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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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Île de la Cité entfernt.
    Vor ein paar Monaten hätte sie es sich nie vorstellen können, mit einem Ehemann nach Paris zu kommen. Sie hätte sich ein Hotel, das keinen halben Kilometer von Nôtre Dame entfernt lag, nicht träumen lassen. Das hier war großartiger als selbst Lydias wildeste Phantasien – aber nein. Der Gedanke an ihre Freundin war für Minnie zu schmerzhaft.
    Stattdessen konzentrierte sie sich auf alles Alte und Schöne, alles Helle und Neue. Die bunten Markisen, die eleganten Gebäude, der kleine Schwarm Tauben, der zu ihnen kam, während sie aßen, interessiert die Köpfchen schief hielt und die Croissants beäugte, die Robert bei dem Bäcker erstanden hatte.
    Das Gebäck war köstlich, warm und buttrig und flockig, dass Minnie am liebsten nicht mit den Vögeln geteilt hätte.
    Aber während sie die Überreste ihres Frühstücks den gurrenden Tauben hinwarfen – und dabei darauf achteten, dass auch die unerschrockenen braunen Spatzen nicht leer ausgingen – kam ein kleiner Junge auf Krücken herbeigehumpelt. Er hatte eine Bibermütze auf dem Kopf, die jedoch nicht groß genug war, seine Segelohren zu verdecken.
    Er müsste eigentlich zu jung sein für den berechnenden Ausdruck in seinen Augen. Aber das Alter hatte nichts mit damit zu tun, ob man gezwungen war, gerissen zu sein. Er machte einen humpelnden Schritt auf sie zu, stützte sich schwer auf seine Krücke. Das Wanken in seinem Schritt war zu übertrieben, um echt zu sein. Manche Sachen musste man nicht übersetzen.
    Minnies Finger schlossen sich unwillkürlich schützend um das Armband an ihrem Handgelenk.
    Seine Augen blitzten noch einmal berechnend. Wenn er vorgehabt hätte, ihnen die Geldbörsen zu stehlen, während sie den Vögeln Brotkrumen zuwarfen, so schaltete er jetzt blitzschnell auf eine andere Strategie um.
    „Ein paar Centimes, Monsieur“, bettelte der Junge in passablem Englisch. Er nahm seine Mütze ab und hielt sie Robert hin. „Ein paar Centimes für den Krüppel.“
    Wie er sie als Engländer erkannt hatte … Nun, vermutlich war es nicht schwer zu erraten. Schließlich hatten sie sich unterhalten.
    Minnie hätte eher damit gerechnet, dass Robert den Bengel abweisen würde, aber er bückte sich und zog eine Börse hervor. Ohne ein Wort zu sagen, griff er hinein und holte eine Münze heraus. Sie sah Gold glänzen, als er sie dem Jungen zuwarf.
    Die Hand des Jungen schoss vor, er fing die Münze reflexhaft in der Luft auf. Aber ihm blieb der Mund offen stehen, als er sich anschaute, was er da gefangen hatte. Seine Krücke fiel unbeachtet zu Boden. Er starrte weiter auf die Münze.
    Robert ließ Minnies Arm los und machte zwei Schritte nach vorne, bückte sich und hob die Krücke auf.
    „Nächstes Mal“, riet er dem Kind in seinem Französisch mit dem englischen Akzent, „lass deinen Stock nicht fallen. Ein anderer Mann würde am Ende nicht verstehen, dass das nur gespielt war, und daher weniger nachsichtig sein.“
    „Monsieur.“ Der Junge blickte noch einmal auf die Münze in seiner Hand, bevor er Robert die Krücke abnahm und ohne irgendwelche Anzeichen einer Behinderung davoneilte.
    „Du wusstest, dass er nur so getan hat, als humpelte er?“, fragte Minnie.
    Robert zuckte die Achseln. „Es schien mir recht wahrscheinlich.“
    „Und du hast ihm was gegeben? Und wie viel eigentlich?“
    „Ein zwanzig-Franc-Stück. Ich bezweifle, dass er diese Münze je zuvor in seinem Leben gesehen hat.“
    Zwanzig Franc. Das war fast ein Pfund. Für einen Straßenjungen entsprach eine solche Beute monatelangem Betteln.
    „Warum, wenn du doch wusstest, dass er lügt?“
    Er schenkte ihr ein leises Lächeln. „Betrüger brauchen manchmal eine helfende Hand, so wie jeder andere auch. Damit kenne ich mich bestens aus.“ Er blickte in Richtung der Straße, über die der Junge verschwunden war. „Besonders, wenn es so gemacht ist.“
    „Du weißt, wie es ist, für Geld zu lügen?“ Minnie spürte, wie ein Lächeln auf ihre Lippen trat. Sie stand auf, strich die Krumen von ihrem Kleid und kam zu ihm.“
    „Allerdings. Einige meiner frühsten Erinnerungen haben mit Lügen für Geld zu tun.“ Er nahm ihre Hand und steckte sie sich in die Armbeuge, dann gingen sie weiter. Links von ihr trennte ein Eisengeländer den Weg von der Seine. Der Fluss floss sanft dahin. Minnie weigerte sich zu glauben, dass das Wasser je braun und trübe sein könnte.
    „Wirklich?“ Sie schürzte ungläubig die Lippen. „Welches Spielzeug

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