Der Herzberuehrer
mir, die ich bis dahin gar nicht als solche hätte benennen können, war hier oben ein Ende gesetzt worden, und Martini hatte sich in diesen schrägen Wänden zum Lust spendenden Elixier verwandelt. All das in diesem Zimmer...
Shiro...
Die Dachkammer...
Es war schon eigenartig. Denn es war nicht die Familie, die mir hier, auf meinem Streifzug durch die Vergangenheit begegnete, es war Shiro.
Mein Japaner... unsere Spuren...
·
Nach einem gedehnten Strandspaziergang begab ich mich in die Küche, um mir etwas zu Essen zu machen. Ein Steak sollte es werden. Etwas eiskalte Butter obenauf, ein wenig zerstoßener Pfeffer - fertig. Das Fleisch hatte ich aus Genova mitgebracht.
Hinter dem Herd des D’Agosta zu stehen, war vom ersten Augenblick an Selbstverständlich - wenngleich die über allem liegende Stille so etwas wie eine Theateraufführung daraus machte, eine seltsame, publikumlose. Es war unwirklich und alltäglich zugleich.
Das Steak zischte zwar wie es sollte, als es den heißen Boden der Eisenpfanne berührte, das war es dann aber auch schon mit Vertrautem.
Klar, ich konnte mir vormachen, dass gleich die Pendeltür aufgestoßen wurde, Gino, Antonio oder sonst wer hereinkam, um mit Hand anzulegen. War ich aber ehrlich zu mir selbst, dann hatte diese ganze Atmosphäre vor allem etwas endgültiges, abgeschlossenes, eigenartiges... Endzeitstimmung...
»Ciao Luca...!«
Fassungslos wirbelte ich herum, erschrocken und verwirrt zugleich.
»Hast du noch ein zweites...«, wurde ich gefragt, den taxierenden Blick skeptisch auf die Pfanne gerichtet, »...oder müssen wir etwa teilen?«
Mein Gegenüber lächelte breit, strich sich das Haar nach hinten, legte den Kopf schief und genoss die Überraschung, die er bei mir ausgelöst hatte, ganz wie es seine Art war...
·
Es gibt Dinge, die passen grandios zusammen! Auch wenn vordergründig keine Verbindung zu erkennen ist - es passt einfach. Bei Schiffen und Wollmützen funktioniert das zum Beispiel, oder bei Mais und Mexico...
Mit Jack und dem D’Agosta war es genau andersherum. Beides passte nun so überhaupt nicht auf eine Linie, von Fano ganz zu schweigen. Jack musste Fano hassen - das war schon mal klar. Ich kannte niemanden, der das Wort 'Provinz' mit soviel Abscheu aussprechen konnte, wie Jack. Was also tat er hier?
»Na, dir klarmachen, wo du hingehörst!«, lautete denn auch seine Antwort, und ich wusste, was er damit meinte.
»Denkst du nicht, dass ich das selbst herausfinden sollte...?« Es passte mir nicht, von ihm so klein gehalten zu werden.
Wir saßen uns am Küchentisch gegenüber, Wasser in den Gläsern, zwei blutverschmierte Teller vor uns, Brotreste in einem Korb...
Ich konnte nicht sagen, dass es mich freute, Jack vor Ort zu wissen, in meinem D’Agosta. Und das sagte ich ihm auch.
»Was meinst du wohl, warum ich alleine hierhin gefahren bin? Ganz klar, um in Ruhe eine Entscheidung zu treffen. Das muss doch möglich sein, verdammt...«
Jack nickte mir zu, oder auch sich selbst, während er damit begonnen hatte, eine Brotkugel zu formen.
»Ich kann das nicht zulassen, Luca...«
» Bitte, WAS? «
»Ich kann und werde das nicht zulassen!«, wiederholte er etwas lauter, um mir dieses Mal dabei in mein Auge zu blicken. Für einen Moment war ich zu geplättet, um etwas zu erwidern. Ich mochte ihn ja griffig, aber das jetzt? Das ging mir dann doch zu weit.
»Wie kannst du... so etwas sagen...«, fragte ich verletzt. Dies war nicht mein Jack, so kannte ich ihn nicht, wollte ich ihn nicht!
»...Das kann nicht dein Ernst sein, Jack! So kannst du nicht mit mir reden...«
Die Brotkugel rollte über den Tisch, in meine Richtung.
»Ich kann, Luca!«, lautete seine Reaktion lapidar, als sei es das Logischste auf der Welt, es so zu sehen. Doch seine an sonst so vollen Lippen wirkten schmal und blass, als er weitersprach. »Denn weißt du...«, sein Blick bohrte sich in den meinen, »...ich kann nicht akzeptieren dich zu verlieren, Luca. Dazu bist du mir einfach zu wichtig! Also muss dir klar sein: Das kann ich einfach nicht zulassen!«
Sein Egoismus hatte eine neue Stufe erreicht.
Eine die mich berührte, so zart, wie ein Luftzug in den Bergen...
Natürlich handelte es sich um kühl inszenierte Strategie, um eine berechnete Äußerung, die schlicht die Aufgabe erfüllen sollte, möglichst rasch und konsequent das durchzusetzen, was er sich als Ziel gesetzt hatte, keine Frage, aber - es rührte mich schon an. Es hatte mich eiskalt erwischt, das
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