruhe ließ. Fehlanzeige...
    »Es ist gar nicht so einfach für mich, weißt du...?«, hörte ich ihn leise sagen, während seine Hand wie beiläufig über meinen Brustkorb strich. »...Du meldest dich nicht mehr bei mir, rufst nicht zurück... beantwortest keine meiner Mails...«
    »Renzo, bitte ...«
    »...Mann, es tut mir ja leid, dass ich bei der Hochzeit aus dem Ruder gelaufen bin, aber mal ehrlich - was hab ich schon groß verbockt? Früher hast du's geliebt, wenn ich...«
    Einen Moment verharrte die Hand reglos auf meinem Brustkorb, so als sei sie mit seinen Worten einfach abgestellt worden. Dann verschwand sie plötzlich und einen Augenblick später spürte ich, wie die Decke vorsichtig über meine Schultern gezogen wurde.
    »Ich... es tut mir leid, Luca... es ist nur so... ich... ich vermisse dich halt... sehr... wie du ja weißt...«.
    Endlich öffnete ich mein Auge und sah in die seinen. Ein liebevoller Ausdruck lag in ihnen, einer der mir sagte, dass es an der Zeit war, ihm zu verzeihen.
    Im Grunde hatte er ja tatsächlich nichts getan, was ich nicht auch gewollt hätte, von den Umständen allerdings mal abgesehen.
    Bruder und Bruder in einer verkehrten Welt..
    »Verstehst du?«, fragte er fast bittend.
    Ich nickte und ließ ein Lächeln blicken, eines, welches einen frohen Seufzer zur Folge hatte. »Danke!«, sagte er erleichtert.
    »Renzo...?«, fragte ich nach einem Moment, weil ich mir dachte, dass das eine gute Idee sein könnte. »...was soll ich nur tun?«
    Erstaunlicherweise überlegte er nicht lange. »Fahr nach Fano...«, lautete sein Tipp, und dann, auf meinen verblüfften Blick. »...Bist du erst mal dort, kannst du alles auf dich wirken lassen. Und dann entscheidest du eben...«
    Das ließ ich mir durch den Kopf gehen, den schweren...

22.

    Es war bereits dunkel, als ich den Schlüssel in das alte Schloss führte, um die verwitterte Eichenholz-Türe zum D’Agosta zu öffnen.
    Ein eigenartiges Gefühl, denn nie zuvor hatte ich dies getan. Ich kannte mein früheres Zuhause nur geöffnet. Selbst tagsüber, wenn der Betrieb ruhte, war das so. Auch dann hatte sich die Tür einfach aufdrücken lassen.
    Was einen nach dem Betreten erwartete, war ein Speiseraum, in dem es stets nach feinem Essen und frisch gesäubertem Inventar roch. Eine Mischung aus Röststoffen und Möbelpolitur, so etwa.
    Nie war es anders gewesen. Die über Kopf auf die Tische geschobenen Stühle, Fenster auf kipp, die frisch geputzte Tafel für die Tageskarte - immer war es so gewesen, bis zu diesem Moment.
    Es ist schwer zu beschreiben, welche Empfindungen sich in mir auftaten, mit Betreten dieses Stücks Vergangenheit, aber es war schon beachtlich.
    Vorsichtigen Schritts durchmaß ich den

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